Green Bonds: Vorteile gründlich prüfen!

Vincent Latour, Nikko Asset Management

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Vincent Latour /Bild: Nikko Asset Management
Das Emissionsvolumen von grünen Anleihen hat im ersten Quartal 2024 ein Rekordniveau erreicht. Sie bieten finanzielle Erträge und messbaren Umwelteinfluss in einem. Wo haben Green Bonds ihre Vorteile und worauf sollte man bei der Auswahl achten?
  • Vorteil durch Transparenz: Die Verwendung der Erlöse ist klar umrissen, und die Emittenten geben in vielen Fällen regelmäßig Auskunft über die Verwendung der Mittel. Dieses Maß an Transparenz erhöht die Glaubwürdigkeit des Nachhaltigkeitsanspruchs der Anleihen.
  • Vorteil durch Unterstützung von Staat und Aufsichtsbehörden: Staaten und supranationale Organisationen unterstützen zunehmend nachhaltige Initiativen und bieten oft Anreize, die die Attraktivität grüner Anleihen erhöhen.
  • Vorteil durch weniger Bedenken als bei herkömmlichen ESG-Investments: Grüne Anleihen verringern das Risiko von Greenwashing durch eine zweckgebundene Zuweisung der Erlöse für nachhaltige Projekte. Anleger können positive Umweltbeiträge leisten, ohne auf Rendite zu verzichten.

Zweistufiger Prüfprozess

Grüne Anleihen sind indes nicht vor Greenwashing-Risiken gefeit. Um derlei Bedenken auszuräumen, sollten sowohl beim Emittenten als auch dort, wo die Erlöse verwendet werden, strenge Prüfungen stattfinden. Unser Prüfprozess soll z.B. in zwei Stufen vor dem Investment sicherstellen, dass die Anleihen einen spürbaren Einfluss auf die Umwelt haben und von Unternehmen ausgegeben werden, die sich der Nachhaltigkeit verpflichtet haben.

Bewertung der Erlösverwendung

Zunächst prüfen wir die Struktur und Auswirkungen der Anleihe. Wir bewerten und messen, wie die Erlöse aus der Anleihe verwendet werden. Dazu gehört eine detaillierte Analyse der Projekte, die mit der Anleihe finanziert werden sollen. Wir suchen nach Belegen für einen greifbaren Beitrag zu Umweltzielen, indem wir sicherstellen, dass die Erlöse sinnvollen und wirkungsvollen Projekten zugewiesen werden, wie z. B. Solar- oder Windparks für ein Versorgungsunternehmen, umweltfreundliche und energieeffiziente Gebäude im Immobiliensektor, saubere Transportlösungen für ein Lieferunternehmen.
 
Des Weiteren bewerten wir die konkreten Auswirkungen der finanzierten Projekte. Eine gängige Kennzahl sind die vermiedenen Treibhausgasemissionen. Diese können jedoch schwer messbar oder vergleichbar sein, wenn es um Projekte im Bereich der biologischen Vielfalt und des Naturschutzes geht. Solche Einschränkungen müssen bei der Bewertung grüner Anleihen berücksichtigt werden.

Bewertung der Nachhaltigkeitsstrategie des Emittenten

Im zweiten Schritt bewerten wir die gesamte Nachhaltigkeitsleistung des Emittenten, dessen Strategie mit dem Zweck der grünen Anleihe übereinstimmen sollte. Dabei sind die Corporate-Governance-Praktiken des Emittenten, seine Umweltpolitik, seine Erfolgsbilanz in Nachhaltigkeitsfragen sowie seine Nachhaltigkeitsziele zu berücksichtigen und sicherzustellen, dass die grüne Anleihe dazu passt. Im Versorgungssektor etwa reicht es nicht aus, dass die Erlöse für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien vorgesehen sind. Wir erwarten auch ehrgeizige Klimaschutzverpflichtungen wie den vollständigen Ausstieg aus der Kohleproduktion, messbare kurz- und mittelfristige Ziele zur Verringerung der Treibhausgasemissionen und greifbare Beweise für eine Umstellung des Energiemixes auf erneuerbare Energien.

Finanzierungsbedarf wächst weiter

Die Emission grüner Anleihen dürfte in nächster Zeit dynamisch weitergehen; der Finanzierungsbedarf des Übergangs wird weiter steigen. Die Einführung der europäischen Standards für grüne Anleihen wird die Messlatte in Bezug auf Transparenz und Glaubwürdigkeit der Erlösverwendung weiter anheben. Die jüngste Einführung des Rahmens für naturbezogene Finanzinformationen durch die TNFD (Task Force on Nature Related Financial Disclosures) dürfte das weitere Wachstum von Anleihen im Zusammenhang mit der biologischen Vielfalt fördern.
 
Fazit: Gründlich geprüft, können grüne Anleihen greifbare und glaubwürdige Umweltauswirkungen in Kombination mit attraktiven Renditen bieten.
Vincent Latour ist Sustainable Investment Specialist bei Nikko Asset Management