Anleger mit Irrungen, Wirrungen

Ulrich Kirstein mit der Presseschau am Freitag
Ulrich Kirstein / Bild: BBAG/Killius
An der Börse läuft das Jahr 2021 nicht viel anders als 2020: starke Volatilität und hohe Umsätze. Allzeithochs nicht ausgeschlossen, doch unterbrochen von herben Rückschlägen. Von Seiten der Pandemie ergibt sich ein ähnliches Bild wie im Vorjahr: Die Zahl der Infizierten ebbt nicht ab, diejenige der Geimpften nimmt nur langsam zu. Gleichermaßen zäh laufen die Hilfsmaßnahmen für die gebeutelten Branchen an – „16 Millionen Verlust – 10.000 Euro Hilfe“ titelte beispielsweise die Frankfurter Allgemeine Zeitung. „Irrungen, Wirrungen“ von Theodor Fontane fiel uns derzeit als passender Titel ein.

Party auf dem Parkett

Kurioses wenn nicht gar Verrücktes im noch jungen Börsenjahr 2021 machte Andreas Neuhaus im Handelsblatt aus. Da erfreut sich das Pleiteunternehmen Wirecard erhöhter Aufmerksamkeit und sagenhafter Kurssteigerungen (auf bis zu 1,48 Euro). US-Anleger investieren in ein unbekanntes Pharma-Unternehmen, weil sie es mit einem gar nicht börsennotierten, aber fast gleichnamigen, Messenger-Dienstes verwechselten, den Elon Musk empfohlen hatte. Der muss es ja wissen, stieg er doch zum reichsten Mann auf. Auch Trends wie E-Mobilität (Tesla) oder Wasserstoff (Plug Power) halten weiter an. Neuhaus warnt aber, dass diese Euphorie ein hohes Enttäuschungspotenzial berge. Aber noch könne die Party weitergehen – sonst bleibt den Anlegern ja auch wenig Möglichkeit, Partys zu feiern als auf dem Börsenparkett!

Dividende oder Faulbär

Da geben sich die Anlegermagazine diese Woche zurückhaltender: Focus Money macht das Heft mit „Die besten Börsenstrategien 2021“ auf. Am ansprechendsten erschien uns dabei die „Faulbär-Strategie“, die es auf immerhin 7.959 Prozent Rendite seit 1992 brachte. Einmal im Jahr muss man dabei allerdings doch aktiv werden, das wäre vielleicht noch machbar. Börse Online verkündet auf dem Titel „42 Milliarden für Anleger“, die sie aber nicht von der Redaktion erhalten, sondern über Dividenden der „deutschen Top-Unternehmen“ aus der Dax-Familie.

Musik in Wohnimmobilien

Einigermaßen überraschend gibt Jan Schrader in der Börsen-Zeitung Einblick in sein Musik-Know-How: In seinem Kommentar „Singen nach Noten“ geht es allerdings nicht um einen Schlagerwettbewerb und auch nicht um Hausmusik, sondern schlicht um Wohnimmobilien. Die wurden laut Schrader schon des Öfteren besungen, beispielsweise in „Haus am See“  von Peter Fox oder „in the middle of the street“ von Madness. Dem Kommentator geht es um das derzeit hohe Interesse, auch ausländischer Investoren, an deutschen Wohnimmobilien. Dazu fiele uns noch der Song von MIA ein: „Ich hab mir ein neues Haus gesucht.“ Gefunden hat sie dann, laut Songtext, nur ein altes. Treiber dieser Entwicklung seien vor allem die Notenbanken, wodurch deren Namensgebung im doppelten Wortsinn das Loblied auf Immobilien singt.

Schweizer Sturm

Angesichts des unwürdigen Schauspiels in Washington mit der Erstürmung des Kapitols erweckt die Überschrift in der Börsen-Zeitung: „Kleinanleger stürmen Schweizer Börse“ vielleicht falsche Assoziationen. Gemeint war, dass der dortige Aktienmarkt einen großen Zustrom von Privatanlegern erhielt, der Handelsumsatz um 25 Prozent zulegte. Einen nicht unwesentlichen Beitrag dazu leistete allerdings die EU, denn ein Streit zwischen ihr und der Schweiz führte auf Umwegen dazu, dass an allen EU-Börsen Schweizer Titel nicht mehr gehandelt werden können. An der Börse München lagen Schweizer Aktien in der „Nationenwertung“ immer auf den vorderen Plätzen, Zeit, das Kriegsbeil (oder die Armbrust?) endlich zu begraben, gerne auch im Schnee.

Im Artikel erwähnte Wertpapiere

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