Steigende Zinsen und Angst am Aktienmarkt

Tobias Knobeloch, Bolesch Analysen
Tobias Knobeloch / Bild: Bolesch Analysen
Es ist wieder so weit. Die positive Stimmung an den Börsen hat gedreht und es herrscht die Angst. Auslöser ist neben Kriegs- und Konjunkturangst die Gefahr von steigenden Leitzinsen in den USA. Die US-Notenbank hat angekündigt, das bestehende Programm zum Kauf von Anleihen Ende März auslaufen zu lassen. Es ist davon auszugehen, dass es bei der Notenbanksitzung im März eine erste Leitzinserhöhung geben wird und im Laufe des Jahres weitere folgen werden. Dies hat im Januar 2022 zu einer Korrektur an den Aktienmärkten geführt. Der MSCI WORLD Index ist im Januar um 5,34 Prozent gefallen, beim US-Index S&P 500 waren es 7,19 Prozent. Der Nasdaq-Index für US-Technologiewerte verlor 13 Prozent vom Hochpunkt Mitte November 2021. Werte aus der High-Tech und Cloud-Branche kommen bereits seit mehreren Monaten mächtig unter die Räder. Bei kleinen bis mittelgrossen US-High-Tech-Werten hat eine Korrektur um teilweise mehr als 50 Prozent stattgefunden. Viele dieser Werte sind aber immer noch keine Schnäppchen.

Antizyklisches Verhalten bei sinkenden Aktienkursen

Der Aktienmarkt ist der einzige Marktplatz, vor dem die Menschen in Panik weglaufen, wenn ein Ausverkauf stattfindet und die Preise fallen. Allerdings ist das Gegenteil, rationales und kühles Verhalten, der Schlüssel zum Erfolg. In Börsenphasen mit sinkenden Kursen ist es wichtig, sich nicht von allgemeiner Panik anstecken zu lassen, sondern die Nerven zu behalten, wenn andere Marktteilnehmer sie verlieren. Ein intelligenter Investor investiert dann in herausragende Unternehmen, wenn sie unter ihrem eigentlichen Wert notieren. Dies ist fast ausschliesslich in Phasen des Pessimismus der Fall. Mit dem Gesamtmarkt werden auch die Aktienkurse von hervorragend aufgestellte Unternehmen nach unten gezogen. Die Aktien solcher Unternehmen können dann zu einem günstigeren Preis gekauft werden.

Auswahl der richtigen Unternehmen

Erfahrene und langfristig ausgerichtete Investoren investieren ausschliesslich in erstklassige Firmen mit starken Cashflows, wenig Schulden und positiven Ertragserwartungen. Das sind Unternehmen mit Alleinstellungsmerkmalen wie ein Monopol oder einem Konkurrenzvorsprung. Es muss voraussehbar sein, dass die Unternehmen in 10 oder mehr Jahren noch existieren und einen höheren Unternehmenswert aufweisen als heute. Da sich die wirtschaftliche Situation für starke Unternehmen nicht so schnell ändert, können auch größere Korrekturen am Aktienmarkt einfach ausgesessen werden. Dabei ist es unabdingbar in Unternehmenswerte zu investieren, deren Produkte verständlich sind und deren Zukunftsaussichten überzeugen.
 
Zu vermeiden sind hoch verschuldete Unternehmen, die in Zeiten steigender Zinsen von der Zinslast erdrückt werden oder sich nicht refinanzieren können. Vorsicht geboten ist auch bei Unternehmen, deren Gewinne und Cashflows aus ferner Zukunft bereits jetzt in den Aktienkurs eingepreist sind. Der Barwert solcher zukünftigen Cashflows wird bei steigender Inflation und anziehenden Zinsen dann deutlich geringer sein. Hier seien Unternehmen aus der Plattform- und Cloud-Economy genannt. Vor der Korrektur wurden für solche Unternehmen gerne Aktienpreise bezahlt, die dem 50- bis 80-fachen des aktuellen Umsatzes entsprechen. Das sind utopische Bewertungen, die bei den wenigsten Unternehmen gerechtfertigt sind.

Fear & Greed Index und Kauf in Tranchen

Es ist davon auszugehen, dass die Volatilität an den Aktienmärkten vorerst sehr hoch bleibt. Langfristig ausgerichtete Investoren werden die Zeiten der grössten Angst nutzen, um Aktien von Unternehmen mit hoher Preissetzungsmacht, starken Bilanzen, wenig Schulden und guten Nettomargen zu kaufen. Wann der Tiefpunkt einer Korrektur erreicht ist, kann niemand vorhersehen. Ein viel genutzter Indikator ist der Fear & Greed Index von CNN Money, welcher die Stimmung der Marktteilnehmer misst. Der Index schwankt zwischen extremer Angst (0) und extremer Gier (100). Während der Index vor einem Monat noch den Wert 63 (Gier) angezeigt hat, zeigt er aktuell einen Wert von 34 (Angst) an. Da das Vorhersehen des Tiefpunktes in den seltensten Fällen gelingt, ist es ratsam, Aktienpositionen in mehreren kleinen Tranchen aufzubauen. Fallen nach einem Kauf die Kurse weiter, ist es so möglich, in kleinen Tranchen weitere Aktien zu kaufen.

Fazit

Zusammenfassend kann gesagt werden, an der Börse wird Erfolg haben, wer kurzfristige Schwankungen am Aktienmarkt ignoriert, die Stärken und Risiken der Portfoliounternehmen gut kennt und nicht blindlings der Masse hinterherrennt. Langfristige Investments in hervorragende Unternehmen werden auch in Zukunft eine bessere und stressfreiere Rendite einbringen als alle anderen Anlageklassen.
Tobias Knobeloch ist Gründer und Chefanalyst von Bolesch Analysen, der Schweizer Plattform für professionelle Aktienanalysen. Er hat mehr als 23 Jahre Erfahrung als Analyst im Wertpapierbereich in Frankfurt am Main und Zürich. Bolesch Analysen bietet professionelles Aktienresearch für Privatkunden auf Basis des Value Investing. Mit den Analysen erhalten deutschsprachige Investoren einen Informationsvorsprung und profitieren von Zeitersparnis bei der Unternehmens-Recherche.

Im Artikel erwähnte Wertpapiere

UC S&P 500 5.126,71 N.A.
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