Christophe Pouchoy / Bild: LFDE - La Financière de l’Echiquier
Seit Mitte Juli 2024 kam es bei Technologiewerten zu erheblichen Gewinnmitnahmen. Hintergrund war vor allem die starke Outperformance des Sektors in den letzten 18 Monaten, die von Impulsen aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) angetrieben wurde. Diese Gewinnmitnahmen sind eine logische Entwicklung und kommen nicht unerwartet. Nach einer Phase der allgemeinen Begeisterung achten Investoren nun sehr viel genauer darauf, welchen konkreten Beitrag KI künftig zu den Unternehmensergebnissen leisten wird.
Makroökonomischer Paradigmenwechsel
Diese Situation ist auch Ergebnis eines makroökonomischen Paradigmenwechsels. Der Markt wendet sich zunehmend vom Szenario einer sanften Landung der Wirtschaft ab und richtet sich auf ein schwierigeres Umfeld und die Möglichkeit einer Rezession ein. Wenn tatsächlich eine Rezession eintritt und die Anleger eine Verkleinerung ihrer Aktienpositionen zugunsten defensiverer Assetklassen wie Anleihen und/oder Geldmarkttitel ins Auge fassen, sind Gewinnmitnahmen bei Werten mit guter Performance zu erwarten. Im aktuellen Fall betrifft das den Technologiesektor.
Gleichwohl wäre es zu kurz gegriffen, die Entwicklung von Technologiewerten auf ihre Korrelation mit dem makroökonomischen Zyklus zu reduzieren. Jeder Teilbereich des Technologiesektors hat seinen eigenen Zyklus: Halbleiter für den Automobilbereich und die Industrie durchlaufen derzeit die Mitte bzw. das Ende einer Baisse, während am Markt für Smartphones und Computer eine zaghafte Erholung zu beobachten ist. Halbleiter für Rechenzentren wiederum befinden sich inmitten einer Hausse. Diese Zyklen korrelieren stärker mit der Entwicklung der Bestände bei den Endkunden und innerhalb der Vertriebsketten.
Solide Trends
Auch wenn die Gewinnmitnahmen bei
Nvidia und
Broadcom oder bei Akteuren am Speichermarkt möglicherweise einige Anleger verschreckt haben, sind die zugrunde liegenden Trends weiterhin solide und gut ausgerichtet. So haben die Vorstände von
AMD,
Nvidia,
Marvell und
Broadcom bestätigt, dass die starke kundenseitige Nachfrage ihre Ergebnisse über mehrere Quartale hinweg stützen dürfte. Nvidia-CEO Jensen Huang spricht sogar von einer „unglaublichen Nachfrage“ nach der neuen Generation von KI-Prozessoren der Blackwell-Reihe, die Ende des Jahres auf den Markt kommen soll.
Hyperscaler, die großen Anbieter von Cloud-Diensten, haben ihre für 2025 geplanten Investitionsausgaben im Durchschnitt um +9 Prozent erhöht. Entgegen den Bedenken mancher Anleger, dass die Nachfrage nach KI-Servern sinken und sich der Bau neuer Rechenzentren verlangsamen könnte, gab der CEO von
Oracle zudem eine sehr optimistische Prognose für die Anzahl der Rechenzentren ab, die das Unternehmen bauen kann. Darüber hinaus haben mehrere Softwarehersteller und Anbieter von Managementdiensten für Cloud-Infrastruktur berichtet, dass der Beitrag von KI zu ihren Unternehmensergebnissen zunimmt. Dieser Sektor dürfte von der zweiten Welle der KI-Monetarisierung, der Edge AI, profitieren.
Edge AI – die nächste Welle
Edge AI wird KI über mobile Endgeräte und vernetzte Objekte in industriellen Umgebungen in das echte Leben einbinden. Das wird zu einer Beschleunigung des Produktinnovationszyklus führen, von der wiederum die Hersteller technischer Geräte profitieren. Über die KI hinaus dürfte es in anderen Technologiesegmenten auch zu weiteren Innovationen kommen, etwa im Bereich der selbstfahrenden Autos und Elektroautos, der Medizinrobotik und der Weltraumtechnologien. Wir sind daher auch weiterhin davon überzeugt, dass technologische Innovation ein langfristiger Trend ist, der die Möglichkeit bietet, Wachstum zu erzielen und an zukünftigen Entwicklungen teilzuhaben.
Christophe Pouchoy ist Fondsmanager bei
La Financière de l’Echiquier (LFDE).
La Financière de l’Echiquier (LFDE) wurde 1991 gegründet, im Juli 2023
von LBP AM übernommen und ist eine der bedeutendsten und dynamischsten
Fondsgesellschaften Frankreichs. LFDE verwaltet ein Vermögen von 12,2
Milliarden Euro (per 30.11.2023) und beschäftigt in ihren
Niederlassungen in Deutschland, Österreich, Spanien, Italien, der
Schweiz und den Benelux-Ländern über 140 Mitarbeiter.
Haftungsausschluss
Die ausgedrückten Meinungen entsprechen den Einschätzungen des Autors.
LFDE übernimmt dafür keine Haftung. Die genannten Unternehmen und
Sektoren dienen als Beispiele. Es ist nicht garantiert, dass sie im
Portfolio enthalten bleiben.