Deutsche Konjunktur: Erholung bleibt fragil

Dr. Klaus Bauknecht, IKB - Deutsche Industriebank AG
Dr. Klaus Bauknecht / Bild: IKB - Deutsche Industriebank AG
Fazit: Die deutsche Konjunktur verlief im zweiten Quartal 2024 nur sehr schleppend. Dabei dürfte vor allem die Industrie gebremst haben. Das ifo Geschäftsklima für den Juli enttäuscht ebenfalls und signalisiert keine zügige Belebung. Damit dürfte die deutsche Wirtschaft nur langsam Tritt fassen, und die Erholung bleibt fragil. Die IKB erwartet für das laufende Jahr ein minimales BIP-Wachstum und für 2025 ein Plus von 1,4 Prozent. Bei der Konjunkturprognose überwiegen Abwärtsrisiken. Impulse für notwendige Investitionen ergeben sich damit nicht, und der Reformdruck nimmt zu. Für die Geldpolitik bietet sich allerdings Raum für eine Normalisierung, Zinssenkungen werden wahrscheinlicher.

Der deutsche Konjunkturverlauf bleibt holprig, insbesondere die zwischenzeitliche Hoffnung auf ein Ende der Industrieschwäche erfüllte sich nicht, denn die letzten Daten zur Produktion des Verarbeitenden Gewerbes im Mai waren enttäuschend. So verringerte sich die Industrieproduktion im Vormonatsvergleich kräftig um 2,5 Prozent und fiel auf den zwischenzeitlichen Tiefpunkt vom Dezember 2023 zurück. Lediglich die Chemie- und Nahrungsmittelindustrie konnten im Mai zulegen.
Das bisherige Produktionsniveau des gesamten Verarbeitenden Gewerbes liegt im zweiten Quartal dank der noch stabilen April-Daten um 0,7 Prozent knapp unter dem des ersten Quartals. Der Rückgang im Quartalsvergleich betraf auch hier nahezu alle Branchen mit Ausnahme der stabilen Nahrungsmittelbranche sowie der Chemie- und Automobilindustrie: Die Hersteller im Automobilbereich verdanken ihr Quartalsplus den starken April-Zahlen. Dies dürfte sich im Juni nach Angaben des VDA fortgesetzt haben. Ein weiterer Lichtblick ist die energieintensive Chemieindustrie. Nachdem sie zu Jahresbeginn die Produktion kräftig hochgefahren hatte, lag sie im Durchschnitt von April und Mai abermals etwas über dem Mittel des Vorquartals. Dennoch bleibt das Produktionsniveau nach wie vor erheblich unter dem zu Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine erreichten Niveaus.

Es fehlen Impulse aus dem Ausland

Die Auftragseingänge, deren Abwärtstrend sich im Mai fortsetzte, geben zudem wenig Hoffnung auf eine zügige Belebung. Insbesondere fehlten Impulse aus dem Ausland. Die Inlandsnachfrage stabilisierte sich dagegen zumindest im April. Positiv wirkt noch der Auftragsbestand, der sich im Zuge der Corona-Pandemie aufgebaut hatte, aber auch zunehmend schwindet. Das Auftragspolster liegt noch um 20 Prozent über dem Wert von vor der Pandemie; im Herbst 2022 waren es noch 33 Prozent. Die immer noch gefüllten Auftragsbücher ermöglichen es den Unternehmen, den Nachfrageeinbruch auf die Produktion abzufedern. So sind die Auftragseingänge seit Frühjahr 2022 um 15 Prozent gesunken, die Produktion aber nur um 2 Prozent.

Der Einzelhandel zeigt im März und April Stabilisierungstendenzen und dürfte von den steigenden Realeinkommen der Konsumenten profitiert haben. Konjunkturstützend wirkt aber vor allem die anhaltende Belebung im Dienstleistungssektor. Daten liegen zwar bislang nur bis zum März vor, deuten aber für günstige Ausgangsbedingungen für das zweite Quartal an.

Der Ausblick für das laufende Jahr bleibt allerdings fragil. Vor allem die Stimmungsindikatoren für Juli signalisieren einen anhaltend schwachen Konjunkturverlauf – insbesondere für die Industrie. So ist der Einkaufsmanagerindex für die Gesamtwirtschaft im Juli unterhalb der Expansionsschwelle gerutscht und signalisiert damit eine Schrumpfung der Wirtschaftsleistung. Auch der bedeutendste Stimmungsindikator für die deutsche Wirtschaft – das ifo Geschäftsklima – hat sich merklich eingetrübt. Die Unternehmen waren weniger zufrieden mit den laufenden Geschäften, und mit Blick auf die kommenden Monate hat die Skepsis deutlich zugenommen. Insbesondere die Verschlechterung der Geschäftserwartung ist breit angelegt und fand in allen Wirtschaftsbereichen statt.

Implikationen

  • Im Laufe des zweiten Halbjahres sollte sich die Konjunktur festigen, aber der Verlauf bleibt fragil. Der private Konsum könnte zur Stütze werden, dazu tragen kräftig steigende Löhne, eine nachlassende Inflation und der robuste Arbeitsmarkt bei. Die Erholung der Industriekonjunktur scheint sich dagegen zu verzögern. Die IKB erwartet für das laufende Jahr nur ein leichtes BIP-Wachstum von 0,4 Prozent und für 2025 ein Plus von 1,4 Prozent. Hinsichtlich der Konjunkturprognose überwiegen Abwärtsrisiken.
  • Es bleibt dabei: Eine nachhaltig stärkere Investitionsdynamik wird sich im Umfeld einer schwachen Konjunktur nicht ergeben. Diese ist aber für ein grundsätzlich höheres deutsches Wirtschaftswachstum notwendig. Hierfür müssen die bekannten Strukturschwächen behoben werden, es besteht dringender Handlungsbedarf. Grüne Transformation benötigt beides: Investitionen und nachhaltiges Wachstum am Standort Deutschland (s. Konjunkturerholung: Verschnaufpause oder erhöhter Handlungsdruck?).
  • Ein schwacher Konjunkturverlauf senkt den Preisdruck. Zweitrundeneffekte werden weniger wahrscheinlich. Aus einer Nachfrageschwäche und dem dadurch nachlassenden Inflationsdruck ergibt sich mehr Raum für eine Normalisierung der Geldpolitik durch die EZB. Die Wahrscheinlichkeit weiterer Zinssenkungen nimmt zu.
Dr. Klaus Bauknecht ist als Chefvolkswirt der IKB Deutsche Industriebank AG verantwortlich für die volkswirtschaftlichen Analysen, Prognosen und Einschätzungen der Bank und schreibt dort auch im eigenen IKB-Blog. Zudem lehrt der promovierte Volkswirtschaftler an der Nelson Mandela University in Südafrika. Zuvor arbeitete er in verschiedenen leitenden Positionen anderer Banken und im südafrikanischen Finanzministerium. Er schreibt zu aktuellen und übergeordneten Konjunktur-, Volkswirtschafts- und Marktthemen.
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