Vorläufiger Höhepunkt im Superwahljahr

Carsten Mumm, Privatbank DONNER & REUSCHEL
Carsten Mumm / Bild: Privatbank DONNER & REUSCHEL
Die hektisch vorgezogene Parlamentswahl in Frankreich ist der kurzfristig größte Aufreger mit deutlichen Auswirkungen auf die Kapitalmärkte.
 
  • Sollte es zu einem deutlichen Sieg des Rassemblement National oder des Linksbündnisses kommen, könnten kurzfristig weitere negative Reaktionen in Form steigender Risikoprämien für Staatsanleihen Frankreichs und anderer Staaten der Eurozonen-Peripherie sowie fallender Aktienmarktnotierungen und eines schwächeren Euro entstehen.
  • Gleichzeitig dürften die Renditen von Bundesanleihen stabil tendieren oder sogar nachgeben, da deutsche Staatsanleihen als sicherer Hafen der Kapitalanlage in unruhigen Zeiten gelten.
  • Wahrscheinlicher ist allerdings eine moderate Reaktion an den Kapitalmärkten, nachdem sich die Risikoprämien in den letzten Wochen ohnehin schon ausgeweitet haben.

Abwartendes Verhalten

Sollte sich beim zweiten Wahlgang am 7. Juli die Möglichkeit einer neuen Regierung unter maßgeblicher Beteiligung von Marine Le Pen & Co. ergeben, dürften Anleger vorerst vorsichtig bleiben und abwarten, welche politischen Forderungen aus dem Wahlkampf tatsächlich in die Regierungsarbeit einfließen. Ein sehr europa- und deutschlandkritischer Kurs oder absehbar deutlich steigende Staatsschulden könnten allerdings stark steigende französische Zinsen forcieren und die neue Regierung schnell unter unerwünschten Handlungsdruck setzen – wie es 2022 der damaligen Ministerpräsidentin Großbritanniens Liz Truss widerfahren ist. Da das Fernziel Le Pens die Wahl zur Staatspräsidentin – als Nachfolgerin Macrons im Jahr 2027 ist – wird sie wohl kaum durch vorschnelle Aktionen, die die Kapitalmärkte in übermäßige Aufruhr versetzen, die Gefahr eines vorzeitigen Strauchelns eingehen. Es ist davon auszugehen, dass eine neue Regierung zunächst einmal Vertrauen aufzubauen versucht, zumal weitere Rating-Herabstufungen bereits in Aussicht gestellt wurden und das jüngst initiierte EU-Defizitverfahren auch Frankreich im Fokus hat.
Carsten Mumm ist Chefvolkswirt der Privatbank DONNER & REUSCHEL. Er ist verantwortlich für die Erstellung der Konjunktur- und Kapitalmarktprognosen sowie der kapitalmarktrelevanten Publikationen. Zuvor verantwortete er die Vermögensverwaltung für private und institutionelle Kunden, das Management von Spezial- und Publikumsfonds sowie die hauseigenen Research-Tätigkeiten. Der gelernte Bankkaufmann und studierte Diplom-Volkswirt ist seit 1998 im Bereich Kapitalanlage beschäftigt. 2006 qualifizierte er sich zum Chartered Financial Analyst.