Trumponomics oder Kamalanomics?

Clément Inbona, LFDE - La Financière de l’Echiquier
Clément Inbona / Bild: LFDE - La Financière de l’Echiquier
Die Endphase des Präsidentschaftswahlkampfes hat begonnen und sowohl die Ergebnisse der Umfragen als auch die Quoten der Buchmacher deuten auf einen äußerst knappen Ausgang hin. Nachdem Kamala Harris nach ihrer überraschenden Nominierung zunächst große Unterstützung erfahren hatte, scheint ihre Beliebtheit nun zu schwinden, und die Umfragen spiegeln eine starke Unentschlossenheit in den Swing States wider, den US-Bundesstaaten, die für den Wahlausgang so entscheidend sind.

Harris kann positive Wirtschaftsbilanz nicht für sich nutzen

Obwohl sie als Vizepräsidentin von Joe Biden eine positive Wirtschaftsbilanz geerbt hat, kann sie diese Erfolge als Kandidatin für das Weiße Haus nur schwer für sich nutzen. Die Inflation ist mittlerweile mit 2,4 Prozent im Jahresvergleich unter Kontrolle, mit einer Arbeitslosigkeit von 4,1 Prozent herrscht fast Vollbeschäftigung, das Wachstum ist mit durchschnittlich 3,5 Prozent von 2021 bis 2024 solide, und die Börsen brechen einen Rekord nach dem anderen. Doch all das reicht nicht aus, um die Wähler zu überzeugen. Die Inflationswelle, die die Kaufkraft der amerikanischen Verbraucher zwischen 2021 und 2022 geschwächt hat, sowie das Versiegen der überschüssigen Ersparnisse aus der Coronazeit tragen bei 80 Prozent der Bevölkerung sicherlich dazu bei, dass sie die Wirtschaftsbilanz des Gespanns Biden-Harris ein wenig anders wahrnehmen.
 
Wenngleich die Wahl noch nicht entschieden ist, ist bereits erkennbar, welche wirtschaftlichen Konsequenzen mit dem endgültigen Ergebnis verbunden sein werden.
 
Auch wenn die Programme der Kandidaten sehr unterschiedlich sind, gibt es einige Ähnlichkeiten. Sie sind sehr kostspielig, obwohl für 2024 ein Defizit von 6,6 Prozent geschätzt wird und das Verhältnis von Schulden zum BIP nahe 100 Prozent liegt. Auch der Protektionismus, insbesondere gegenüber China, ist ein gemeinsamer Nenner.
 
Bei genauerem Hinsehen erkennt man jedoch zahlreiche und deutliche Unterschiede.

Wahlprogramme: Innovative Sektoren versus Rüstung und fossile Energien

Die demokratische Kandidatin legt in einem knapp 80-seitigen Dokument mit dem Titel „A new way forward for the middle class“ ein Programm vor, das klar auf die Haushalte der Unter- und Mittelschicht sowie auf kleine Unternehmen ausgerichtet ist. Es soll durch die Deckung der Grundbedürfnisse wie Ernährung, Gesundheit und Wohnen Unterstützung für die Bedürftigsten leisten, fördert aber auch innovative Sektoren wie Elektrofahrzeuge, Halbleiter oder künstliche Intelligenz.
 
Das Wirtschaftsprogramm von Donald Trump, das in einem allgemeineren und eher zusammenfassenden Dokument mit dem Titel „Make America great again“ dargelegt ist, begünstigt bestimmte Sektoren wie etwa die Rüstungsindustrie, unterstützt billige fossile Energien getreu seinem Mantra „Drill baby drill“ und vollzieht eine Kehrtwende in der Automobilindustrie in Richtung Verbrennungsmotoren. Kandidat Trump scheint auch für eine Deregulierung im Allgemeinen und insbesondere im Bereich Kryptowährungen zu sein.
 
Die amerikanische Bank Goldman Sachs hat Indizes aus Wertpapieren erstellt, die beim Sieg der einen oder anderen Partei zu bevorzugen sind. Diese Indizes spiegeln eindeutig die Umfragetrends wider: Einen Monat nach der Debatte der Kandidaten hat der „demokratische“ Aktienkorb etwa 5 Prozent verloren, während der „republikanische“ um über 5 Prozent zulegte. Am 5. November werden wir erfahren, wer der glückliche Wahlsieger ist.
Clément Inbona ist Fondsmanager bei La Financière de l’Echiquier (LFDE). La Financière de l’Echiquier (LFDE) wurde 1991 gegründet, im Juli 2023 von LBP AM übernommen und ist eine der bedeutendsten und dynamischsten Fondsgesellschaften Frankreichs. LFDE verwaltet ein Vermögen von 12,2 Milliarden Euro (per 30.11.2023) und beschäftigt in ihren Niederlassungen in Deutschland, Österreich, Spanien, Italien, der Schweiz und den Benelux-Ländern über 140 Mitarbeiter.
Haftungsausschluss
Die ausgedrückten Meinungen entsprechen den Einschätzungen des Autors. LFDE übernimmt dafür keine Haftung. Die genannten Unternehmen und Sektoren dienen als Beispiele. Es ist nicht garantiert, dass sie im Portfolio enthalten bleiben.

Im Artikel erwähnte Wertpapiere

Goldman Sachs Gr Rg 488,40 1,92%
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