Die Gesundheitsthemen 2023 an der Börse

Alexander Chamier und Kai Brüning, apoAsset
Alexander Chamier und Kai Brüning / Bild: apoAsset
Die Aktien der Gesundheitsbranche haben sich 2022 besser entwickelt als der breite Markt. Erwartete Neuzulassungen bei Medikamenten und eine Belebung der M&A-Aktivitäten bieten 2023 attraktive Chancen am Gesundheitsmarkt. Kleinere Unternehmen der Branche bleiben Innovationsmotor und sind weiterhin interessante Investments. Angesichts der steigenden Rezessionsgefahren gewinnen Gesundheitsaktien aufgrund ihrer weitgehenden Konjunkturunabhängigkeit an Attraktivität.
Wie erwartet hat sich der Gesundheitssektor aufgrund der defensiven Ausrichtung und der geringeren Abhängigkeit vom Konjunkturzyklus in dem insgesamt schwierigen Aktienjahr 2022 besser entwickelt als der breite Markt. Allerdings war die Performance im Gesundheitsmarkt uneinheitlich. Während die Kursentwicklung für Large Cap Pharma/Biotech sowie Gesundheitsversicherer im Allgemeinen ausgesprochen positiv verlief, war es für Unternehmen aus den Bereichen Gesundheitstechnologie, Laborausrüster und Medizintechnikanbieter ein schlechtes Börsenjahr. Ob sich diese Performanceschere wieder ein stückweit schließt, hängt mehr vom konjunkturellen Umfeld ab als von operativen Gegebenheiten des Gesundheitsmarktes.

Neue Hoffnung für Medizintechnik und auf neue Medikamente

Das Segment Medizintechnik hat wegen der Covid-Pandemie und dem wachsenden Personalmangel bereits seit zwei Jahren sehr gelitten. Für 2023 besteht berechtigte Hoffnung, dass eine Erholung von niedriger Basis zu erwarten ist. Bei Pharma-Unternehmen werden einzelne Indikationen entscheidend sein. Es könnte sein, dass die Zulassungsbehörden erneut ein Alzheimerpräparat genehmigen. Ebenfalls eine Rolle wird spielen, wie sich die GLP1-Medikamentenklasse bei der Behandlung von Fettleibigkeit entwickelt.

Mehr Bewegung durch M&A in Technologiesektoren

Das M&A-Fenster sollte im Jahr 2023 wieder aufgehen und den Biotechsektor beflügeln. Es sind einige hochinteressante Projekte in den Pipelines kleinerer Biotechunternehmen, die mithilfe von finanzstarken Partnern zügiger entwickelt werden können. Beleben wird sich auch der Gesundheitstechnologiesektor, allerdings vor allem durch eine stärkere Konsolidierung. Mittlerweile ist absehbar, welche Geschäftsmodelle tatsächlich überlebensfähig sind.

Veränderte Investitionsentscheidungen durch Krankenhausreform

Aufmerksam wird die Umsetzung der Krankenhausreform in Deutschland zu verfolgen sein. Der Trend zu mehr ambulanter und häuslicher Versorgung wird sich über 2023 hinaus auf Hersteller von Produkten und Dienstleistungen auswirken. Dadurch werden sich Investitionsentscheidungen in ihrer Art und Umsetzung verändern.

Konjunkturelles Umfeld weiter schwer belastet

Neben den branchenspezifischen Themen, gesundheitspolitischen Entscheidungen und unternehmerischen Innovationen bleibt das Kapitalmarktumfeld ein wesentlicher Einflussfaktor auf die Gesundheitssektoren an der Börse. Pandemiebedingte Sondereffekte, Lieferkettenverzerrungen, hohes Lohnwachstum und der im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine ausgelöste Energiepreisschock trieben die Inflation 2022 in vielen Industriestaaten so stark wie seit Jahrzehnten nicht. Ein rasanter Zinserhöhungszyklus der verspätet reagierenden Notenbanken ist die Folge. Diese Faktoren werden die globale Konjunktur auch in 2023 belasten. In der Eurozone erscheint eine Rezession wahrscheinlich und auch in den USA hat sich das Rezessionsrisiko massiv erhöht. Die hohe Inflation in den Griff zu bekommen wird wohl mehr als ein Jahr dauern. Der Zinserhöhungszyklus in den USA und in Europa dürfte aber zum Großteil hinter uns liegen.

Gesundheitsaktien resilienter als Gesamtmarkt

Durch die sich abschwächenden Konjunktur erscheinen Investitionen am Gesundheitsmarkt besonders interessant. Die hohe Konjunkturunabhängigkeit und das strukturell stärkere Wachstum im Vergleich zum breiten Markt sind das Alleinstellungsmerkmal des Gesundheitssektors. Die WHO geht von ca. 6 Prozent p.a. Wachstum bis mindestens 2030 aus. So war auch in vergangenen Rezessionsphasen regelmäßig zu beobachten, dass sich Healthcare-Aktien besser geschlagen haben als der breite Aktienmarkt.

Hohe Innovationskraft vor allem in kleinen Gesundheitsunternehmen

Allerdings zeigte sich in den letzten 18 Monaten, dass klein kapitalisierte Gesundheitsunternehmen stärker von dem Zinserhöhungsumfeld belastet wurden als große Unternehmen. Wir denken, insbesondere kleine Gesundheitsunternehmen überzeugen mit einer höheren Innovationskraft. Der Einstiegszeitpunkt könnte aktuell ein guter sein. Auch gab es Subsektoren wie Medizintechnik, die durch die pandemiebedingten Lieferkettenverzerrungen besonders betroffen waren. Wir sehen hier seit einiger Zeit wieder Entspannungen. Insgesamt blicken wir sehr optimistisch auf 2023, auch wenn die Bewertungen in der Breite nicht mehr so günstig sind. Da die Zentralbanken dem Markt Liquidität entziehen, wird es wichtiger werden, die Potenziale der Unternehmen genauer zu bewerten und selektiv zu investieren.
Alexander Chamier, CFA, ist Senior Portfolio Manager und Investmentstratege der Apo Asset Management GmbH (apoAsset). Er managt unter anderem den globalen Gesundheits-Mischfonds apo Medical Balance. Der Diplom-Kaufmann ist seit 2015 Fondsmanager bei der apoAsset, frühere Stationen waren die Union Investment Institutional GmbH und die AXA Konzern AG.
Kai Brüning ist Senior Portfolio Manager Healthcare der apoAsset und Mitglied der Life Science Kommission der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA). Der Diplom-Kaufmann und DVFA Investment Analyst verantwortet unter anderem die globalen Gesundheitsfonds apo Medical Opportunities, apo Digital Health, apo Medical Balance sowie apo Emerging Health.

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