Samstag ist der neue Sonntag

Ulrich Kirstein mit der Presseschau am Freitag
Ulrich Kirstein / Bild: BBAG/Killius
Nachdem wir definitiv nicht Europameister geworden sind, hat uns Die Welt jetzt auch noch den Weltmeistertitel entzogen – zumindest „unserem“ Maschinenbau: „Deutschland verliert den Weltmeister-Titel“ lautete die Schlagzeile. Und wer hat uns überflügelt? Chinesische Anbieter haben 2020 erstmals mehr Anlagen exportiert als jene aus Deutschland. Immerhin hegt der Verband die Hoffnung, dass wir 2021 wieder auf die Überholspur zurückkehren. Diese soll jedoch künftig bei 130 gedeckelt werden, die „Industrie rechnet mit Tempolimit“, so das Handelsblatt.

Freitag oder Samstag, Hauptsache Sonntag

Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung hat ihre Ankündigung wahr gemacht und ihre aktuelle Ausgabe bereits am Samstag in den Briefkasten geworfen. Unser Sonntagsfrühstück gibt’s jetzt schon am Samstag. Wir sind verwirrt und hoffen, dass das Beispiel nicht Schule mach: Die Welt bereits am Sonntag mit ihrer Montagsausgabe startet, die Süddeutsche Zeitung am Dienstag die Montagsausgabe folgen lässt, die Augsburger Allgemeine am Mittwoch die Dienstagsausgabe und so fort – das würde nicht nur die Bestückung unseres Medienbretts in der Börse heillos überfordern. Aber vielleicht ist das auch die Vorbereitung für die 4-Tage-Woche: Dann ist Samstag der neue Sonntag und Freitag wie Samstag?

Aufwärts

Ob sich die Grafiker von Börse Online und Focus Money manchmal gegenseitig über die Schulter schauen? Manchmal hat man den Eindruck. Kartellrechtlich scheint das im Gegensatz zur Autoindustrie („Hohe Kartellstrafe für BMW und VW“ hieß es in der Abendzeitung) nicht relevant zu sein. Jedenfalls griffen beide zu einem gezackten Aufwärtspfeil in Blau, um ihr Titelbild zu verschönern. Bei Focus Money hieß es dazu „Diese Aktien steigen weiter!“ mit Kurszielen zwischen 40 und 110 Prozent, bei Börse Online „Mehr Gewinn – Hohe Renditen mit Deutschlands wahren Wachstumswerten“. Immerhin, seit 2013 katapultierte sich der Wachstumswert Nummer 1 um 1.867 Prozent nach oben!

Nuancen

„Die EZB verschafft sich mehr Flexibilität“ berichtete die Börsen-Zeitung, denn künftig lautet das Inflationsziel nicht mehr: „unter, aber nahe 2 Prozent“, sondern: „2 Prozent“. Für das Streichen dieser drei Wörtchen hat sich die EZB 18 Jahre Zeit gelassen! Zeit ist ihr wichtig, denn sie gibt sich mehr davon und will auch bei einer höheren Inflation nicht einschreiten, Hauptsache mittelfristig kommen die 2 Prozent heraus. Das nennt sich dann Symmetrie. Da in den vergangenen Jahren das Inflationsziel 2 Prozent kontinuierlich verfehlt wurde, vermuten wir als Nicht-Notenbanker und Nicht-Volkswirt, dass sie jetzt länger darüber liegen darf, die Zwei steht dann auf Sicht schon.

Sekt oder Selters

Es gab und gibt leider viele Kriege unter den verschiedensten Namen, aber der, mit dem sich die Börsen-Zeitung befasste, klang doch vielversprechend: „Champagnerkrieg mit Russland“ war zu lesen. Nachdem seit 2014 kein europäischer Käse mehr nach Russland eingeführt werden darf, weil Russen offensichtlich ausreichend Käse produzieren, dürfen nun nur noch russische Schaumweine als „Shampanskoe – Champagner“ bezeichnet werden, nicht aber die aus der Champagne eingeführten. Der berühmte französische Champagner wird auf eine Stufe mit profanem Sekt oder gar Prosecco gestellt. Dabei ist es nach Ansicht der Franzosen doch umgekehrt: Champagner darf nur heißen, was als Schaumwein aus der Champagne kommt. So haben sie selbst ein Champagner-Sorbet bei Aldi verboten - kleiner Tipp am Rande: „Verbotenes Sorbet“ wäre auch kein schlechter Name! Nun soll kein echter Champagner mehr nach Russland geliefert werden – aber was trinkt dann die Moskauer High Society zu Kaviar?

Schwarzsehen

„Berlin und München streichen das Wort „Schwarzfahren“ aus ihrem Vokabular, schreibt die Berliner Zeitung BZ. Genauer müsste es heißen, die Stadtwerke in ihren Werbekampagnen. Die Ursache sei die Umstellung auf eine „zeitgemäßere Kommunikation“. Wir wollen das nicht kommentieren, aber es kam uns in den Sinn, als wir über die Schlagzeile der Frankfurter Allgemeinen Zeitung stolperten: „Viel Schwarzarbeit in deutschen Haushalten“, oder, konkreter, im Münchner Merkur: „Putzen meist Schwarzarbeit“. Die Ursache ist uns klar, Handwerkerstunden sind teuer, Steuern und Sozialabgaben tragen ihren guten Teil dazu bei, weshalb wir uns nicht wundern, dass diese Schwarzarbeit in Deutschland weiter verbreitet ist als in der EU: Laut einem zitierten OECD-Bericht sind es in der EU 57 Prozent, in Deutschland 75 Prozent. Bleibt aber die Frage: Ist der Terminus „Schwarzarbeit“ noch zeitgemäß? Und nächstes Wochenende wollten wir in den Schwarzwald fahren, Handwerker beaufsichtigen!