Gewinner auf Sandalen

Ulrich Kirstein mit der Presseschau
Ulrich Kirstein / Bild: BBAG/Killius
Der Juli verabschiedete sich mit einem neuen Allzeithoch im Dax, im August ging es dann erst einmal bergab, bis weit unter die 16.000er Marke. Wechselhaft ist offensichtlich nicht nur das Wetter, wechselhaft ist auch die Stimmung der Anleger. „Dax nach Rekordjagd schwächer“ meldet die Börsen-Zeitung. Einige Unternehmen enttäuschten mit ihren Zahlen und dann kam noch das Downgrading der USA durch die Rating-Agentur Fitch obendrauf. Überhaupt die negativen Schlagzeilen, wir greifen einmal die Seite „Konjunktur und Politik“ der Börsen-Zeitung heraus: „Schwache Konjunktur bremst Jobmarkt“ (Deutschland), „Auftragsschwäche lastet weiter auf US-Industrie“, „Euro-Industrie rutscht weiter ab“, „Gedrückte Stimmung in Chinas Industrie“ – hätte man nicht ein Land mit einer positiven Meldung finden können? Da freuten wir uns dann über eine sehr positive Schlagzeile einige Seiten weiter: „BMW legt einen Schnaps drauf“. Enzian oder Kirsch wäre da die Frage oder doch eher Grappa oder Gin? Apropos schlechte Nachrichten, vor allem die gestiegene Arbeitslosigkeit machte zumindest Schlagzeilen: „Das Ende des Jobwunders“ (Handelsblatt) oder „Arbeitsmarkt weniger krisenfest als gedacht“ (Die Welt). Als könnte es nicht schlimmer kommen, folgte das Aus bei der Frauenfußball-WM in der Vorrunde. Zum Spiel der deutschen Nationalmannschaft hieß es in der Süddeutschen Zeitung: „Hektisch, ideenlos und unkoordiniert“! Wenn das doch nur auf den deutschen Fußball zuträfe…Wir garnieren einmal mehr unseren Text mit Songtiteln, dieses Mal von Taylor Swift. Wer wissen will, warum, muss bis zum Ende lesen, hier passt nicht nur für die Fußballdamen: „Begin again“!

Gewinner einwechseln

Von wegen Sommerflaute, Focus Money empfiehlt nicht weniger als „die 15 besten Aktien der Welt“ (zum Design schweigen wir besser) mit „130 Prozent Gewinn“. Etwas präziser wird Börse online, gibt es dort auf dem Titel doch die „innovativsten, besten, stärksten Tech-Aktien“, sprich die „neuen Microsofts & NVidias“. Dazu winkt eine Roboterhand mit einem Bündel von 100-Euro-Scheinen. Im knalligen Rot kommt Der Aktionär daher und spielt wohl auf die Fußball-WM an: „Wechseln Sie Gewinner ein“. Dazu hält jemand eine Tafel hoch, auf der statt der Spieler-Nummer „Kurspotenzial 100%“ steht. Ach, hätte doch unsere Bundestrainerin Gewinnerinnen eingewechselt! AnlegerPlus zeigt eine Schneiderpuppe mit Maßband (sind die noch im Einsatz?) und verspricht „Erfolgreich Chancen in der Modebranche nutzen: Fashion Investments“. Wir kennen von unseren Familienmitgliedern bisher nur Investments in Fashion. Ist uns dazu ein Taylor Swift Song eingefallen? Wir schwanken zwischen „Sweet Nothing“ und „Nothing New“.

Börsensandale

Der typische Banker trägt kaum noch Lederschuhe, tags braun, abends schwarz, sondern Sneaker, tags weiß und abends immer noch so weiß wie möglich. Wird er bald auf Sandalen umsteigen, gesund und trittsicher, auch auf dem Parkett? Gut möglich, zumindest will Birkenstock in den USA an die Börse gehen. Einen wahren Auftrieb erlebt das Unternehmen durch den gegenwärtigen Barbie-Hype durch den gerade angelaufenen Barbie-Film (der ist Extra-Klasse, sagt zumindest unsere Tochter, und die muss es wissen). Dort entscheidet sich Barbie am Ende des Films, ihre unbequemen High Heels gegen Gesundheitssandalen auszutauschen und zwar gegen das Modell Arizona aus Verloursleder in der Farbe Light Rose! Das haben wir nicht im Film gesehen, sondern im Handelsblatt gelesen und unser Einstieg hätte sich deshalb eher auf Bankerinnen beziehen müssen, die vielleicht sogar noch eher High Heels gegen Sneaker gegen Modell Arizona tauschen, zumindest im Sommer. Der Börsengang soll vielleicht noch diesen Sommer kommen, der Winter ist für Sandalen ja auch eher kontraproduktiv. Der rosa Barbieschuh im Film hat die Bewertung um mindestens 2 Milliarden US-Dollar nach oben getrieben, heißt es weiter! 1,24 Mrd. Euro Umsatz erzielte Birkenstock 2022 und mit dem Barbiefilm erfährt die Definition „Sandalen-Film“ eine ganz neue Bedeutung – Quo Vadis Schuhmode oder „Everything Has Changed“.

Börsenplastik

Spätestens mit Corona sind sie aus der Mode gekommen: Tupper-Partys. Erstens durfte man sie gar nicht mehr veranstalten, zweitens waren Brotzeitdosen in Zeiten des Home-Schooling und Home-Office eher obsolet geworden. Wie manch andere Branche hat sich auch Tupper von diesem Einbruch nicht mehr richtig erholt, offensichtlich weinte den Verkaufsveranstaltungen in Wohnzimmer doch niemand nach. Insofern kämpft der Hersteller der – inzwischen – bunten Plastikprodukte gegen die Insolvenz. Eigentlich ein Warnzeichen für die Aktien des börsennotierten Herstellers – aber weit gefehlt. Die geht ab wie Schmitz Katze und erfreut sich vor allem bei jungen Anlegerinnen und Anlegern großer Beliebtheit, obwohl diese eher einst eine Tupperdose im Schulranzen hatten, aber nie eine kaufen würden, wie wir ahnen. In wenigen Tagen sauste die Aktie von – wahrscheinlich angemessenen – 60 Cent auf etwa 6 Dollar – bei uns also von 60 Euro-Cent auf in der Spitze fast 5 Euro. Herzlich Willkommen, Meme-Aktie! „Warum das Zocken mit Tupperdosen der Altersvorsorge schadet“, klärt uns die Börsen-Zeitung auf: Weil es Wasser auf die Mühlen derjenigen bedeutet, für die Aktien spekulatives Teufelszeug darstellen, und davon gibt es in Deutschland ja genug. „Was der Hype um Tupperware über den Aktienmarkt aussagt“, ist hingegen Thema im Handelsblatt – ein Warnzeichen, so viel sei verraten, aber hoffentlich kein „End Game“.

Trucker

Wahrscheinlich hat fast jeder einmal von der großen Freiheit geträumt, als Lkw-Fahrer im Truck quer durch die USA zu reisen. Reizvolle Landschaften, Country-Music im Radio, ab und zu an der überdimensionalen Hupe ziehen, abends einen großen Burger verdrücken. Gemacht hat man es dann doch nie, der Verdienst ist ja auch nicht üppig. Außer man ist Fahrer bei Talyer Swift auf ihrer „Eras Tour“, wie wir bei The Pioneer Briefing erfahren. Denn Taylor Swift schüttet 55 Mio. US-Dollar an ihre Crew aus und so erhält jeder ihrer LKW-Fahrer eine Prämie von 100.000 US-Dollar – mehr als ein Jahresgehalt. Sie kann es sich leisten, immerhin spielte ihre 24-wöchige Tour schätzungsweise 1,6 Mrd. US-Dollar ein – und ihr persönlicher Verdienst lag bei 500 Mio. Dollar. Insofern entsprechen die 55 Mio. Dollar so in etwa der normalen Trinkgeldquote… Da Swift als Country-Sängerin begann, enden wir hier mit einem ihrer bekanntesten Country-Lieder: „Our Song“!