Wirtschaftliche Abkühlung sorgt für nachlassenden Preisdruck

Carsten Mumm, Privatbank DONNER & REUSCHEL
Carsten Mumm / Bild: Privatbank DONNER & REUSCHEL
Die Erzeugerpreise in Deutschland sind im Oktober im Vergleich zum Vormonat erstmals seit April 2020 gesunken – und das unerwartet und deutlich um 4,2 Prozent. Vor allem die Energiepreise gaben mit 10,4 Prozent stark nach. Allerdings sind diese im Vergleich zum Vorjahresmonat durchschnittlich immer noch rund 85 Prozent höher. Auch der Erzeugerpreisanstieg fällt auf Jahressicht mit knapp 35 Prozent weiterhin sehr hoch aus. Dennoch sind das bemerkenswerte Zahlen, denn ähnlich wie bei den kürzlich veröffentlichten Oktober-Inflationsdaten in den USA wurden die Erwartungen erstmals seit Monaten negativer Überraschungen unterboten. Zusammen mit ebenfalls zuletzt sinkenden Großhandelspreisen in Deutschland deutet sich damit ein nachlassender Preisdruck auf Ebene der Unternehmen an, der perspektivisch auch mildernd auf den Verbraucherpreisanstieg durchschlagen sollte.

Kommt die Leitzinserhöhungspause Anfang 2023?

Damit rückt das Überschreiten der Inflationsspitze in Deutschland und der Eurozone etwas näher und könnte schon mit dem Jahreswechsel eintreten. Vor diesem Hintergrund rücken die Schnellschätzungen der S&P-Global-Einkaufsmanagerindizes für Deutschland, die Eurozone und die USA sowie des ifo-Geschäftsklimaindex in den Fokus. Dabei deutet sich an, dass die derzeitige wirtschaftliche Abkühlung mit einem nachlassenden Preisdruck einhergeht. Zwar werden sowohl die EZB als auch die Fed im Dezember wahrscheinlich noch einmal an der Leitzinsschraube drehen, allerdings könnte schon am Jahresanfang 2023 eine Leitzinserhöhungspause auf der Agenda stehen, um die wirtschaftliche Dynamik nicht zu sehr abzuwürgen. Denn geldpolitische Straffungen brauchen einige Monate, um in der Realwirtschaft Wirkung zu zeigen. Angesichts der sehr deutlichen Zinsanhebungen innerhalb vergleichsweise kurzer Zeit bestünde ansonsten die Gefahr einer zu starken wirtschaftlichen Vollbremsung, die auch die Notenbanken nicht ohne weiteres in Kauf nehmen sollten.
Carsten Mumm ist Chefvolkswirt der Privatbank DONNER & REUSCHEL. Er ist verantwortlich für die Erstellung der Konjunktur- und Kapitalmarktprognosen sowie der kapitalmarktrelevanten Publikationen. Zuvor verantwortete er die Vermögensverwaltung für private und institutionelle Kunden, das Management von Spezial- und Publikumsfonds sowie die hauseigenen Research-Tätigkeiten. Der gelernte Bankkaufmann und studierte Diplom-Volkswirt ist seit 1998 im Bereich Kapitalanlage beschäftigt. 2006 qualifizierte er sich zum Chartered Financial Analyst.