Produktinformationsblatt

Ohne Risiken und Nebenwirkungen: Der "Beipackzettel"

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Seit dem 1. Juli 2011 sind die Finanzinstitute dazu verpflichtet, ihren Kunden bei der Wertpapierberatung ein Produktinformationsblatt auszuhändigen. Schnell hat sich für dieses Papier zum Wertpapier die Bezeichnung „Beipackzettel“ eingebürgert und tatsächlich soll es den Kunden ja auf die „Risiken und Nebenwirkungen“ der entsprechenden Anlage hinweisen, wobei dann gerne die Chancen zu kurz kommen.
Die Intention der Politik war dabei aller Ehren wert, denn die Anleger sollten damit vor undurchsichtigen und kompliziert formulierten Produkten geschützt werden - siehe auch Grauer Markt! Deshalb müssen in den Blättern Risiken und Chancen in leicht verständlicher Sprache beschrieben sein. Für die Banken sind die Informationen rechtlich bindend, sie haften für die Angaben auf dem Zettel. Die Produktinformationsblätter müssen bereits bei der Beratung über das jeweilige Produkt ausgehändigt werden – also nicht erst beim tatsächlichen Kauf des Produktes durch den Anleger.
 
Auch wenn es für viele Berater erst einmal „lästig“ erscheint, einen solchen Beipackzettel auszuhändigen, kann er durchaus sinnvoll in die Beratung mit einbezogen werden. Denn so erhält der Kunde eine Art auf ihn persönlich zugeschnittenes Anlageeinmaleins. Gerade für noch wenig versierte Kunden ein echter Vorteil. Allerdings, was bei komplizierten Finanzprodukten wie Zertifikaten sicherlich notwendig ist – auf maximal drei Seiten die Funktionsweise in einfachen Worten zu erklären – kann sich für Einzel-Aktien als durchaus problematisch gestalten. Auf drei Seiten die Zukunftsfähigkeit und die Chancen eines Unternehmens, seiner Produkte, seiner Innovationen und seines Managements abschätzen – jederzeit aktuell, das stellt hohe Anforderungen an das Research. Wie solche Informationen auch für Aktien etwa von kleineren und mittleren Unternehmen vorgehalten werden können, so dass diese bei der Beratung nicht benachteiligt werden, dazu schweigt sich der Gesetzgeber leider aus.
 
In einer bereits Ende 2012 durchgeführten Befragungsaktion auf Veranlassung des Deutschen Aktieninstituts (DAI) kam heraus, dass nur für knapp 60 Prozent der DAX-Werte die Banken überhaupt solche PIBs vorhalten, bei MDAX-Werten sind es nur noch 15 Prozent und bei sonstigen Prime-Standard-Aktien (SDax, TecDax zum Beispiel) nur noch 6 Prozent. Nicht überraschend stellten deshalb über 50 Prozent der Banker fest, dass die Beratung in Einzeltitel „abgenommen“, „deutlich abgenommen“ beziehungsweise gar „nicht mehr statt“ findet.
 
Insofern schützt das PIB jetzt letzten Endes den Anleger vor der Beratung an sich – und das kann wiederum nicht wirklich die Intention der Politik gewesen sein.

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