Joachim Spiering / Bild: HRK LUNIS
Feststoffbatterien gelten als die Zukunft der Energiespeicherung. Sie versprechen eine höhere Energiedichte, schnellere Ladezeiten, eine längere Lebensdauer und sie sind sicherer als die herkömmlichen Lithium-Ionen-Batterien. Kein Wunder also, dass der endgültige Durchbruch der E-Mobilität erst dann sattfinden wird, wenn die Feststoffbatterie serienreif ist. Das wird zwar noch einige Jahre dauern, doch der Wettlauf hat längst begonnen. Autokonzerne, Batteriehersteller und Start-ups kämpfen um die beste Technologie in dem kommenden Millardenmarkt. Laut Beratern von Porsche Consulting beläuft sich das Marktpotenzial allein der Zellhersteller bis 2035 auf 200 Milliarden Euro. Bei der Material- und Zulieferindustrie seien weitere 150 Milliarden Euro zu erwarten. Und der Maschinenbau, der sich auf die Ausrüstung der neuen Gigafactorys konzentriert, kann mit Umsätzen von 70 Milliarden Euro rechnen.
Im Folgenden haben wir die wichtigsten Fakten zu dem Zukunftsmarkt zusammengefasst.
Die Akteure und ihre Strategien
- Volkswagen ist eine Produktionskooperation mit dem US-amerikanischen Unternehmen QuantumScape eingegangen. Das Ziel dieser Partnerschaft ist die Herstellung von Akkus mit einer Gesamtkapazität von bis zu 40 Gigawattstunden (GWh) pro Jahr, mit einer möglichen Erweiterung auf bis zu 80 GWh. Diese Kapazität würde ausreichen, um rund eine Million Elektrofahrzeuge pro Jahr zu versorgen. Ein konkreter Zeitplan für die Massenproduktion wurde jedoch noch nicht genannt. VW ist mit ca. 17 Prozent an QuantumScape beteiligt und hat über 300 Millionen US-Dollar in das kalifornische Start-up investiert.
- BMW und Ford arbeiten gemeinsam mit Solid Power an der Weiterentwicklung der Feststoffbatterietechnologie. Ein Demonstrationsfahrzeug von BMW, das mit Feststoffbatterien ausgestattet ist, soll noch in diesem Jahr vorgestellt werden. BMW hält knapp 6 Prozent an Solid Power, Ford rund 6,5 Prozent.
- Mercedes kooperiert mit der taiwanesischen Spezialfirma ProLogium. ProLogium plant den Bau seiner ersten europäischen Fabrik in Nordfrankreich. Der Bau der 48-GWh-Fabrik in Dünkirchen soll im zweiten Halbjahr 2024 beginnen und die Produktion Ende 2026 starten.
- Toyota hat eine Kooperation mit dem japanischen Energiekonzern Idemitsu Kosan. Die Serienproduktion einer neuen „Wunderbatterie“ für Elektrofahrzeuge ist ab 2028 möglich.
- Nissan hat eigenen Angaben zufolge einen „Durchbruch“ erzielt und den Prototyp einer Produktionsanlage gestartet. Die Serienreife ist für 2028 geplant.
- TDK aus Südkorea plant, den ersten Batterie-Prototypen für Elektroautos im Jahr 2025 zu präsentieren.
- Panasonic will bis 2029 die Serienproduktion von Feststoffbatterien für Industrieanwendungen, wie Drohnen und Roboter, starten.
- CATL, der chinesische Batterieriese, plant die Produktion von Feststoffbatterien ab 2027.
Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Unternehmen und Kooperationen, die die Feststoffbatterie zur Serienreife bringen möchten.
Die Technologie hinter Feststoffbatterien
Eine Feststoffbatterie ist, wie die bisherigen Batterien für Elektroautos, eine Lithium-Ionen-Batterie. Sie besteht aus vier Hauptkomponenten: der Anode (Minuspol), der Kathode (Pluspol), dem Elektrolyten und dem Separator (Trennschicht zwischen Anode und Kathode).
- Beim Entladen trennen sich in der Anode negativ geladene Elektronen von den Lithium-Ionen und wandern über das Stromkabel zur Kathode, wodurch Strom erzeugt wird. Gleichzeitig schwimmen die Lithium-Ionen durch den (flüssigen) Elektrolyten zur Kathode, wo sie sich mit den Elektronen verbinden.
- Beim Laden fließen die Elektronen über das Ladekabel von der Kathode zurück zur Anode. Gleichzeitig wandern die Lithium-Ionen durch den Elektrolyten und den Separator zur Anode, bis diese voll ist mit Lithium-Ionen und Elektronen.
Im Unterschied zu herkömmlichen Lithium-Ionen-Batterien, die flüssige oder gelartige Elektrolyte verwenden, kommen in Feststoffbatterien feste, elektrisch leitfähige Materialien wie Keramiken oder Kunststoffe zum Einsatz. Durch die Nutzung dieser festen Elektrolyte können alternative Anoden-Materialien verwendet werden, wie z.B. Lithium anstelle von Grafit und Silizium, was zu einem deutlich höheren elektrochemischen Potenzial führt.
Vorteile und Risiken von Feststoffbatterien
Vorteile
- Schnelle Ladezeiten: Feststoffbatterien können doppelt so schnell geladen werden wie herkömmliche Batterien.
- Höhere Reichweiten: Mit einer Energiedichte von bis zu 1.200 Wh pro Liter können Feststoffbatterien eine deutlich höhere Reichweite bieten als die derzeitigen Batterien (700) und sogar Benzin (900).
- Längere Lebensdauer: Feststoffbatterien haben eine Lebensdauer von bis zu 500.000 Kilometern.
- Höchste Brandsicherheit: Da Feststoffbatterien keine flüssigen Elektrolyte enthalten, sind sie weniger brandgefährdet.
- Umweltfreundlicher Sie speichern mehr Energie bei geringerem Materialeinsatz.
Nachteile:
- Keine Serienreife. Die Produktion von Feststoffbatterien in großen Mengen zu erschwinglichen Preisen ist derzeit noch nicht möglich. Derzeit gibt es lediglich Prototypen.
- Kosten. Viele Experten erwarten höhere Kosten im Vergleich zu den aktuell verbauten Akkus.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass erst Feststoffbatterien der Elektromobilität den maßgeblichen Schub geben werden. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Zwar ähneln sich die Konzepte aller Akteure, im Detail sind sie aber zum Teil sehr unterschiedlich. Noch ist nicht abzusehen, wer als erster den Schritt zur Serienreife schafft und welche Zell-Technologie sich am Ende durchsetzen wird.
Anleger sollten sich daher gedulden und nicht vorschnell in diesen spannenden Markt investieren. Die bessere Strategie ist, die Entwicklung genau zu beobachten und erst dann zu investieren, wenn sich die Profiteure klar erkenntlich herausschälen.
Joachim Spiering ist Analyst und Mitglied der
HRK LUNIS Denkfabrik