Japan: Warum der Markt vom politischen Führungswechsel unbeeindruckt

Naoki Kamiyama, Nikko Asset Management
Naoki Kamiyama / Bild: Nikko Asset Management
Japans Aktienmarkt hat gelassen reagiert auf die Ankündigung von Premierminister Kishida, Ende September nicht mehr für den Vorsitz seiner Partei zu kandidieren. Fast ein Dutzend Kandidaten bewerben sich um das Amt – darauf hat die Börse kaum reagiert. Warum ist das so?
Es wird erwartet, dass Kishidas Nachfolger das Unterhaus auflöst, Neuwahlen ausruft und eigene politische Vorstellungen formuliert, die auch Auswirkungen auf Wirtschaft und Märkte haben könnten. Der Markt wartet möglicherweise ab und wird sich erst nach den vorgezogenen Neuwahlen voll auf die Politik des neuen Regierungschefs konzentrieren. Zunächst wird der Fokus darauf liegen, wie viel Unterstützung die Regierungspartei bei den Neuwahlen erlangen kann. Je stärker diese ausfällt, desto mehr Einfluss wird der nächste Premierminister bei der Umsetzung seiner Politik haben. Dies ist insofern von Bedeutung, als der nächste Regierungschef einige von Kishidas Politiken beibehalten könnte, die von den Anlegern als positiv bewertet wurden, z. B. Wachstumsstrategien für bestimmte Branchen (u.a. künstliche Intelligenz, Halbleiter und Raumfahrt) und Initiativen zur Verbesserung der Arbeitsmarkteffizienz.

Markt achtet auf Maßnahmen

Kishida hat lobenswerte Ziele verfolgt, doch seine schwindende Popularität hat ihm erschwert, diese wirksam anzugehen. Daher könnte die Börse positiv auf einen Erdrutschsieg der LDP bei den Neuwahlen reagieren, auch wenn ein solcher zum jetzigen Zeitpunkt unwahrscheinlich erscheint. Der Markt wird vermutlich eher auf Maßnahmen achten, die auf eine kontinuierliche Strukturverbesserung der Wirtschaft abzielen, als auf solche, die eine Konjunktur ankurbeln sollen, welche sich in den Augen vieler bereits auf dem Weg der Erholung befindet.

Geldpolitik dürfte auf Kurs bleiben

Die Kandidaten für das Amt des nächsten Premierministers vertreten unterschiedliche Ansichten zur Geldpolitik. So forderte Digitalminister Taro Kono kürzlich, die Bank of Japan (BOJ) solle die Zinsen anheben. Die Ministerin für wirtschaftliche Sicherheit, Sanae Takaichi, soll dagegen eine Lockerung der Geldpolitik befürworten. Üblicherweise vermeiden es die politischen Entscheidungsträger, sich zu sehr mit der Geldpolitik zu befassen – der verstorbene Premier Shinzo Abe war da eher die Ausnahme als die Regel. Die BOJ dürfte daher ihren Straffungskurs beibehalten. Selbst wenn Entscheidungsträger der neuen Regierung ihre Meinung zur Geldpolitik äußern sollten, dürfte die BOJ diesem Druck lediglich mit formellen Erklärungen begegnen.
Naoki Kamiyama ist Chief Strategist bei Nikko Asset Management: