Ein ganz besonderes Denkmal: Die Wartburg auf der neuen Sonderbriefmarke

Ulrich Kirstein, Börse München
Bild: Bildagentur Mauritius Images / Kurt Möbus
Zu den angenehmeren Pressemitteilungen des Bundesministeriums der Finanzen zählen zweifellos jene, die Sonderbriefmarken oder Münzen vorstellen. In der Serie "Burgen und Schlösser" in Europa hat das Ministerium nun eine 70-Cent-Marke mit dem Motiv der Wartburg herausgegeben, gestaltet von der Grafikerin Nicole Elsenbach aus Hückeswagen. Im Lutherjahr 2017 ist die Wartburg ein naheliegendes Motiv, schließlich hat Martin Luther hier seine bahnbrechende Bibelübersetzung angefertigt. Noch heute wenden wir viele Sprüche an, die eigentlich aus Luthers Bibelübersetzung stammen, etwa "auf Herz und Nieren prüfen", "sein Herz ausschütten" oder "auf keinen grünen Zweig kommen". Doch die Wartburg steht noch für sehr viel mehr, was ihr geradezu die "Strahlkraft eines Nationalsymbols" verleiht, wie es in der Begründung der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten zur Auswahl des Motivs heißt.

Der Krieg der Sänger

Erbaut wurde die Wartburg wahrscheinlich im 12. Jahrhundert - zumindest stammen aus dieser Zeit die ältesten Bauteile, so der eindrucksvolle Palas, ein bewusst repräsentativ gehaltener Wohnbau. Als Gründer gilt Ludwig der Springer, der auf dem Berg eine Burg errichten wollte, obwohl ihm der Berg gar nicht gehörte. So waren sie, die Ritter. Der wichtigste Bauherr aber war Landgraf Ludwig II., er ließ den heute noch genutzten Palas um die Mitte des 12. Jahrhunderts errichten. Im späteren 12. und zu Beginn des 13. Jahrhunderts erlebte die Wartburg unter Hermann I. eine den Musen wohlgewogene Hofhaltung. Minnesänger und Dichter wie Walther von der Vogelweide oder Wolfram von Eschenbach waren gern gesehene Gäste. Eher ins Reich der Sagen gehört der "Sängerkrieg auf der Wartburg", den wir heute vor allem aus Richard Wagners Oper Tannhäuser kennen.
 
Zu Beginn des 13. Jahrhundert war es die heilige Elisabeth, die die Wartburg über die Grenzen Thüringens hinaus bekannt machte. Die Tochter des ungarischen Königs heiratete den Landgrafen und lebte nach seinem Tod auf dem Kreuzzug lange als seine Witwe auf der Wartburg. Sie widmete sich den Armen und Kranken und lebte selbst in größter Bescheidenheit.

Im Kampf mit dem Teufel

Von Mai 1521 bis März 1522 versteckte sich Martin Luther als "Junker Jörg" auf der Wartburg, Schutz gab ihm Burgherr. Er übersetzte hier die Bibel, genauer das Neue Testament. Dass Übersetzen ein hartes Brot ist, darauf weist der berühmte - und mehrfach nachgebesserte - Tintenfleck an der Wand hin: Er habe mit dem Teufel gerungen und ein Tintenglas nach ihm geworfen, heißt es dazu. Wahrscheinlich steckte der Teufel im Detail und nicht an der Wand.

Stürmische Studenten

Die Völkerschlacht bei Leipzig war geschlagen, auch mit Hilfe vieler Freiwilliger und Studenten, Napoleon war besiegt, die deutschen Staaten befreit. Doch zog nun Freiheit ein? Eher im Gegenteil, die Fürsten wollten genau da anknüpfen, wo sie die Französische Revolution und Napoleon aus der Bahn geworfen hatte - beim unbeschränkten Absolutismus. Doch da machten die Studenten nicht mit, die Burschenschaften trafen sich am 18. Oktober 1817 auf der Wartburg mit etwa 500 Studenten zum Wartburgfest und forderten Verfassungen und Pressefreiheit und ein einheitliches Deutschland. Erfolg hatten sie damit allerdings nicht, quasi erschöpft zogen sich die Bürger aufs bequeme Kanapee des Biedermeier zurück.

Romantik in der Romanik

Im 19. Jahrhundert blühte der Baustil des Historismus, oder die Baustile müsste es richtig heißen. Neugotische Rathäuser und Justizpaläste im oberitalienischen Renaissance-Look entstanden genauso wie Neoromanische oder gar Neobyzantinische Kirchen. Man besann sich auch der eigenen Geschichte und schwärmte für das Mittelalter. Im Zuge dessen wurde auch an der Wartburg fleißig um- und angebaut und sie erhielt große Teile ihrer heutigen Ausstattung, vor allem die Fresken im Palas, gestaltet von Moritz von Schwind Mitte des 19. Jahrhunderts. Der Palas wurde bereits damals zu einem Konzertsaal umgebaut, der bis heute durch seine hervorragende Akustik besticht - beratend zur Seite stand damals Franz Liszt.
Die Wartburg kann selbstverständlich auch besichtigt werden - und das 365 Tage im Jahr! Noch bis November gibt es die Sonderausstellung "Luther und die Deutschen" zu sehen. Mehr Details bieten die Besucherinformationen auf der Website. Kinder und alle, die keine 60 Kilo auf die Waage bringen, dürfen im Übrigen die Burg auf einem Esel erklimmen.