Rätselraten über US-Inflationszahlen

Stefan Ziermann, Verlag Fuchsbriefe
Stefan Ziermann / Bild: Verlag Fuchsbriefe
Mit bangen Blicken haben die Anleger auf die jüngsten US-Inflationszahlen gewartet. Kaum waren sie veröffentlicht, begann das große Rätselraten über die Bedeutung der Zahlen. Die Anleger waren hin und her gerissen zwischen Inflations-Erleichterung und Konjunktursorgen.
Die Börsen scheinen sich klammheimlich bereits jetzt in die Sommerpause schleichen zu wollen. DAX, Dow Jones und S&P 500 laufen weiter impulslos seitwärts. Einen größeren übergeordneten Trend gibt es gerade nicht. Vielmehr suchen und warten die Börsen auf neue Impulse.

Nicht einmal die aktuell gemeldeten Inflationsraten haben den Märkten signifikant Schwung geben können. Für die USA wurde erneut eine rückläufige Inflationsrate (akt. 4,9 Prozent, zuvor 5,0 Prozent) gemeldet. Das lag weitgehend im Rahmen der Erwartungen der Marktbeobachter.

Inflationserleichterung oder Konjunktursorgen?

Der Markt scheint nicht genau zu wissen, was er von diesen Zahlen halten soll. Der Rückgang ist jedenfalls so gering, dass er keine neue Aktien-Euphorie ausgelöst hat. Auf der einen Seite waren Stimmen zu hören, die in der rückläufigen Rate einen weiteren Hinweis auf die konjunkturelle Abkühlung sehen, das aber für ein Aktienrisiko halten. Angesichts der recht hohen Bewertungen von US-Aktien wäre eine Rezession ein unbequemes Szenario.

Andere Beobachter sehen die gesunkene Inflationsrate als Zeichen dafür, dass die US-Notenbank ihre Zinspause einläuten und damit auch die Konjunktur stützen wird. In dem Zusammenhang fällt zumindest auf, dass der zinssensitive Tech-Sektor in den USA in Schwung gekommen ist. Hier wird eine Zinspause offenbar eingepreist. Der Nasdaq hat jedenfalls ein neues Hoch markiert. Das ist aber auch mit Vorsicht zu genießen, denn die Marktbreite hinter diesem Anstieg war sehr gering.

US-Schuldendebatte im Fokus

Die Debatte um die Anhebung der Schuldenobergrenze wird in den nächsten Wochen noch an Schärfe gewinnen. Denn eine unvermeidliche Entscheidung rückt immer näher. Wir gehen fest davon aus, dass es - wie so oft - auf den letzten Metern zu einer für beide Seiten gesichtswahrenden Einigung zwischen Demokraten und Republikanern kommen wird. Keine der beiden Seiten wird einen Zahlungsausfall der USA riskieren wollen. Schon gar nicht vor dem aktuellen politischen Hintergrund. Ein US-Zahlungsausfall wäre ein gefundenes Fressen für Russland und China, um die durchaus kritische US-Finanzverfassung der USA zu debattieren. Die USA dürfte höchst interessiert sein, eine Debatte über ihre Finanzmarktstabilität und -sicherheit und den Dollar zu vermeiden.

Apropos China: Im Reich der Mitte fielen die Inflationsraten deutlich stärker als von Beobachtern erwartet. Die Kernrate der Inflation fiel von 0,7 Prozent auf 0,1 Prozent zurück (ggü. Vj.). Die Gesamtrate schob sich weiter in den negativen Bereich auf -3,6 Prozent (zuvor  -2,5 Prozent). Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Zentralbank Chinas weitere Lockerungsmaßnahmen ergreifen könnte.

Fazit: Die Märkte befinden sich weiter in einer unentschlossenen Warteposition, ziemlich exakt in der Mitte einer breiten Seitwärtsrange. Anleger haben keine Eile mit neuen Käufen und sollten gut gelaufene Positionen weiter absichern oder auch Kasse machen.
Stefan Ziermann ist Chefredakteur im Verlag FUCHSBRIEFE. Er verantwortet den Unternehmerbrief FUCHSBRIEFE, die Börsenbriefe FUCHS-Kapitalanlagen, den Brief für Wasserstoff-Aktien FUCHS H2-Invest und die FUCHS-Devisen mit Fokus auf Währungen, Anleihen, Rohstoffe und Kryptowährungen. Darüber hinaus ist er Herausgeber des jährlich publizierten FUCHS-Geldanlagebuches „Anlagechancen“ und des FUCHS-Broker-Ratings.

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