Ulrich Kirstein / Bild: BBAG/Killius
Die Inflation ist deutlich zurückgegangen, allerdings hinkt die Kerninflation – also ohne Energie, Lebensmittel, Alkohol und Tabak – hinterher. Immerhin können wir derzeit also einigermaßen günstig im Warmen sitzen, essen, uns Bier oder Wein genehmigen und danach eine rauchen. Die Börsen-Zeitung warnt trotzdem: „Trügerischer Erfolg bei der Euro-Inflation“. Positiver sieht es das Handelsblatt: „Preisdruck schwächt sich ab“. Für Anleger ein eindeutiges Signal, dass Zinserhöhungen erstmal vom Tisch sind – der Dax, zur Wochenmitte noch unter die 16.000er Marke gefallen, legt wieder deutlich zu: „Inflationsdaten nähren Dax-Rally“, heißt es dazu in der Börsen-Zeitung euphorisch (im Sinne der Börsen-Zeitung).

Alles auf Aktien

Zinspapiere erfreuen sich wieder großer Beliebtheit, ETFs sind gefragt wie nie? Vergessen Sie das: Die Finanzmagazine fahren voll auf Aktien ab. Der Beweis: „Die Glorreichen Sieben – bei welchen Tech-Giganten die Rally weitergeht“, titelt Focus Money. Die „spannendsten, lukrativsten, besten Aktien der Welt“, trumpft Börse online auf. „Kalte Tage – Heiße Aktien. Bis zu 100 Prozent! 7 Tolle Kaufchancen, bei denen Ihnen warm ums Herz wird“, deckt Der Aktionär auf oder angesichts der herrschenden Kälte eher zu. Bebildert im Übrigen mit einem brennenden Eisklotz, während Börse Online mit einem roten Buntstift die genannten Superlative in Schreibschrift präsentiert. Focus Money zeigt sieben goldene Sternchen und nennt auf dem Titel die Tech-Giganten beim Namen samt ihrem möglichen Kurspotenzial, das von 68 Prozent bis 15 Prozent reicht. Nur Euro am Sonntag schließt sich dieser Begeisterung für Aktien so gar nicht an und setzt auf Gold: „Die 100%ige Chance! Gold steigt und steigt…“

Fließendes Federvieh

Bis dato kannten wir bei Zentralbankern nur Tauben und Falken – bei beiden Tierarten hätten wir nicht unbedingt von Federvieh gesprochen, das wir uns eher domestiziert und eierlegend vorstellen. Doch laut Börsen-Zeitung legen die Zentralbanken nun nach und erweitern die Vogelschar, wie es so schön im Lied heißt. „Noch mehr Federvieh bei der EZB“, lautet die passende Headline. Im Artikel von Alexandra Baude geht es um die Themen für künftige Euro-Banknoten. Bisher zieren diese ja der Phantasie (von wem) entsprungene Architekturen. Angepeilt werden nun aber Motive zur „Europäischen Kultur“ und zu „Flüsse und Vögel“. Genauer lauteten die Themen: „Flüsse: Wasser des Lebens in Europa“ und „Vögel: frei, widerstandsfähig, inspirierend“. Die Flüsse und Vögel werden nun zusammengelegt, aber es soll trotzdem nicht ausschließlich um Wasservögel gehen, wenn wir recht verstanden haben. Nun hat eine „Beratungsgruppe“ bis Ende 2024 Zeit zu beraten, welche Vögel und Flüsse genommen werden sollen. Dann wird nochmals eine Befragung gestartet und dann das Design festgelegt. Es dauert also. Aber wie würde man den Rhein auf einem Geldschein von der Donau oder der Loire unterscheiden können? Wir wissen es nicht und es bleibt zu fragen: Bis die Scheine fertig sind, gibt es dann überhaupt noch Bargeld?

Sprießender Spott

Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen, heißt ein altbekanntes wie treffendes Sprichwort. Deshalb ist es kein Wunder, dass viele Südeuropäer vor Schadenfreude schier platzen, weil der deutschen Regierung das Geld ausgegangen ist und sie nun tief im Schuldensumpf steckt. Waren es doch die Deutschen (Finanzminister), die mit guten Ratschlägen nicht hinterm Berg hielten, wie die Südländer ihre Schulden in den Griff bekommen könnten oder vielmehr sollten. Nun läuft es also umgekehrt und der ehemalige griechische Energieminister Panagiotis Lafazanis macht ausgerechnet in der Bild-Zeitung Vorschläge, wie das Übel zu beheben wäre, etwa durch „Notsteuern“ oder den Verkauf von Tafelsilber. Das Handelsblatt macht daraus: „Sylt verkaufen? Südeuropa spottet über deutsche Schuldenkrise“. Man möge Deutschland doch unter „internationale Aufsicht“ stellen, witzelt der Grieche voller Energie weiter. Wir werden künftig jedenfalls genauer auf Immobilienanzeigen achten, vielleicht lesen wir bald: „Luxuriöse Insel zu verkaufen, 99 Quadratkilometer groß, viele Extras, lange Strände, hübsche Reetdächer, leckere Restaurants, wenige Einwohner, viele Touristen, teure Immobilien, Gebote an Christian Lindner, Finanzministerium“.