Ulrich Kirstein / Bild: BBAG/Killius
Der Dax gab diese Woche wieder leicht nach und pendelt knapp unter 14.000 Punkten – Allzeithochs gabs keine. Ferien in Bayern auch nicht. Wenn schon weder Faschingfeiern noch Skifahren möglich ist, dann eben auch nicht frei, dachte sich der bayerische Kultusminister wohl und löste begrenzte Freude damit aus. Selbst die Aschermittwochsreden wurden nur per Video abgehalten. So meldete sich beispielsweise Bayerns Ministerpräsident Markus Söder aus einer Art bayerischem Wohnzimmer - wie es sich Fernsehleute vorstellen. Die Welt witzelte auf der Titelseite: „Ist das noch Homeoffice oder schon Kanzleramt?“ und im Handelsblatt hieß es "Pappfiguren und die Kanzler-Frage". Das obligatorische Bier musste man als Zuseherin oder Zuseher allein daheim vor dem Bildschirm zu sich nehmen. Eindeutig nicht vor dem Fernseher und noch ohne Pandemie brauten die alten Ägypter ihr Bier, dafür bereits in stattlichen Mengen. Jetzt wurde von Archäologen in Abydos eine Brauerei entdeckt, die es immerhin auf einen Ausstoß von 22.000 Litern brachte und aus der ersten Dynastie unter Pharao Narmer stammte, wie uns die Frankfurter Allgemeine Zeitung wissen ließ. Also noch vor dem Bau der Pyramiden – nüchtern wäre man vielleicht gar nicht auf die Idee gekommen, sie zu errichten? Weniger hübsch fanden wir hingegen die Zeile: "Corona spuckt der Brau-Branche ins Bier" aus Markt und Mittelstand. Gut, dass jetzt Fastenzeit ist...
Extrem: DAX mit 30.000 Punkten
Wir erinnern uns, der Dax liegt gerade unterhalb der 14.000 Punkte-Schwelle. Das hinderte Börse Online nicht daran, den aktuellen Titel mit „DAX 30.000“ aufzumachen: „Deutsche Aktien mit gigantischem Potenzial“, heißt es weiter. Es seien zehn Werte, die den Index bis 2030 antreiben und im Heft erfahren wir auch, dass die 30.000 Punkte Ende 2030 erreicht werden sollten. Wir sind da eindeutig über dreißig und waren neugierig. Es sind eher die „alten Hasen“, die auch auf Dauer reüssieren, haben wir gelernt, aber mehr wollen wir hier nicht verraten. Focus Money hingegen verspricht „Gewinne extrem“ mit Kurschancen von 50%, 100%, 200%, … „mit den stärksten Aktien der Welt“. Ihre Märzausgaben präsentierten die Monatszeitschriften bereits: „Zugreifen! Dividenden“ rät EURO. Das Magazin für Wirtschaft und Geld, während Capital mit einem Luftballon auf dem Cover warnt „Wie gefährlich ist die Blase?“ Wenn wir das wüssten.
Börse im Mantel
Mag es am Winter liegen oder doch eher am steigenden Interesse an Aktien: Börsenmäntel erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Nachdem diese SPACS (Special Purpose Acquisition Companies) bereits in den USA boomen, schwappen sie jetzt auch nach Europa über. Anlegerinnen und Anleger kaufen dabei die sprichwörtliche Katze im Sack: Ob sie zum Tiger oder zur lahmen Ente mutiert, ist im Vorfeld schwer zu sagen. Das Handelsblatt berichtet über „Ex-Unicredit-Chef Mustier arbeitet an Finanz-Spac, die Frankfurter Allgemeine Zeitung über „Ex-Commerzbank-Chef Blessing plant Spac-Börsengang“. Müssen sich Ex-Manager besonders warm anziehen, dass sie zu Börsenmänteln greifen? Die Börsen-Zeitung berichtet von „IPO-Welle greift auf Europa über“. Immerhin können in den USA die „Investoren vor der Akquisition über den Deal abstimmen und ihren Anteil gegebenenfalls zurückgeben“, führt die Börsen-Zeitung aus – wenn sie also denken, dass statt eines Tigers doch nur eine lahme Ente erworben wird.
Bildung und Börse
Die Finanzbildung in Deutschland ist alles in allem ja eher bescheiden, man vertraut dem Sparbuch noch lieber als einem Aktienengagement, auch wenn die jüngst entstandenen Neobroker vielen jungen Leuten die Lust am Wertpapierhandel eingehaucht haben. Da ist es besonders schön, wenn eine Bildungseinrichtung direkt an die Börse geht, noch schöner, wenn sie an die Börse München geht. Über den IPO der Internationalen Schule Augsburg berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung im Wirtschaftsteil: „Eine Schule geht an die Börse“, heißt es da lakonisch. Viele andere Publikationen berichteten ebenfalls darüber, andere mögen gerne folgen, denn dass privates Kapital auch in Deutschland Bildungseinrichtungen guttun würde, sollte sich weiter herumsprechen, gibt es in Deutschland nur einen Rohstoff, und das ist die Bildung. Leider herrscht aber in manchen Kreisen Rohstoffmangel.
Bildung oder Blauer Engel
Bildung kann auch „verbilden“, wie wir beim Lesen einer Pressemeldung feststellen mussten. Weil für uns „Der blaue Engel“ eine mehr als anrüchige Kneipe aus „Professor Unrat“, dem Meisterwerk Heinrich Manns, bedeutet, noch bekannter durch den gleichnamigen Film mit Marlene Dietrich in der Hauptrolle, löste diese Meldung unser Befremden aus: „Unternehmen mit Rechenzentren sollten Beratungsförderung für Blauen Engel in Anspruch nehmen!“? Dass auch der Blaue Engel unter dem Lockdown leiden dürfte und Förderung verdiente, konnten wir noch nachvollziehen, aber was haben Rechenzentren damit zu tun? Bis wir auf das Umweltsiegel „Blauer Engel“ stießen… Apropos Bildung: Was wir definitiv nicht wussten: Die Barbie-Puppen Barbara und Ken heißen wie die Kinder der Erfinderin Ruth Handler, eben Barbara und Ken. Wer es gewusst hat? Capital in der Serie „Pionierinnen der Wirtschaft“. Ihr Mann übrigens hat die zweite Marke des Mattel-Konzern erfunden: die Hot Wheels Autos.