Warum britische Vermögensverwalter doppelt so profitabel sind wie deutsche

Alberto Cuccu, Objectway
Alberto Cuccu /Bild: Objectway
Der britische Markt für Vermögensverwaltung wächst stetig, während deutsche Finanzinstitute beim Wachstum stagnieren. Banken in der UK investieren mehr in Digitalisierung und erzielen dadurch etwa doppelt so hohe Renditen wie in Deutschland. Zudem nutzen sie das Potential der Zusammenarbeit mit Fintechs, um Kosten zu senken und die Effizienz zu steigern. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen deutsche Banken sich an ihren britischen Konkurrenten orientieren, die Digitalisierung sowie Partnerschaften mit Fintechs vorantreiben, und vor allem eine Innovationskultur fördern.
Finanzinstitute in Großbritannien erzielen europaweit die höchsten Umsätze – Tendenz steigend. Bis 2029 wird eine jährliche Wachstumsrate von 9,69 Prozent prognostiziert, im Vergleich zu nur einem Prozent in Deutschland.  Der britische Markt ist dabei Vorreiter in der digitalen Transformation: Technologien wie KI, Robotic Process Automation und Cloud-Plattformen haben sich längst etabliert. So nutzt bereits die Hälfte aller britischen Banken künstliche Intelligenz, gegenüber nur 25 Prozent der deutschen Vermögensverwalter.  Die Folge: Finanzdienstleister in Großbritannien verzeichnen mit etwa elf Prozent deutlich höhere Kapitalrenditen als deutsche Banken mit etwa sechs Prozent.  Britische Banken haben schon früh das Potential erkannt, das in der Zusammenarbeit mit Fintechs und spezialisierten Finanzdienstleistern liegt. Der globale FinTech-Anbieter für Banken, Vermögensverwalter und Asset Manager ist mit über 20 Kunden und einem verwalteten Volumen von mehr als 200 Milliarden Pfund ein Marktführer im britischen Wealth Management Sektor. Seit über 30 Jahren entwickelt das Unternehmen ganzheitliche Finanzlösungen und ermöglicht Vermögensverwaltern auf diese Weise, Effizienz und Kundenzufriedenheit zu optimieren und junge Anlegergruppen anzusprechen.Viele Finanzinstitute in Deutschland hingegen haben den digitalen Aufschwung verpasst und stehen nun vor der Herausforderung, mit den wachsenden Erwartungen technik-affiner Verbraucher und dem Wettbewerbsdruck von agileren Fintechs Schritt zu halten. Um den Anschluss nicht gänzlich zu verlieren, müssen sie schleunigst mehr in Digitalisierung investieren, agiler werden und vor allem eine Innovationskultur fördern, bei der Wachstum im Fokus steht.

Während britische Banken auslagern, bleiben deutsche Finanzinstitute konservativ

Eine Ursache für die Andersartigkeit des deutschen und britischen Finanzmarktes ist der unterschiedliche Regulierungsrahmen der jeweiligen Finanzmärkte. Deutsche Institute unterliegen einem hohen Maß an Zentralisierung mit Fokus auf langfristiger Finanzstabilität und Anlegerschutz. Britische Behörden hingegen verfolgen einen prinzipienbasierten Ansatz, der vielmehr Marktintegrität und Wettbewerb fördert. Dadurch hat sich eine vielfältige Vermögensverwaltungslandschaft in Großbritannien etabliert: Es gibt mehr unabhängige Bankinstitute mit maßgeschneiderten Finanzlösungen, die einen aggressiveren Anlageansatz verfolgen. Folglich sind auch die Anleger offen für neue Finanzprodukte. So wird die Altersvorsorge zum Beispiel überwiegend privat geregelt, während in Deutschland noch das öffentliche Rentensystem dominiert. Viele deutsche Banken verfolgen einen konservativen Ansatz und bevorzugen Stabilität gegenüber Disruption und Expansion. Das beeinträchtigt jedoch ihr Wachstum und schafft Platz für neue Konkurrenten auf dem Markt. Auf diese Weise haben sich in Deutschland Neobroker- und Banken wie N26 und Trade Republic etablieren können, die Millionen neuer Kunden der Generation Y und Z angezogen haben. Britische Banken haben hingegen früh das Potential erkannt, das in der Zusammenarbeit mit Fintechs steckt. So lagern sie immer mehr einzelne Geschäftsbereiche oder Prozesse an spezialisierte Partner aus. Wir arbeiten seit über 30 Jahren mit markführenden Finanzinstituten aus der UK zusammen und unterstützen sie bei der digitalen Transformation. Diese internationale Expertise ist auch für unsere deutschen Kunden von Vorteil, die wir auf ihrem Weg zur Innovation unterstützen.

Briten investieren doppelt so viel in Digitalisierung wie Deutsche – und haben einen größeren ROI

Mit einem Gesamtvolumen von 8,47 Billionen US Dollar ist Großbritannien der umsatzstärkste Vermögensverwaltungsraum in Europa. Ein wesentlicher Treiber hierzu ist die Bereitschaft der Briten zu digitalen Innovationen. Britische Banken haben früh Technologien wie Hyperautomatisierung, Personalisierung und KI integriert, um Abläufe zu rationalisieren und manuelle Arbeitskosten zu reduzieren. Ein Großteil unserer britischen Akteure im Finanzsektor investieren maßgeblich in die Digitalisierung. So sind britische Finanzinstitute nicht nur bei der Integration von künstlicher Intelligenz führend, sondern investieren zu 80 Prozent auch bereits in Cloud-Technologien. Die Investitionen zahlen sich aus: der ROI britischer Finanzdienstleister liegt bei ganzen zehn Prozent, während er in Deutschland nur bei vier Prozent liegt. Doch in den letzten Jahren ist auch auf dem deutschen Markt ein Wandel zu spüren. Robotic Process Automation (RPA) wird von internationalen Banken weithin eingesetzt, um repetitive und monotone Aufgaben zu automatisieren und dadurch die Betriebskosten erheblich zu senken. Wir beobachten auch eine steigende Nachfrage unserer deutschen Kunden nach der Migration in die Cloud, um Kosten zu sparen, Skalierbarkeit zu erreichen und die Disaster-Recovery-Fähigkeiten zu verbessern. BPaaS-Lösungen werden aufgrund ihrer Skalierbarkeit, Kosteneffizienz und Agilität ebenfalls immer beliebter. Dieses Modell verbessert die Compliance, passt sich schnell an Marktveränderungen an und ermöglicht es Institutionen, sich auf ihre Kernaktivitäten zu konzentrieren, indem komplexe Prozesse an spezialisierte Anbieter ausgelagert werden.

Deutsche Banken brauchen neue Innovationskultur und höhere Digitalisierungsbudgets

Umgekehrt können internationale Konkurrenten jedoch auch von deutschen Banken lernen. Finanzinstitute in Deutschland sind gegenüber wirtschaftlichen Schocks sehr widerstandsfähig – das ist ein großer Wettbewerbsvorteil. Auch bei grünen Investitionen und der Ausbildung von Personal dienen sie als Vorbild. Dennoch muss sich schleunigst ein Mentalitätswechsel vollziehen, wenn Finanzinstitute in Deutschland den Rückstand aufholen wollen. Hierzu muss vor allem eine Kultur gefördert werden, die auf Innovation statt auf langfristiger Stabilität beruht. Dazu müssen Finanzunternehmen bereit sein, mehr in Digitalisierungsvorhaben zu investieren. Ein Differenzierungsmerkmal wird die Zusammenarbeit mit Fintechs sein. Finanzinstitute müssen sich auf einen vertrauensvollen Partner verlassen, wenn sie nicht über alle Ressourcen verfügen, um sich eine digitale Umstellung eigenständig leisten zu können. Die Zusammenarbeit mit Fintech-Unternehmen und die Einrichtung spezieller Innovationszentren können die rasche Entwicklung und Einführung neuer digitaler Dienstleistungen vorantreiben, was zu Kosten- und Zeiteinsparungen führt. So erhalten Unternehmen die Chance, sich zu entfalten.
Alberto Cuccu ist Chief Operating Officer International des globalen FinTech-Anbieters für Banken, Vermögensverwalter und Asset Manager Objectway. Als ein globaler TOP-100-FinTech-Anbieter (IDC FinTech Rankings) verwaltet Objectway über 1 Billion Euro an Vermögenswerten und unterstützt mehr als 100.000 Anlageexperten (Finanzberater, Privatbankiers, Kundenbetreuer) bei der Verwaltung von über 700 Milliarden Euro AUM für mehr als 5 Millionen Anleger. Der Umsatz der Gruppe übersteigt 100 Millionen Euro (GJ 2022) und zu den Kunden zählen mehr als 200 führende Banken, Vermögensverwalter, Asset Manager und Versicherer in der gesamten EMEA-Region. Objectway verfügt über eine globale Organisation mit über 800 Geschäfts- und Technologieexperten, die von Niederlassungen in Italien, Großbritannien, Belgien, Deutschland, der Schweiz, Frankreich, Irland, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Kanada aus arbeiten.