Manfred Schmid / Bild: BBAG/Killius
Auch wenn wir den Frühling mit Macht herbeisehnen, das Jahr 2021 ist noch jung. An der Börse begann es geradezu euphorisch, der DAX erreichte ein neues Allzeithoch und übersprang die 14.000er Punktemarke. Auch andere Indizes reüssierten, wie unser m:access All Share Index mit seinen 65 mittelständischen Unternehmen, der sogar von Allzeithoch zu Allzeithoch kletterte. Insgesamt entwickelten sich gerade die mittelständischen Gesellschaften besser als die Blue Chips, vernachlässigt man einmal die beliebten US-Techwerte. Das bewies auch der MDax. Er feierte jüngst seinen 25. Geburtstag und konnte seit seiner „Geburt“ tatsächlich mehr als das Doppelte als der Dax zulegen. Die Gründe für die gute Stimmung waren vielfältig: Der Beginn des Impfens gegen Corona, der reibungslose Regierungsantritt von US-Präsident Joe Biden samt der ersten von ihm verkündeten Maßnahmen sowie das Ende der schier unendlichen Brexit-Geschichte setzten positive Impulse zu Jahresbeginn.

Es hagelte Rückschläge

Aber die positiven Börsenkurven sackten immer wieder ab, die Rücksetzer sind nicht zu unterschätzen. Gut 600 Punkte lagen zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Schlusskurs in den ersten zwei Monaten. Und auch hierfür gibt es nicht wegzudiskutierende Ursachen: Die Mutationen des Corona-Virus, die gerade in Deutschland offensichtlich fehlenden Impfdosen und seltsam anmutende Impfstrategie und auch erste negative Folgen des Brexit im Handel mit Großbritannien dämpften die Stimmung von Konsumenten wie Unternehmern. Nur die Industrie zeigte sich optimistisch, wie der jüngste ifo-Geschäftsklimaindex belegte, doch viele andere Branchen darben. 2021 wird es einen Wirtschaftsaufschwung geben, darin sind sich die meisten Volkswirte einig, doch er wird sich hinauszögern und er wird den BIP-Rückgang von 2020 nicht vollständig aufholen. Aktionäre wissen das: Um einen BIP-Rückgang von 5 Prozent aufzuholen, reicht ein Zuwachs von 5 Prozent nicht aus.

Konzentration auf Chancen

Die Anleger erkennen auch bei kleineren Unternehmen große Chancen. Als ein typisches Beispiel (und keinesfalls als Anlageempfehlung missverstanden) sei nur die Landshuter Endor AG erwähnt, die es hinsichtlich der Anzahl der Trades immerhin an der Börse München 2020 auf Rang 11 geschafft hatte und im Februar 2021 anhand des Orderbuchvolumens auf Rang sechs der meistgehandelten deutschen Titel landete. Das auf Gaming spezialisierte Unternehmen – es stellt High-End-Lenkräder zum Spielen her – mit einem Umsatz von etwa 90 Mio. Euro konnte den Börsenkurs seit März 2020 mehr als verfünffachen! Was tun, wenn viele Möglichkeiten zum Ausgehen oder für den Urlaub stark eingeschränkt oder unmöglich sind? Da bietet sich der Heim-PC an, um in ferne Welten einzutauchen, ohne sich bewegen zu müssen. Gaming, Software, Online-Handel, es gibt eindeutig Branchen, die von der derzeitigen Situation stark profitieren, und es müssen nicht immer die altbekannten Großen wie Amazon, Facebook, Tesla, Apple oder auch BionTec, Hellofresh und Co sein. Aber es gibt auch viele Unternehmen, die noch immer ganz besonders leiden, solange wir uns von Lockdown zu Lockdown hangeln, von der Reise- über die Luftfahrt bis zu den Zulieferern. Also jetzt das gesamte Depot umschichten?

Vorsicht geboten

Hier ist meiner Ansicht nach Vorsicht geboten. Zum einen sind die Kurse der Profiteure unserer Bewegungslosigkeit bereits stark und überproportional zu den Unternehmensgewinnen gestiegen, zum anderen werden gerade die jetzt leidenden Branchen von einem Ende der Pandemie in besonderem Maße profitieren. Die Sparquote in Deutschland, die in der Regel um und unter 10 Prozent pendelt, soll 2020 laut Auskunft des Bankenverbandes BVR bei einem Rekordwert von 17 Prozent liegen! Viele gerade junge Menschen haben die Börse eher zur Spekulation als zur langfristigen Geldanlage entdeckt und überwiegend Gewinne erzielt - wenn sie sich nicht mit GameStop und ähnlichem verzockt haben. Alles in allem stehen die Zeichen auf ein starkes Ansteigen des Konsums, wenn Geld auch wieder ausgegeben werden kann und wir uns unsere Sehnsüchte zumindest auf materiellem Gebiet wieder erfüllen können.

Langfristige Trends beobachten

Es gilt jetzt also, das Depot nicht einseitig umzuschichten auf Werte, die aktuell im Trend liegen. Vielmehr sollte das Augenmerk mittelfristig auf Branchen gerichtet werden, die von einem erneuten Aufschwung besonders profitieren dürften und langfristig Erfolge versprechen. Unternehmen, die sich ESG-konform aufgestellt haben, denn Nachhaltigkeit wird mehr als nur ein kurzfristiger Trend sein.
Manfred Schmid ist Leiter der Marktsteuerung der Börse München und leidenschaftlicher Börsianer seit mehr als 40 Jahren. Er schrieb in unserer "Einfach Börse" Reihe "Die Macht der Dividende - in wachstumsstarke Unternehmen investieren". Sein jüngstes Online-Seminar zum Dividendenthema ist auf unserer Youtube-Seite hier abrufbar.

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