Norbert Betz / Bild: BBAG/Killius
Das Wort Trend kennt jeder, und hat es in irgendeinem Zusammenhang schon erfahren, wenn zum Beispiel das Kind neue Turnschuhe oder angesagte Markenklamotten »brauchte«. Auch an der Börse spielen Trends eine große Rolle. Man versteht dann darunter eine langfristige Entwicklung der Märkte nach oben oder nach unten. Für Anleger ist dabei wichtig, in welchem Stadium ein Trend gerade verläuft. Stehen wir noch ganz am Beginn, stecken wir mittendrin oder sind wir kurz vor einer Trendumkehr?
Im Prinzip bedeutet ein Trend also nichts anderes, als dass die Mehrheit an der Börse eine veränderte Einstellung zu einer bestimmten Asset-Klasse (lieber Aktien als Bonds, lieber Gold als Industrierohstoffe…), einer Branche (Industrie 4.0 statt Old Economy, Social Media statt Internet…) bis zu einzelnen Aktien durch Käufe oder Verkäufe manifestiert.
Nicht diffus sondern klar: Trends erkennen
Wie aber spürt der Anleger solchen Trends nach? Eine Möglichkeit zur Erklärung bietet die
Diffusionstheorie. Sie wird gerne im Marketing angewandt und beschreibt das Verhalten von Konsumenten. Welche Entscheidungen zur Wahl, zur Annahme oder Adaption, wie die Psychologie es nennt, eines Produktes führen, soll mit ihrer Hilfe geklärt werden. Wie schnell setzen sich Neuerungen durch und wie sind die Kommunikationsbedingungen? Welche Innovationen finden wir so toll, dass wir sie annehmen, welche verschwinden wieder in der Versenkung? Wie rasch etwa ersetzten Smartphones normale Handys und wie schnell ging ein Weltkonzern wie
Nokia deshalb unter und erlebte
Apple seinen Aufstieg.
Die 5 Phasen der Innovationsannahme
Wir schlagen aber keinesfalls bei jeder Innovation/jedem Trend sofort zu, vielmehr gibt es fünf Phasen mit 5 typischen Konsumenten/Anlegern:
- Phase 1: Risikofreudige, solvente Innovatoren erkennen das Neue; sie sind hartgesotten, investieren mit Vision und wissen: »scheitern gehört dazu«.
- Phase 2: Frühe Investoren werden auf den Trend aufmerksam, die Kurse steigen an der wall of worry.
- Phase 3: Die frühe Mehrheit springt auf den Zug auf. Sie ist tendenziell risikoavers, fühlt sich aber durch die breite Berichterstattung und steigende Kurse bestärkt. In dieser Phase kommt es häufiger zu Kursrücksetzern, in denen die Zittrigen aus dem Markt geschüttelt werden.
- Phase 4: Die späte Mehrheit kauft, weil man beim »Thema des Jahrzehnts« dabei sein will. Neuemissionen, Auflage von Spezialfonds, etc. sorgen für regelmäßige Berichterstattung. Aus Zuversicht wird Euphorie.
- Phase 5: Erste Kursabstürze und evidente Risiken beenden den Trend. Jetzt kaufen häufig die Zauderer, welche in den Phasen 3 und 4 keinen Einstieg gefunden haben und jetzt die »billigen« Kurse nutzen wollen.
Handlungsempfehlungen für Anleger
Was heißt das aber jetzt konkret für Anleger? Versuchen wir es in ebenfalls fünf Punkten, wenn wir schon beim Aufzählen sind, und setzen ein Ausrufezeichen dahinter:
- Trends an der Börse halten meist länger als man denkt, erst die Euphorie versetzt ihnen den Todesstoß!
- In frühen Trendphasen kann man Kursrückgänge aussitzen, in fortgeschrittenen sollte man Gewinnsicherungsmaßnahmen einleiten (wie Stop-Loss)!
- Wenn wir einen Trendmarkt in einer frühen Phase entdeckt haben, lohnt es auch, in vermeintliche Höchstkurse zu investieren!
- In Spätphasen können wir trotz Medienrummel und todsicheren Tipps von Freunden gelassen von außen zusehen, wie er bald umkippt!
- Jeder neue Trend setzt neue Wertungen und Handlungsmuster, Chancen werden überbewertet, Risiken ausgeblendet, Kurs-Gewinn-Verhältnisse schießen ins Astronomische, das verstärkt und verlängert Trends an der Börse!
Welche Trends die Zukunft auch bringt, verstärken oder absägen mag, man sollte sich als Anleger positionieren und je nachdem mit oder – wesentlich schwieriger – dagegen laufen.
Norbert Betz, Leiter der Handelsüberwachung an der Börse München, setzt sich seit Jahren mit den Psychofallen an der Börse auseinander: als leidenschaftlicher Trader wie als distanzierter Marktbeobachter, als Referent und Autor. In seiner Serie zeigt er die Fallen auf, in die wir Anleger so gerne hineintappen, und gibt Tipps, wie sie vermieden werden können
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