Nervosität oder doch 25.000 Punkte?

Ulrich Kirstein mit der Presseschau
Ulrich Kirstein / Bild: BBAG/Killius
Der Dax sackt auf deutlich unter 18.000 Punkte ab, die Sorge auf eine weitere Eskalationsstufe im Nahostkonflikt verhagelt den Investoren die Stimmung, nur am Donnerstag schaltet sich ein kleines Zwischenhoch ein. „Aktienmärkte im Korrektur-Modus“, nennen dies die Fuchsbriefe. Apropos Hagel, den gab es in München auch, oder gleich Schnee. Auch Moneten hagelt es überdies, denn „Konzerne schütten so viel an Dividenden aus wie nie zuvor“, freut sich nicht nur das Handelsblatt. Trotzdem, Prosperität sieht anders aus, zumindest was Deutschland betrifft: „Schwächstes Wachstum aller G7-Staaten“ meldet die Abendzeitung und „Klassenletzter Deutschland“ die Süddeutsche Zeitung - waren wir nicht mal der Primus in Europa?

Knoten zum halben Preis

Ein Knoten prangt vor rotem Hintergrund auf dem Titel von Der Aktionär. Da im Markt gerade aber nicht alles wie am Schnürchen klappt und bei den Investoren auch kein Knoten geplatzt ist, lautet die passende Headline: „Wie stabil ist der Markt?“. „Risiken nehmen zu, Anleger werden nervös“, lesen wir weiter, und es folgt schnurstracks die Lösung: „5 Aktien, die jetzt trotzdem steigen“. Ungebrochen optimistisch zeigt sich Focus Money, denn in großen Lettern verheißt uns dort der Titel „DAX 25.000 – Wie hoch kann es noch gehen?“. Wir fragen uns derzeit eher, wann es überhaupt wieder hoch geht, aber schließlich brauchen Aktienanleger einen langen Atem. Eine andere Rechnung macht Börse Online auf: „Halber Preis, doppelte Chance“. Wie das geht? Jenseits der Mathematik so: „Aktien so billig, dass sie steigen müssen“.

Boing bei Boeing

Gemeinhin gilt das Flugzeug als sicherstes Verkehrsmittel, noch vor Bahn, Bus oder Auto. Nur der Fahrstuhl sei noch ungefährlicher, heißt es, wenn man nicht gerade einen Mord begangen hat und im Aufzug stecken bleibt, wie in Fahrstuhl zum Schafott von Louis Malle. Trotzdem beschleicht viele ein mulmiges Gefühl, wenn sie in ein Flugzeug steigen, aber nicht, wenn sie den Bus nehmen. Dieses Gefühl könnte sich verstärken, je nach Hersteller des Flugzeuges, denn aus dem Dreamliner von Boeing scheint eine Art Alptraumflieger zu werden: „Eine Frage von Leben und Tod“, nennt es der Business Insider, laut einem Whistleblower seien 1.000 Maschinen betroffen, die schlampig gefertigt seien. Wird ein Boeing-Flug zum Russisch-Roulette? „Potenziell katastrophale Unfälle“, zitiert Die Welt selbigen Whistleblower. Das Flugzeug könnte auseinanderfallen und zu Boden stürzen, sagte dieser bei einer Anhörung vor dem US-Senat, wobei wir schon immer davon ausgegangen sind, dass ein auseinanderfallendes Flugzeug nicht einfach so weiterfliegt und die Katastrophe dann eher tatsächlich als potenziell eintrifft. Boeing dementiert, wir sind gespannt – beim Lesen, und angespannt im Flieger.

Auf Arbeit

Wir sind in Deutschland dabei, die Quadratur des Kreises zu schaffen: Wir arbeiten so viel wie noch nie (laut DIW 55 Milliarden Stunden) und gleichzeitig arbeiten wir so wenig wie noch nie. Nun, die Erklärung ist simpel: Der Anteil der arbeitenden Bevölkerung und die Zahl der Arbeitenden ist größer geworden (Stichworte wären, dass mehr Frauen Vollzeit arbeiten und durch Zuwanderung mehr Potenzial vorhanden sind), aber diejenigen, die arbeiten, arbeiten weniger. Uff. Ein Trend, der an uns irgendwie vorübergegangen ist, aber sehr wahrscheinlich nicht der einzige. „So viel arbeiten die Deutschen“, ist der Artikel in der Süddeutschen Zeitung überschrieben: Statt 39 Stunden pro Woche sind es nur noch 36,5 Stunden pro Woche, die wir arbeitend in der Arbeit oder im Home Office verbringen. Malochen hieß das früher gerne, ein Begriff, der wahrscheinlich vom Aussterben bedroht ist (und im Übrigen aus dem Hebräischen stammt). Immerhin hat die Produktivität auch deutlich zugenommen in den letzten 30 Jahren, eine Mail schreibt sich beispielsweise schneller und ist rascher beim Empfänger als ein Brief. Man wird sehen, ob wir künftig in 4 Tagen für 5 Tage arbeiten - und malochen doch wieder angesagt ist.

Transport

Um eine Zeitung mit Inhalten zu füllen, wird jede Menge Köpfchen verlangt (an eher 5 als 4 Tagen) und auch hinter einer Zeitung soll zumindest laut Werbung immer ein kluger Kopf stecken. Kommt darauf an, sind wir versucht zu sagen. Damit aber so viel Klugheit von A nach B gelangt, braucht es dann doch noch des Gebrauchs ganz banaler Transportmittel wie zum Beispiel eines Lieferwagens oder Lkws. Ein solcher hat nun offensichtlich seinen Geist aufgegeben, wie es so schön heißt und zu Zeitungen bedeutend besser als zu Automobilen passt. Weshalb die Börsen-Zeitung im Druckformat bei uns nicht angeliefert werden konnte und wir auf die Online-Version angewiesen sind. Schade, aber das passiert nun einmal, und wir hoffen jedenfalls, auch ohne gedruckte Zeitung heute einen klugen Kopf behalten zu können…