Jana Harvey / Bild: RBC BlueBay Asset Management
Indien, Indonesien und Mexiko gehören zu den größten Treibhausgasemittenten der Welt. In allen drei Schwellenländern wurde dieses Jahr gewählt. Was bedeuten die Wahlergebnisse für die nachhaltige Transformation in den Staaten und für Investoren?
Indien – Kampf gegen den Klimawandel bleibt eine Priorität
Indien hat erhebliche Fortschritte beim Ausbau erneuerbarer Energien gemacht. Das Land ist mittlerweile viertgrößter Produzent weltweit. Aufgrund seines schnell wachsenden Energiebedarfs ist es aber nach wie vor überwiegend auf fossile Brennstoffe angewiesen – trotz der ehrgeizigen Ziele und der unterstützenden Politik von Premierminister Narendra Modi, unter dem die Erweiterung der Kapazitäten für erneuerbare Energien zu einer der wichtigsten Prioritäten Indiens wurde.
Mit einem geschwächten Mandat, Bedenken hinsichtlich der Energiesicherheit und einem Fokus auf Wachstum – einschließlich der Ausweitung der Stahlproduktion – scheinen nachhaltige Veränderungen schwieriger.
Die Risiken des Klimawandels betreffen viele indische Wähler. Es ist daher nicht überraschend, dass der Kampf gegen die Erderwärmung in allen nationalen Parteiprogrammen auftauchte. Diese beinhalteten Überlegungen zu erneuerbaren Energien, kritischen Mineralien, Biokraftstoffen und grünem Wasserstoff. Das deutete im Vorfeld darauf hin, dass es unabhängig vom Wahlausgang eine Priorität für das ganze Land bleiben sollte, dem Klimawandel entgegenzuwirken.
Die indische Volkspartei (Bharatiya Janata Party, BJP) ist gezwungen, mit lokalen Parteien zusammenzuarbeiten, um ihre Mehrheit zu sichern. Eine stärker dezentralisierte Regierungsführung erhöht die Wahrscheinlichkeit einer integrativeren Politik, die sich auch auf einen ‚gerechten‘ und nicht nur auf einen wachstumsfördernden grünen Wandel konzentriert.
Indonesien – einen gerechten Übergang sichern
Die indonesische
Wirtschaft hat sich unter Präsident Joko Widodo immer stärker entwickelt
– dank einer umsichtigen Fiskal- und Geldpolitik, die zu hohen
Wachstumsraten, ausländischen Direktinvestitionen und einer Verringerung
des Leistungsbilanzdefizits geführt hat.
Zu den
umweltpolitischen Meilensteinen der scheidenden Regierung gehörten das
JETP-Abkommen (Just Energy Transition Partnership) zur Unterstützung der
Klimawende im Land, die Inbetriebnahme des größten schwimmenden
Photovoltaik-Kraftwerks und das erste Emissionshandelssystem in
Südostasien.
Dennoch sind Indonesiens Ambitionen für den
Übergang laut der Nichtregierungsorganisation Climate Action Tracker
(CAT) unzureichend. Der ehemalige Verteidigungsminister und künftige
Präsident Prabowo Subianto hat nun die wichtige Aufgabe, die ehrgeizigen
Entwicklungsziele des Landes mit ökologischer Nachhaltigkeit, dem
Schutz der Menschenrechte und einem verantwortungsvollen Umgang mit den
bedeutenden natürlichen Ressourcen Indonesiens – große Nickel- und
Kohlevorkommen, Palmöl und Regenwälder – in Einklang zu bringen. Dies
wird keine leichte Aufgabe sein. Die vor der Wahl gemachten Zusagen der
neuen Regierung lassen jedoch darauf schließen, dass sie für Kontinuität
sorgen und sich weiterhin auf die Umwelt konzentrieren will.
Wir
gehen davon aus, dass der Ausbau erneuerbarer Energien und die
Steigerung der Produktion von Biokraftstoffen unter anderem aus Palmöl,
Maniok und Zuckerrohr ganz oben auf der Agenda der neuen Regierung
stehen werden. Dies beinhaltet offensichtliche Risiken für Umwelt und
Menschenrechte, die wiederum künftige Herausforderungen für die
Investitionsrenditen mit sich bringen würden. Wir werden uns daher beim
Thema Entwaldung engagieren und darauf achten, dass der integrative und
gerechte Übergang nicht in den Hintergrund gerät.
Wir erwarten
auch, dass die nächste Regierung daran arbeitet, ihre national
festgelegten Klimaschutzbeiträge (Nationally Determined Contributions,
NDCs) zu verbessern und ihr Netto-Null-Ziel auf 2050 vorverlegt. Eine
solche Entwicklung ist dringend nötig, um Indonesiens Ambitionen für die
nachhaltige Wende zu verstärken – was zu damit verbundenen attraktiven
Investitionsmöglichkeiten führen könnte.
Mexiko – Nachhaltigkeit wieder stärker im Fokus
Die Amtszeit von Präsident Andrés Manuel López Obrador (AMLO) war geprägt von einer Erosion klimarelevanter Maßnahmen und Institutionen. Der Schwerpunkt im mexikanischen Energiemix lag auf fossilen Brennstoffen anstelle von erneuerbaren Energien.
Die jüngste NDC-Aktualisierung für 2022 führte zu laxeren anstelle von ehrgeizigeren Zielen, da die Ausgangswerte nach oben korrigiert wurden. AMLOs Partei Morena hat bei den jüngsten Wahlen einen erdrutschartigen Sieg errungen. Es gibt aber Gründe für die Annahme, dass die Umweltagenda in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird.
Es wird erwartet, dass AMLOs designierte Nachfolgerin und gewählte Präsidentin Claudia Sheinbaum, ehemalige Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt und ausgebildete Klimawissenschaftlerin, die Umweltpolitik weiter oben auf die Tagesordnung setzen wird.
Dass das angeschlagene staatliche Energieunternehmen Pemex jüngst einen Nachhaltigkeitsplan veröffentlicht und sich zur Verringerung der Methanemissionen verpflichtet hat, könnten erste Anzeichen für einen Prioritätenwechsel im Land sein.
Sheinbaum geht davon aus, dass Pemex eine Schlüsselrolle bei der Energiewende in Mexiko spielen wird. Sie schlägt vor, dass das Unternehmen neue, sauberere Technologien einsetzt. Wir haben sowohl mit der Regierung als auch mit Pemex zusammengearbeitet, um Verbesserungen in der Umweltpolitik des Unternehmens anzuregen. Außerdem haben wir Lösungen für die Schuldenproblematik vorgeschlagen. Diese hält die Preise mexikanischer festverzinslicher Anlagen davon ab, die durch ihr Kreditrating implizierten Spreads zu erreichen.
Außerdem hat Sheinbaum jüngst ehrgeizige 13,6 Milliarden Euro für Wind- und Solarenergieprojekte angekündigt. Sie arbeitet an der Ausweitung des nationalen Energieplans von 2030 auf 2050, einschließlich einer möglichen Verpflichtung zu einem Netto-Null-Ziel.
Die langfristige Bedeutung für Anleger
Wir gehen von einer
weitgehenden politischen Kontinuität in Indien, Indonesien und Mexiko
aus. Die Ergebnisse der jüngsten Wahlen könnten aber die Umweltpolitik
voranbringen. Da sich die bestehenden Umweltrisiken und der Umgang damit
zunehmend in den Marktpreisen widerspiegeln, werden die Marktteilnehmer
diese Bemühungen positiv in ihre Risikoeinschätzung einfließen lassen.
Darüber
hinaus dürften ehrgeizigere nationale Pläne Chancen bei den jeweiligen
staatlichen Unternehmen sowie in entsprechenden Unternehmenssektoren
eröffnen, da sich die Akteure nach den nationalen Prioritäten richten.
Es
gibt aber auch Risiken für diesen positiven Ausblick. Wir teilen zwar
die Bedenken des Marktes im Hinblick auf mögliche Verfassungsänderungen
in Mexiko und einer eventuell weniger umsichtigen Haushaltsführung in
Indonesien unter den neuen Regierungen. Gleichzeitig sehen wir sehen
weiterhin durch die kurzfristigen Schlagzeilen hindurch, um attraktive,
mit der nachhaltigen Transformation verbundene Investitionsmöglichkeiten
in allen drei Ländern zu finden.