Do it like Grover Cleveland

Sadettin Yildiz, Privatbank Donner & Reuschel
Sadettin Yildiz / Bild: Privatbank Donner & Reuschel
Was hat Grover Cleveland, was Donald Trump nicht hat? Cleveland ist bis heute der einzige US-amerikanische Präsident mit zwei Amtszeiten, die nicht aufeinander folgten. Auch wenn die Einstellung dieses Rekords nicht Trumps größte Motivation sein mag, so scheinen die Chancen hierfür aktuell gut zu stehen. Ohne Konkurrenz in der eigenen Partei und nach dem glimpflich überstandenen Attentat erscheint Trump heute stärker denn je.

Was wäre wenn...

… Trump tatsächlich der nächste Präsident der Vereinigten Staaten wird? Dann wäre er nicht nur der erste Republikaner, dem Clevelands Kunststück gelingt, sondern seine zweite Präsidentschaft könnte für weitaus dramatischere Entwicklungen sorgen, als den Europäern lieb ist. Trump mag kein echter Visionär sein, der seine Ziele kühl kalkulierend zu erreichen versucht. Gefährlich für das Establishment und seine vermeintlich rational agierenden politischen Gegner ist sein impulsives Vorgehen. Bei Betrachtung des teilweise kindisch anmutenden Verhaltens Trumps während seiner Präsidentschaft und seiner Handlungen nach der letzten Wahl in Verbindung mit dem Supreme-Court-Urteil hinsichtlich seiner Immunität könnte man ihn somit auf dem „richtigen“ Weg wähnen. Schließlich ist das „System Trump“ organisatorisch heute weiter als vor der letzten Wahl.

Die Ordnung wie wir sie kennen

Vielleicht weiß Trump selbst nicht so richtig, welche großen Ziele er verfolgt? Was kann einem narzisstischen Mann Ende 70, der sich Zeit seines Lebens auf der Sonnenseite aufhielt, noch DAS Erfolgsgefühl geben? Zweifelsohne böte sich der Kampf gegen das Establishment und das von diesem geschaffene „System“ – die Nachkriegsordnung - an. Auch wenn Trump immer wieder abgewiegelt hat, so scheinen ihm das Wesen der NATO-Partnerschaft und die aus seiner Sicht asymmetrisch gelagerten Verantwortungen ein Dorn im Auge – in dem er einen ungerechtfertigten Vorteil für die EU sieht.

Deutsche Dekadenz

Schon vor Jahren konnte man beim Tischgespräch die Sicht von US-Regierungsvertretern erahnen - demnach insbesondere Deutschland Profiteur von einer vermeintlichen Vierecks-Beziehung war: Sich von den Amerikanern beschützen lassen, günstige russische Energie beziehen und Handel mit den Chinesen betreiben. Dass das nicht ewig weitergehen kann, lag damals schon auf der Hand.

Mittlerweile hat sich zwar in Europa die Erkenntnis verbreitet, sich mehr um die eigene Sicherheit zu kümmern. In der Realität geschieht jedoch wenig, um die potenziell klaffende sicherheitspolitische Lücke zu füllen. Gerade die Politik hierzulande beschäftigt sich unter ideologischer Färbung mehr mit Umverteilungsthemen als mit dem Erfordernis, Leistungswille und -incentivierung herzustellen. Beides wären notwendige Bedingungen für mehr gesellschaftliche Resilienz und Robustheit gegenüber negativen, globalen Entwicklungen in der Zukunft.

Investmentimplikation für das Szenario Trump

Historisch gesehen entwickelte sich der US-Aktienmarkt nach einem Sieg der Demokraten besser. Trumps Agenda sieht aber starke Steuersenkungen vor - so sollen etwa die Steuern für Unternehmen auf 15 Prozent sinken. Dies wäre positiv für den US-Aktienmarkt. Die Demokraten hingegen wollen die Steuern von derzeit 21 Prozent auf 28 Prozent erhöhen. Seine geplanten Zölle sollten sich positiv auf kleine und mittelständische Unternehmen auswirken, die wenig Lieferanten im Ausland haben.
  • Das Streben nach allumfassender Macht birgt eine Gefahr für die US-Technologiekonzerne. Trump könnte versuchen, die Geschäftemodelle von Microsoft, Apple und Co zu beschneiden. Viele Unternehmen hatten sich in der Vergangenheit gegen Trump positioniert. An dieser Stelle sei erwähnt, dass Microsoft im Jahr 2000 die Zerschlagung wegen monopolistischer Stellung drohte. In diesem Fall kam die Präsidentschaftswahl zu Hilfe: Nach dem Wahlsieg Bushs strebte das Justizministerium eine Zerschlagung nicht mehr an.
  • Auch Aktien aus Ländern mit großen Handelsüberschüssen wie China, Japan, und Europa könnte aufgrund der angekündigten Zölle Ungemach drohen. Dies gilt insbesondere für den Automobilsektor. Der Finanzsektor könnte im Zuge einer Deregulierung zu den großen Gewinnern gehören. Ähnliches gilt für den Energie- und Rohstoffsektor. Der Bereich der erneuerbaren Energien hingegen könnte leiden.
  • Im Zinsbereich erwarten wir künftig eine steilere US-Kurve - längerfristige Zinsen könnten also relativ zu kurzfristigen Zinsen steigen. Dies käme auch einem positiven Impuls für den US-Dollar gleich, der sich im Zuge von potenziellen Zöllen verstärken dürfte.

Laut US-Historikern gehörte der von Grover Cleveland geführte Wahlkampf – mit Fokus auf moralische Integrität – zu den schmutzigsten der US-amerikanischen Geschichte. Ob sich diese wohl wiederholt?

Sadettin Yildiz ist CIO und Leiter Asset Management bei der Privatbank Donner & Reuschel

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