Shareholder Activism - die wachsende Bedeutung am Standort Deutschland

Dr. Maximilian Degenhart, BEITEN BURKHARDT
Dr. Maximilian Degenhart / Bild: BEITEN BURKHARDT Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Die Bedeutung des Shareholder Activism hat in den letzten Jahren sowohl international als auch in Deutschland an Bedeutung gewonnen. Diese Entwicklung wird sich in der Zukunft fortsetzen und weiter verstärken. Dass es sowohl deutsche Aktiengesellschaften als auch große "Internationals" treffen kann, zeigen jüngste Beispiele wie Ströer, STADA, E.ON, Volkswagen oder Samsung.
 
Aktionistische Aktionäre verfolgen anerkannte Ziele, nämlich möglichst positive Kursentwick-lungen der Aktie der Gesellschaft. Diese Entwicklungen glauben sie durch aktive Wahrnehmung ihrer Aktionärs-, also Eigentümerrechte, forcieren zu können. Die Hebel hierfür sind in erster Linie aktienrechtliche Einflussmöglichkeiten auf Geschäfts- und Personalpolitik der Zielgesellschaften.
 
Warum nimmt die öffentliche Wahrnehmung und die faktische Bedeutung des Shareholder Activism nun hierzulande zu? Deutschland bietet aktionistischen Aktionären ein gutes Umfeld: Sowohl die Anzahl potentieller Zielgesellschaften als auch die vielfältigen Minderheitenrechte des Aktienrechts fördern Shareholder Activism. Daneben erwarten Experten, dass große Private-Equity-Häuser 2017 vermehrt Minderheitsbeteiligungen anstreben um ihr Kapital unterzubringen, wie zum Beispiel im Fall KKR/GfK. Investoren wie diese haben klare Interessen, die oft mit denen anderer aktionistischer Aktionäre übereinstimmen.

Oftmals fehlen Ankeraktionäre

Bei vielen börsennotierten Gesellschaften gibt es keinen Ankeraktionär, der Anteil von freien Anteilseignern mit einer Beteiligungsquote von weniger als 5 Prozent (Streubesitz) ist in vielen Fällen hoch. Hinzu kommt, dass die Quote des auf der Hauptversammlung anwesenden Kapitals im internationalen Vergleich niedrig ist. Schließlich spielt die wachsende Bedeutung von Stimmrechtsberatern (Proxy Advisors) eine Rolle, da diese oftmals die Ziele der aktionistischen Aktionäre teilen.
 
Das deutsche Aktienrecht gibt den aktionistischen Aktionären überdies eine Vielzahl von Minderheitenrechten. Antragsschwellen vor und in einer Hauptversammlung von 5 Prozent und 10 Prozent des gesamten Kapitals können von aktionistischen Aktionären, gegebenenfalls mit Unterstützung von Proxy Advisors (Stimmrechtsberatern) und weiteren beteiligten Private-Equity-Häusern, auch bei größeren Zielgesellschaften überschritten werden. Da die Hürden für Stimmrechtsmitteilungen und Pflichtübernahmeangebote vergleichsweise hoch liegen, wird das Schmieden von Allianzen verschiedener Minderheitsaktionäre begünstigt. Verborgen müssen solche Allianzen freilich nicht bleiben. Gerade die Abstimmung mehrerer Aktionäre hinsichtlich eines gemeinsamen Stimmverhaltens kann Veröffentlichungspflichten nach sich ziehen. In rechtlicher Hinsicht ist hierbei besondere Sensibilität gefragt.

Der Werkzeugkasten der aktionistischen Aktionäre

Die Minderheitenrechte sind im deutschen Aktienrecht großzügig geregelt. Mit 5 Prozent des Aktienkapitals können im Vorfeld von Hauptversammlungen neue Tagesordnungspunkte, Gegenanträge und eigene Wahlvorschläge für den Aufsichtsrat durchgesetzt werden. Möglich ist auch die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung. Auf der Hauptversammlung selbst bestehen weitgehende Auskunftsrechte. Vermehrt zu beobachten ist das Verlangen der Bestellung eines Sonderprüfers oder besonderen Vertreters, da diese (auf Kosten der betroffenen Gesellschaft) weitgehende Auskunfts- und Nachforschungsrechte haben. Effektiven Rechtsschutz hiergegen haben die Gesellschaften kaum.

Soft Power und Abstimmung mit anderen (aktionistischen) Aktionären

Neben den aktienrechtlichen Möglichkeiten haben die aktionistischen Aktionäre freilich auch alternative Möglichkeiten, die Zielgesellschaft zu beeinflussen. So können sich aktionistische Aktionäre beispielsweise direkt an den Aufsichtsrat oder den Vorstand der Zielgesellschaft wenden, um die Unternehmens- oder Personalpolitik zu beeinflussen. Dies ist in der Praxis auch regelmäßig zu beobachten. Oftmals parallel hierzu starten die aktionistischen Aktionäre Pressekampagnen, um zusätzlichen Druck auf die Unternehmensführung aufzubauen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt beginnen aktionistische Aktionäre die Koordination mit anderen Aktionären und - hinsichtlich der nächsten Hauptversammlung - mit Proxy Advisors.

Typischer Ablauf

Die spezifischen Schritte aktionistischer Aktionäre beginnen bei der Suche nach möglichen Zielgesellschaften, dem Ankauf erster, kleinerer Beteiligungen, einem Schreiben an den Vorstand oder Aufsichtsrat und dem Verlangen eines persönlichen Gesprächs mit eben diesem. Gegenstand dieser Gespräche sind oft die Höhe der Dividende, die Gremienbesetzung oder Zu- und Verkäufe konkreter Unternehmensteile. Verlaufen diese Gespräche ergebnislos, erfolgt die nächste (Eskalations-) Stufe, eine parallele öffentliche Kampagne, welche die (vermeintlichen) Versäumnisse des Unternehmens und der Unternehmensführung sowie eigene Ziele in den Vordergrund rückt. Spätestens auf dieser Stufe muss das Unternehmen den aktionistischen Aktionär ernst nehmen und eigene (Defense-) Strategien entwickeln.

Fazit

Gelistete Aktiengesellschaften sollten sich aktiv mit den skizzierten Entwicklungen auseinander setzen. Bei größeren Gesellschaften sind entsprechende Prozesse in der Regel bereits aufgelegt, bei kleineren Aktiengesellschaften besteht hier oftmals Nachholbedarf.
 
Für Investoren bieten sich aufgrund der für sie günstigen Voraussetzungen viele Möglichkeiten. Allein die geschickte, aktive Wahrnehmung der mit dem eigenen Aktienkapital verbunden Rechte kann gerade bei kleineren Gesellschaften schnell zu (faktischem) Einfluss führen. Die Beeinflussung der Unternehmens-, Dividenden,- und Personalpolitik ist bei aktivem und gegebenenfalls koordiniertem Vorgehen ein realistisches Ziel.
Dr. Maximilian Degenhart ist Rechtsanwalt bei BEITEN BURKHARDT in München und Mitglied der Praxisgruppe Bank-/Finanzrecht & Kapitalmarktrecht. Sein Tätigkeitsbereich umfasst neben dem Bank- und Kapitalmarktrecht auch das Gesellschaftsrecht. Er berät nationale und internationale Mandanten insbesondere im Aufsichtsrecht, in Fragen der Kapitalmarkt-Compliance und zu Corporate Governance Themen, bei der Durchführung von Hauptversammlungen sowie in gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten.

Dr. Maximilian Degenhart studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Salzburg, Bonn und Köln und promovierte 2011 an der Philipps-Universität Marburg. Vor seiner Tätigkeit bei BEITEN BURKHARDT arbeitete er als Mitarbeiter eines Mitglieds des Deutschen Bundestages sowie im Konzernvorstandsstab eines börsennotierten Finanzdienstleisters. Seit 2015 ist er bei BEITEN BURKHARDT tätig.

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