Carsten Mumm / Bild: Privatbank DONNER & REUSCHEL
Mitte Dezember entscheiden die EZB (am 12. Dezember) und die Fed (am 18. Dezember) letztmalig über mögliche Leitzinssenkungen in diesem Jahr. Da beide Zentralbanken ihre geldpolitische Ausrichtung datenabhängig festlegen, stehen diese Woche die zur Veröffentlichung anstehenden Inflationsdaten im Fokus:
In der Eurozone dürfte der Preisniveauanstieg im November erneut leicht zulegen. Die Erwartungen liegen bei 2,3 Prozent für die nominale und bei 2,8 Prozent für die Kernrate – ohne die schwankungsanfälligen Komponenten Energie und Nahrungsmittel. Auch in Deutschland ist mit einem leichten Anstieg der Teuerung zu rechnen, der allerdings vor allem auf Basiseffekte zurückzuführen ist. Insbesondere die Energiepreise werden nur noch leicht inflationsdämpfend wirken, denn bereits im relevanten Vergleichsmonat November 2023 gaben die Rohölpreise deutlich nach. Daher schlagen die voraussichtlich erneut überdurchschnittlich stark gestiegenen Preise für Dienstleistungen deutlicher auf die Inflationsrate durch. Allerdings dokumentierten sowohl die HCOB Einkaufsmanagerindizes für Deutschland und die Eurozone als auch das aktuelle ifo-Geschäftsklima eine deutliche Stimmungseintrübung im Segment der Dienstleister aufgrund gesunkener Neuaufträge bei gleichzeitig anhaltendem Krisenniveau in der Industrie und im Baugewerbe. Die Beschäftigung nahm erneut ab. Vor diesem Hintergrund dürfte die EZB erneut eine kleine Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte beschließen.
Gute Unternehmensstimmung in den USA
In den USA hingegen stieg die Stimmung der Unternehmen gemäß S&P Global Einkaufsmanagerindizes auf den höchsten Stand seit Mai 2022, wenngleich Beschäftigung und Preisdruck leicht schwächer ausfielen. Insbesondere der Dienstleistungssektor weitete die Produktion auf hohen Niveaus erneut aus. Getrieben wurde die verbesserte Stimmungslage der US-Unternehmen durch sinkende Zinsen, eine anhaltend robuste Konjunktur und die Aussicht auf einen wirtschaftsfreundlichen Kurs der künftigen US-Regierung unter Donald Trump. Zwar gab die Industrieproduktion nach, jedoch rechnen Unternehmen im produzierenden Gewerbe mit einer künftig steigenden Nachfrage im Zuge erhöhter US-Zölle. Als Reaktion darauf werden schon heute die Lager gefüllt, wodurch Einkaufspreise bald stärker steigen könnten. Die Fed dürfte in dieser Woche besonders auf den Index der persönlichen Konsumausgaben (PCE-Index) für Oktober achten, der zuletzt auf 2,1 Prozent nachgab. Eine weitere Leitzinssenkung ist damit noch keine ausgemachte Sache. Grundsätzlich sind Wachstum und Auslastung der US-Wirtschaft so hoch, dass kein dringender Handlungsbedarf besteht. Sollte trotzdem ein Zinsschritt nach unten erfolgen, dürfte im neuen Jahr zunächst eine Zinssenkungspause erfolgen, um die Wirkung der künftigen Wirtschaftspolitik auf Beschäftigung und Preise besser einschätzen zu können.
Carsten Mumm ist Chefvolkswirt der
Privatbank DONNER & REUSCHEL.
Er ist verantwortlich für die Erstellung der Konjunktur- und
Kapitalmarktprognosen sowie der kapitalmarktrelevanten Publikationen.
Zuvor verantwortete er die Vermögensverwaltung für private und
institutionelle Kunden, das Management von Spezial- und Publikumsfonds
sowie die hauseigenen Research-Tätigkeiten. Der gelernte Bankkaufmann
und studierte Diplom-Volkswirt ist seit 1998 im Bereich Kapitalanlage
beschäftigt. 2006 qualifizierte er sich zum Chartered Financial
Analyst.