Dr. Klaus Bauknecht / Bild: IKB Deutsche Industriebank AG
Fazit: Die Stimmung mag sich im Oktober leicht verbessert haben. Deutschland bleibt jedoch gefangen in einem grundsätzlichen Stimmungstief und strukturellen Wachstumshemmnissen, was sich in einer nachhaltigen Investitionsschwäche dokumentiert. Überraschend ist dies nicht, denn seit nunmehr zehn Quartalen stagniert die deutsche Wirtschaft, und die Bundesregierung fokussiert sich immer noch auf Sparen, die Schuldenbremse und wenig wachstumsfördernde Staatsausgaben. Der aktuell vom Bundeswirtschaftsminister vorgeschlagene Deutschlandfonds bzw. eine Investitionsprämie ist deshalb dringend notwendig. Der Fonds selbst würde nicht die strukturellen Themen direkt adressieren. Doch er hat durch den Fokus auf private wie öffentliche Investitionen die Kapazität, der Wirtschaft zu einem angebotsseitigen „Kickstart“ zu verhelfen und so die Grundlage für eine erfolgreiche Umsetzung von Reformen zu schaffen.
Konjunkturell braucht Deutschland Wachstumsimpulse und strukturell sind Reformen gefordert. Das eine geht nicht ohne das andere. Denn kurzfristige Wachstumsimpulse sind nötig, um Strukturwandel zu ermöglichen. Gerade deshalb ist die aktuelle konjunkturelle Flaute von besonderer Bedeutung, bzw. hat einen längerfristigen Einfluss, der auch das Potenzialwachstum negativ beeinflusst. Denn eine Konjunkturbelebung gibt Investitionen Auftrieb, die wiederum die Grundlage von strukturellen Veränderungen und höherem Wachstumspotenzial sind. Aktuelle Argumente, Deutschland benötige vor allem Strukturreformen und keine Konjunkturstimulierung, sind deshalb nicht zielführend. Angesichts der aktuellen Investitionszurückhaltung ist für Deutschland eine Konjunkturbelebung mit vollen Auftragsbüchern notwendig, damit erforderliche Investitionen finanzierbar sind.
Aufgrund der aktuellen Konjunkturlage würde eine keynesianische Politik höhere Staatsausgaben und eine Ausweitung des Haushaltsdefizits befürworten. Die USA waren hiermit in jüngste Zeit erfolgreich, ein „hard landing“ der US-Wirtschaft infolge der restriktiven Zinspolitik zu verhindern. Die deutsche Wirtschaft stagniert nun schon seit 10 (!!!) Quartalen, und es gibt immer noch keine Anzeichen für eine Stimmungsaufhellung. Im Gegenteil: Das ifo Geschäftsklima als bedeutendster Stimmungsindikator zeigt einen stabilen negativen Trend, auch wenn sich das heute veröffentlichte ifo-Geschäftsklima leicht verbessert hat. Im Oktober bewerten die Unternehmen ihre Lage und ihren Ausblick etwas weniger pessimistisch als im Vormonat.
Jüngste Werte könnten auf eine Stabilisierung hindeuten, allerdings auf niedrigem Niveau, was weder Wachstum noch Transformation ermöglichen wird. Angesichts des negativen Trends dürften selbst mehrere Monate mit einer Erholung nicht für eine schnelle Belebung ausreichen, und sie sollten nicht als Grund für eine fiskalische Passivität angesehen werden. Es gilt den negativen Trend entscheidend zu brechen. Es sind auch nicht nur die inländischen Unternehmen, deren Stimmung Pessimismus zeigt. Ein aktueller Bericht der Bundesbank führt an, dass sich ausländische Direktinvestitionen am Standort Deutschland seit 2022 deutlich reduziert haben, (siehe
Robuste deutsche Direktinvestitionen im Ausland – weniger Direktinvestitionszuflüsse nach Deutschland | Deutsche Bundesbank) und Länder wie Frankreich oder Spanien, bezogen auf ihre Wirtschaftsleistung, mehr Fremdkapital aus dem Ausland erhalten als Deutschland.
Keine Frage: Die Wirtschaft dümpelt schon viel zu lange vor sich her, als dass sie aus eigener Kraft zügig an Dynamik zulegen könnte. Zudem geht es nicht nur um einen Konjunkturimpuls, sondern auch um die Stärkung des schon länger sinkenden Potenzialwachstums. Für beides braucht es einen spürbaren Investitionsschub. Angesichts der schlechten Stimmung werden sinkende Zinsen sowie das Warten auf eine globale Erholung nicht ausreichen. Selektive Anreize zu schaffen und abzuwarten, ist ohne konkrete Konjunkturimpulse ebenfalls wenig zielführend. Es braucht eine klassische Keynesianische Stimulierungspolitik mit Fokus auf die Angebotsseite, um der Wirtschaft wieder mehr Dynamik zu verleihen. Diverse Initiativen der Bunderegierung, wie das Wachstumschancengesetz und die Wachstumsinitiative, reichen nicht aus, auch wenn sich die Bundesregierung einen deutlichen Wachstumsschub erhofft. Denn diese Maßnahmen sind eher Feinadjustierungen, die zwar in die richtige Richtung gehen, aber den entscheidenden schnellen Durchschlag für Investition nicht bringen werden.
Investitionsfonds als Impulsgeber?
Der maßgebliche Impuls könnte dagegen mit der Umsetzung des neuen Vorschlags vom Wirtschaftsminister (
BMWK – Update für die Wirtschaft – Impuls für eine Modernisierungsagenda), einen „Investitionsfonds“ zu gründen und Investitionen mit 10 Prozent zu subventionieren, gelingen. Damit würde die Rendite des investierten privaten Kapitals ansteigen, was die Attraktivität des Standorts verbessert. Nachhaltig erfolgreich ist dies jedoch nur dann, wenn dieser Fonds mit einem konsequenten Abbau von Investitionshemmnissen einhergeht (siehe
Konjunkturerholung: Verschnaufpause oder erhöhter Handlungsdruck?). Dies gilt vor allem auch deshalb, weil der Investitionsfonds auf fünf Jahre begrenzt sein soll. Nur in Kombination mit dem Abbau struktureller Defizite kann die Investitionsquote nachhaltig und mit Hilfe des Fonds ausreichend gesteigert werden. Es ist richtig, dass der Fonds die eigentlichen Probleme bzw. Investitionshemmnisse nicht grundlegend adressiert. Das ist auch gar nicht sein Ziel. Es geht darum, die Investitionsblockade zu durchbrechen, damit strukturelle Reformansätze zum Tragen kommen, also eine Art „Kickstart“ für die Wirtschaft sicherstellen. Wichtig sind in diesem Zusammenhang auch Infrastrukturinvestitionen, die ebenfalls durch den Fonds finanziert werden sollen. Denn sie bringen einen direkten positiven Einfluss für das Wachstum. Bei Subventionen ist dieser eher indirekt und hängt weiterhin von der Investitionsentscheidung des Privatsektors ab, was den kurzfristigen Erfolg beeinflussen könnte.
Ist die Schuldenbremse auch eine Wachstumsbremse?
Nun wird an dem Vorschlag u. a. kritisiert, dass damit erneut die Schuldenbremse umgangen wird. Diesbezüglich hat das BMWK eine klare Meinung: „Die Schuldenbremse ist in ihrer jetzigen Form eine Investitions- und Wachstumsbremse“ (
BMWK – Update für die Wirtschaft – Impuls für eine Modernisierungsagenda). Verhindert die Schuldenbremse eine expansive Fiskalpolitik in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten, wäre sie in der Tat eine Wachstumsbremse, die zudem die Resilienz der Wirtschaft deutlich reduzieren würde. In Krisenzeiten kann sie jedoch ausgesetzt werden. Damit steht sie nicht im Widerspruch zu einer keynesianischen Fiskalpolitik – zumindest in schwierigen Zeiten. Eine über Jahre anhaltende Stagnation und De-Industrialisierung sollte in diesem Zusammenhang ebenso als Krise gelten wie ein kurzfristiger konjunktureller Einbruch. Deutschland befindet sich in einer Krise, und die Schuldenbremse muss aktuell ausgesetzt werden. Jetzt ist keine Zeit zu sparen, sondern es ist die Zeit, zu investieren!
Die Schuldenbremse ist dagegen nur teilweise eine Investitionsbremse. Sie wird aber zur Bremse, wenn Investitionen durch weniger produktive Ausgaben zurückgedrängt werden. Somit ist sie eigentlich kein effektives Instrument, dem Staat gewisse Grenzen aufzuzeigen. Denn sie verhindert weder einen möglichen Anstieg wenig produktiver Staatsausgaben noch eine steigende Steuerlast. Grundsätzlich sollte der Fokus nicht auf Sparen, sondern auf Investitionen liegen. Und weder der Staat noch der Privatsektor muss sparen, um zu investieren.
Dr. Klaus Bauknecht ist als Chefvolkswirt der
IKB Deutsche Industriebank AG verantwortlich für die volkswirtschaftlichen Analysen, Prognosen und Einschätzungen der Bank und schreibt dort auch im eigenen
IKB-Blog.
Zudem lehrt der promovierte Volkswirtschaftler an der Nelson Mandela
University in Südafrika. Zuvor arbeitete er in verschiedenen leitenden
Positionen anderer Banken und im südafrikanischen Finanzministerium. Er
schreibt zu aktuellen und übergeordneten Konjunktur-, Volkswirtschafts-
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