Der Nikkei könnte deutlich über 30.000 steigen

Shigeru Aoyagi, Nikko AM
Shigeru Aoyagi / Bild: Nikko AM
Der Nikkei steht so hoch wie zuletzt während der großen Blase vor drei Jahrzehnten. Kein Grund zur Nervosität. Wir glauben an weitere Zuwächse denn heute ist einiges anders als damals und Japans Aktienmarkt befinden sich heute in wesentlich gesünderem Zustand als vor 30 Jahren.
Der jüngste Anstieg ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass die Anleger den inneren Wert japanischer Aktien im Zuge der Pandemie neu bewerten. Das Krisenmanagement in Japan bietet dazu einen geeigneten Anlass: Das Land hat seine Infektionsraten ohne strenge Abriegelungsmaßnahmen niedrig gehalten und damit soziale Stabilität während einer globalen Krise unter Beweis gestellt.

Flexibilität und Reformen als Antrieb

Die Pandemie hat außerdem gezeigt, dass japanische Unternehmen in der Lage sind, auf einen „Schwarzen Schwan“ angemessen und flexibel zu reagieren. Es gab Hersteller, die ihre Produktion schnell umstellten, um Masken und medizinisches Zubehör zu produzieren, große Technologieunternehmen, die zu Beginn der Pandemie für einen Großteil ihrer Mitarbeiter Heimarbeit einführten, und Firmen, die mit rapiden Kostensenkungen auf den Umsatzrückgang reagierten.

Auch die japanischen Marktreformen verdienen Aufmerksamkeit. Ein Paradebeispiel ist die Neuausrichtung der Tokioter Börse, deren fünf Sektionen bis 2022 in drei Sektionen umstrukturiert werden. Die Anforderungen an die Börsennotierung hinsichtlich der handelbaren Aktien und der Marktkapitalisierung werden verschärft. Etwa ein Drittel der Unternehmen, die derzeit in der ersten Sektion gelistet sind, laufen Gefahr, aus dieser obersten Klasse zu fallen. Um die neuen Anforderungen zu erfüllen und gelistet zu bleiben, müssen Unternehmen ihre Querbeteiligungen auflösen und ihre Corporate-Governance-Praktiken verbessern. Beides steigert den Shareholder-Value.

Die Blase war damals

Im Jahr 1988 stieg der Nikkei erstmals über 30.000. Seitdem hat sich das Marktumfeld erheblich verändert. Damals befand sich Japans Wirtschaft mitten in einer Blase. Das KGV des Nikkei 225 lag bei stolzen 63x. Derzeit liegt es bei relativ gesunden 19x. Auch das Kurs/Buchwert-Verhältnis lag damals (5,0x) erheblich höher als heute (1,4x).
 
Die Dividendenrendite zeigt ebenfalls, wie deutlich sich die Erwartungen der Aktionäre in den letzten 30 Jahren verändert haben. Im Jahr 1988 lag sie für den Nikkei bei bescheidenen 0,46 Prozent, da die Unternehmen damals keinen großen Wert auf diese Kennzahl legten. Seitdem ist sie auf 2,10 Prozent gestiegen. Noch wichtiger ist, dass der hohe Grad an Überkreuzbeteiligungen, der lange mit Selbstgefälligkeit und laxer Unternehmensführung in Verbindung gebracht wurde, seit seinen Höhepunkt in den 1990er Jahren stark zurückgegangen ist.

Die Trendwende hat erst begonnen

Der japanische Markt scheint heute in einem viel gesünderen Zustand zu sein als damals. Wir glauben sogar, dass japanische Aktien an der Schwelle zu einem umfassenden Comeback stehen und der Nikkei deutlich über 30.000 steigen könnte.
 
Der rasche Anstieg der langfristigen Zinsen Anfang dieses Jahres könnte kurzfristige Korrekturen am breiteren Aktienmarkt auslösen. Wir glauben jedoch, dass die lang erwartete Trendwende bei japanischen Aktien gerade erst begonnen hat und jede Korrektur einen Einstiegspunkt in den Markt bietet. Die 30.000er-Marke dürfte dann nur einer von mehreren Meilensteinen sein, die den Aufstieg des Nikkei markieren.
Shigeru Aoyagi ist Chief Portfolio Manager bei Nikko Asset Management