Den USA könnte tatsächlich das Geld ausgehen

Mark Dowding, RBC BlueBay Asset Management
Mark Dowding / Bild: RBC BlueBay Asset Management
Können sich Republikaner und Demokraten in den Vereinigten Staaten rechtzeitig auf eine Erhöhung der Schuldenobergrenze einigen? Wir sind skeptisch. Daneben sehen wir weitere Faktoren, die für Schwankungen an den Kapitalmärkten sorgen könnten.
Ein drohendes Drama um die US-Schuldenobergrenze belastet die Stimmung an den Kapitalmärkten. In dieser Woche trafen sich der Sprecher des Repräsentantenhauses, Republikaner Kevin McCarthy, und Präsident Joe Biden zu weiteren Gesprächen – jedoch ohne Erfolg. Der Streit könnte bis zur letzten Sekunde andauern.
 
Es besteht das reale Risiko, dass dem US-Finanzministerium tatsächlich das Geld ausgeht. Sollte dies – möglicherweise schon Anfang Juni – passieren, dürfte die Regierung dem Schuldendienst Vorrang einräumen, um einen Zahlungsausfall und das daraus resultierende Chaos an den Finanzmärkten zu vermeiden. Wir sind bei Risikoanlagen vorsichtig, solange die Situation nicht geklärt ist.

Ist die US-Geldpolitik restriktiv genug?

Der US-Arbeitsmarkt zeigt sich überraschend robust: Die Arbeitslosenquote ist auf 3,4 Prozent und damit auf ein 50-Jahres-Tief gesunken. Die Zahl der monatlichen Neueinstellungen außerhalb der Landwirtschaft fällt mit über 200.000 weiterhin sehr hoch aus.
 
Die Gesamtinflation ist im April zum ersten Mal seit zwei Jahren unter 5 Prozent gefallen. Die Kerninflationsrate liegt jedoch immer noch über 5 Prozent und tendiert seitwärts. Es bestehen daher nach wie vor Zweifel, ob die Geldpolitik restriktiv genug ist, um das 2-Prozent-Ziel mittelfristig zu erreichen.
 
Die Marktteilnehmer gehen derzeit von Zinssenkungen der Fed um insgesamt rund 75 Basispunkte bis Dezember aus. Angesichts der angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt, die sich auf die Löhne und die Dienstleistungsinflation auswirken könnte, scheint dies aber allzu optimistisch.
Darüber hinaus stehen die Ängste vor einer bevorstehenden Rezession im Gegensatz zu den jüngsten Unternehmensgewinnen und der robusten Situation der Verbraucher. Die Berichtssaison für das erste Quartal fiel im historischen Vergleich stark aus und ein jüngst veröffentlichtes Papier der US-Notenbank deutet darauf hin, dass die privaten Haushalte nach wie vor überschüssige Ersparnisse haben, was den Konsum bis Jahresende unterstützen könnte.

Kreditklemme und Bankenkrise

Allerdings mehren sich nun die Anzeichen dafür, dass die restriktive Geldpolitik das Wachstum bremst. Eine aktuelle Umfrage der Fed unter großen Banken hat ergeben, dass die Kreditvergabestandards im ersten Quartal strenger geworden sind.
 
Darüber hinaus drohen die anhaltenden Turbulenzen bei den regionalen Banken ebenfalls zu einer Verschärfung der finanziellen Bedingungen zu führen. Das könnte zu einer allmählichen Verlangsamung der Wirtschaftstätigkeit im Laufe des Jahres beitragen. Sollte es zu einer plötzlichen und abrupten Konjunkturabkühlung kommen und sich die Inflation wie von den Währungshütern gewünscht entwickeln, hat die Fed jetzt reichlich Spielraum, um die Zinsen zu einem geeigneten Zeitpunkt zu senken.
 
Das Zinsniveau liegt höher als 5 Prozent und damit deutlich über dem als neutral wahrgenommenen Satz. Daher könnte eine geldpolitische Lockerung in Schritten von jeweils 50 Basispunkten oder sogar noch schneller erfolgen, wenn die Bedingungen dies rechtfertigen.

Es gehlt die klare Richtung

Grundsätzlich scheinen die Anleger auf eine klarere Richtung zu warten. Einerseits birgt das Risiko einer durch die restriktivere Kreditvergabe der Banken begünstigten ausgewachsenen Kreditklemme die Gefahr einer schnelleren und früheren Verlangsamung der Wirtschaftstätigkeit. Das würde einen geldpolitischen Schwenk der Fed vorverlegen.
 
Andererseits zeigen die jüngsten Wirtschaftsdaten Stärke. Das Narrativ könnte sich daher leicht in die Richtung verschieben, dass die Fed mehr an den Zinsen arbeiten muss, um die Inflation unter Kontrolle zu bringen. Wir erwarten insgesamt mehr Volatilität und eine Risk-off-Phase an den Märkten.
Mark Dowding ist Chief Investment Officer bei BlueBay Asset Management
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