Jüngste Wachstumsinitiative: Ausreichend für die Stimmungswende?

Dr. Klaus Bauknecht, IKB Deutsche Industriebank AG
Dr. Klaus Bauknecht /Bild: IKB Deutsche Industriebank AG
Fazit: Die deutsche Wirtschaft steckt in einer Zwangsjacke aus negativen Erwartungen. Dies belastet nicht nur den kurzfristigen Ausblick, sondern infolge fehlender Investitionen auch das Potenzialwachstum am Standort Deutschland. Das aktuelle ifo Geschäftsklima deutet nicht auf eine Entspannung hin. Somit besteht weiterhin dringender Handlungs- und Reformbedarf für einen Neustart. Die jüngste Wachstumsinitiative der Bundesregierung geht hier sicherlich in die richtige Richtung, aber reicht nicht aus. Denn es braucht immer noch einen spürbaren Konjunkturschub, damit die angekündigten Maßnahmen zum Tragen kommen. Und gerade dieser Schub bleibt weiterhin fraglich. Die IKB erwartet eine stagnierende deutsche Wirtschaft im Jahr 2024 und ein nur marginales Wachstum im Jahr 2025.
Die Stimmung in Deutschland bleibt fest im Sog sich negativ verstärkender Einschätzungen zu Politik und Wirtschaft. Die Bundesregierung startet deshalb einen neuen Anlauf: Nach dem Wachstumschancengesetz kommt nun die Wachstumsinitiative, die der Angebotsseite der Wirtschaft mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen neue Impulse geben soll (2024-07-08-wachstumsinitiative-data.pdf (bundesregierung.de). Viele der einzelnen Maßnahmen mögen positiv bewertet werden, dienen sie doch der Verbesserung der Anreizstruktur in der Wirtschaft. So gibt es z. B. bessere Abschreibungsbedingungen sowie Anreize, auch im „hohen Alter“ zu arbeiten bzw. grundsätzlich mehr zu arbeiten. Auch die Anstöße für eine Fachkräftezuwanderung sind erwähnenswert ebenso wie günstigere Strompreise. Zudem gibt es die übliche Aussage zum Bürokratieabbau sowie zur Vereinfachung der Unternehmersteuer.
Ob die Wachstumsinitiative ausreicht, um den negativen Trend der Stimmung und der Investitionen zu stoppen, bleibt hingegen fraglich. Dies liegt auch daran, weil die Maßnahmen – so richtig sie vielfach auch sein mögen – keine grundsätzliche Aufbruchstimmung vermitteln. Im Gegenteil, sie werden nur mit einer sich erholenden Wirtschaft voll zum Tragen kommen. Ein Konjunkturimpuls zusammen mit der Wachstumsinitiative der Bundesregierung kann zu mehr Dynamik führen. Die Initiative allein bringt aber im Umfeld der negativen Stimmung und einem reaktiven Investitionsverhalten keine grundlegenden Veränderungen. Es braucht einen konjunkturellen Anstoß. Auch wenn konjunkturelle Impulse häufig als weniger bedeutend für strukturelle Anpassungen bzw. das Wachstumspotenzial angesehen werden – ohne eine ausreichend spürbare Konjunkturbelebung werden veränderte Anreizstrukturen nur begrenzt Erfolg haben. Dies gilt gerade im Umfeld einer sich festigenden negativen Stimmung in der Wirtschaft.
Dr. Klaus Bauknecht ist als Chefvolkswirt der IKB Deutsche Industriebank AG verantwortlich für die volkswirtschaftlichen Analysen, Prognosen und Einschätzungen der Bank und schreibt dort auch im eigenen IKB-Blog. Zudem lehrt der promovierte Volkswirtschaftler an der Nelson Mandela University in Südafrika. Zuvor arbeitete er in verschiedenen leitenden Positionen anderer Banken und im südafrikanischen Finanzministerium. Er schreibt zu aktuellen und übergeordneten Konjunktur-, Volkswirtschafts- und Marktthemen.
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