Funktionierender Aktienhandel braucht Marktkenner

Thomas Posovatz, mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank AG
Thomas Posovatz / Bild: mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank AG
Gerade einmal zwölf Neuzugänge werden die deutschen Börsen voraussichtlich in diesem Jahr verzeichnen, davon nur drei am regulierten Markt. Zwar hat der Primärmarkt für Aktien in ganz Europa unter den großen Unsicherheiten in der Welt gelitten. Doch generell lässt sich sagen, dass der deutsche Primärmarkt für Beteiligungen an Unternehmen auch in diesem Jahr unter seinem Potenzial bleiben wird. Anstatt einer Transaktionssteuer auf Aktiengeschäfte täte dem Finanzplatz Deutschland eine Politik gut, die die Unternehmen in ihrer Finanzierung über die Kapitalmärkte unterstützt.

Erfolgsbilanz von m:access

Was ein funktionierender Kapitalmarkt leisten kann, zeigt m:access, das Marktsegment für den Mittelstand an der Börse München. Die 65 Unternehmen, deren Aktien hier gelistet sind, geben rund 30.000 Beschäftigten Arbeit und kommen zusammen auf eine Marktkapitalisierung von 13 Milliarden Euro. Zusammen haben sie mehr als 100 Kapitalerhöhungen erfolgreich durchgeführt. Eine solche Erfolgsbilanz können nur wenige Plattformen zur Mittelstandsfinanzierung aufweisen.

Alle Akteure müssen an einem Strang ziehen

Eine Börse hat nur durch das Zusammenspiel der unterschiedlichen Akteure Erfolg: Das Unternehmen, das sich an den Kapitalmarkt wendet, muss eine überzeugende Börsenstory aufweisen. Der Börsenbetreiber muss einen attraktiven Marktplatz aufbauen, der neben vielversprechenden Emittenten auch die entsprechenden Investoren anzieht. Und die Skontroführer an den Börsen müssen professionell für Liquidität und einen funktionierenden Handel sorgen.

Die Börse - eine Sache des Vertrauens

Bei den Diskussionen um Börsengänge wird ein Aspekt allzu oft übersehen: Eine Börsenstory beginnt erst mit der Erstnotiz. Auch wenn sich alle Anstrengungen der Emittenten, Kapitalmarktdienstleister, Wirtschaftsprüfer und Anwälte auf den Tag der ersten Börsennotiz richten, entscheidet über den langfristigen Erfolg einer Emission erst der Börsenhandel. Der Emittent muss den Investoren beweisen, wie zuverlässig er agiert und ob er die Anleger dauerhaft für sich interessieren kann. Denn die Börse ist am Ende eine Sache des Vertrauens – der Anleger in die Titel des Emittenten. Entschließt sich ein Unternehmen beispielsweise nach einem erfolgreichen Gang an den Aktienmarkt zu einer Finanzierung über eine weitere Kapitalerhöhung, werden sich die Investoren nicht nur den Kursverlauf anschauen, sondern sich auch die Frage stellen, wie gut die Aktie im Börsenhandel angekommen ist, ob der Titel rege gehandelt wird oder ob er ein Ladenhüter geblieben ist.

Skontroführer sorgen für Liquidität

Gerade für mittelständische Emittenten stellt es eine große Herausforderung dar, genügend Liquidität im Handel mit ihren Aktien aufzubauen. Häufig liegen die Preise für Angebot und Nachfrage – wir Börsianer sprechen von „Geld“ für die Nachfrage nach Aktien und von „Brief“ für das Angebot – so weit auseinander, dass ein Computer damit überfordert ist, die beiden Seiten zusammenzubringen und einen marktgerechten Kurs zu finden.
 
Diese Aufgabe erledigen Skontroführer unter dem Einsatz modernster Technologie. Dabei unterstützt der Computer nur die Tätigkeit der vielen Händler, die in den deutschen Wertpapierhandelsbanken arbeiten. Das werden viele in Zeiten von Digitalisierung, künstlicher Intelligenz und Fintech nicht gerne hören: Doch für die Skontroführung ist nicht der Computer entscheidend. Er bleibt ein Hilfsmittel. Es braucht nach wie vor erfahrene Kapitalmarktexperten, die mit ihrem Know-how, ihrem Marktverständnis und ihrer Kenntnis der Investoren mittelständische Emittenten in ihren Kapitalmarktaktivitäten unterstützen.

Kenntnisse, über die ein Computer nicht verfügt

Diese Aufgabe erfordert eine tiefe Marktkenntnis, Fingerspitzengefühl und eine Vertrauensbeziehung zu den Investoren. Selbstverständlich wird diese Tätigkeit von den Börsenbetreibern und den Aufsichtsbehörden sorgfältig überwacht, um nicht nur Interessenskonflikte und Insiderhandel zu vermeiden, sondern auch um Kursmanipulationen oder Frontrunning, eine Form von Insiderhandel bei der Marktteilnehmer ihr Wissen über das Orderbuch zu ihrem Vorteil ausnutzen, zu unterbinden.
 
Auf diese Weise gewährleisten Skontroführer einen geordneten Handel in Aktien, Anleihen und offenen Investmentfonds. Wie schon gesagt: Die Börse ist und bleibt vor allem eine Frage des Vertrauens.
Thomas Posovatz ist Vorstand für Investor Relations, Kommunikation, Finanzen, Rechnungswesen und Wertpapierabwicklung bei der mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank AG. Nach Stationen bei der Paul Berwein Börsenmakler AG und der Nachfolgegesellschaft S.G. Warburg & Co. gründete Thomas Posovatz zusammen mit drei Kollegen sein eigenes Unternehmen. Von 1993 an bestimmte der Diplom-Kaufmann die Geschicke der MWB Wertpapierhandelshaus AG und führte sie schließlich in die Fusion mit der Fairtrade Finance AG. Damit entstand 2008 eines der größten Skontroführungsunternehmen in Deutschland – die mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank AG.