Dienstmädchen-Hausse

Wenn selbst die BILD-Zeitung über Aktien schwärmt

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Von Stephanie Kufner / DHBW Ravensburg
Unwissende Geldanleger fragen oft, wann der richtige Zeitpunkt ist, um Aktien zu kaufen. Dabei ist der Zeitpunkt des Kaufens gar nicht so wichtig. Entscheidend ist vielmehr, die Aktien zum richtigen Zeitpunkt zu verkaufen. Und wann der gekommen ist, wissen alte Börsenhasen genau. Nämlich dann, wenn das Dienstmädchen sich danach erkundigt, ob es jetzt in Aktien investieren sollte, wo sich doch alle Welt eine goldene Nase damit verdiene.

Auch die letzten Skeptiker springen auf den Aktienzug

Um den Zusammenhang zwischen Dienstmädchen und Börse zu verstehen, sind zunächst die Begrifflichkeiten zu klären: eine Hausse ist ein Aufschwung. Das Wort wurde direkt aus dem Französischen übernommen und bedeutet übersetzt Erhöhung. Als fester Bestandteil der Börsensprache steht es für anhaltend steigende Kurse an der Börse - im Gegensatz zur Baisse. Doch was hat das mit einem Dienstmädchen zu tun? Das Dienstmädchen steht hier im Sinne von börsenunerfahren und wenig informiert, Privatanleger, die nur hin und wieder an der Börse aktiv werden. Beide Wörter zusammengesetzt beschreibt die Dienstmädchen-Hausse also steigende Aktienkurse, die aber nicht mehr konjunkturell oder fundamental gestützt sind sondern eigentlich nur noch durch diese zuletzt zugreifenden Anleger verursacht wird.

Anzeichen für einen Börsen-Crash

Die Dienstmädchen-Hausse ist also die  letzte Phase eines Aufwärtstrends. Durch optimistische Prognosen nicht zuletzt auch in den Medien und Ratgebern hat sich herumgesprochen, dass mit Aktien gerade viel Geld verdient werden kann. Um auch am Aufwärtstrend teilzuhaben, beginnen euphorische Marktteilnehmer (Dienstmädchen) mit Spekulation auf hohen Gewinn in Aktien zu investieren. Sie kaufen in der Spätphase des Booms, da sie die Letzten sind, die auf den fahrenden Zug aufspringen. Die Kurse steigen rasant an. Besteht in der breiten Bevölkerung ein ausgeprägtes Interesse für Aktien, ist das Potenzial künftiger Wertsteigerungen jedoch eher gering. Denn „alle“ Menschen im Land besitzen Aktien und keiner kann mehr welche kaufen. In der Folge geht die Nachfrage gegen null, erfahrene Investoren verkaufen ihre Aktien, um Gewinne mitzunehmen und die Kurse fallen. Wenn also das damals "normale Sparvolk" – heute spricht man von Kleinanlegern – in Aktien investiert, signalisiert das meist das Ende der Hausse. Jeder echte Börsianer weiß, was zu tun ist: schleunigst verkaufen. Möglichst leiste und klammheimlich, ohne jemanden zu informieren. Schließlich bezahlen die Letzten, die noch kaufen, die Gewinne der Ersten, die verkaufen. Somit gilt die Dienstmädchen-Hausse als relativ sicheres Anzeichen für einen bevorstehenden Börsencrash.

Vom Boom zum Schwarzen Freitag

Den wenig schmeichelhaften Begriff prägte vermutlich der Börsenboom der 1920er Jahre, vor allem in den USA. Mit dem damaligen industriellen Aufschwung hatte sich ein Spekulationsfieber ausgebreitet. Millionen – auch ärmere – Amerikaner trugen ihre Ersparnisse zur Wall Street und finanzierten Aktienkäufe auf Kredit, weil sie auch ihren Anteil an den dort erzielten Gewinnen haben wollten. Wegen der guten Konjunktur glaubten die meisten an einen lang anhaltenden Boom. Doch im Oktober 1929 lösten Kursverluste eine Verkaufspanik aus und die Kurse fielen ins Bodenlose. Es folgte ein Börsenkrach und der 24. Oktober 1929 ging als Schwarzer Freitag in die Geschichte ein.
 
Studentische Profis: Die Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) im idyllischen Ravensburg bietet optimale Möglichkeiten, um praxisnah und berufsbegleitend zu studieren. Im Wintersemester 2016/2017 besuchten die Studentinnen und Studenten im Studiengang „Medien- und Kommunikationswirtschaft/Unternehmenskommunikation und Journalismus“ den Kurs „Investor Relations“ über Börsenkommunikation. Ihm Rahmen ihrer Ausbildung durften/mussten Sie einen Beitrag für die Rubrik Master schreiben - schließlich lernt man Dinge am besten, wenn man sie lehren muss!