Indiens Aktienmarkt weiterhin sehr aussichtsreich

Anuja Munde, Nikko AM
Anuja Munde / Bild: Nikko AM
Das Wahlergebnis in Indien hat Missstände in den Fokus gerückt, um die sich die Regierung Modi wird kümmern müssen. Reformen und Konjunktur weisen jedoch in die richtige Richtung: Entgegen den Erwartungen hat die Bharatiya Janata Party (BJP) von Premierminister Modi bei den indischen Parlamentswahlen die Mehrheit verfehlt. Bei den letzten Wahlen 2019 hatte die BJP noch deutlich mehr Sitze gewonnen. Die politische Koalition unter Führung der BJP konnte immerhin die Sitzmehrheit erringen und wird die Regierung stellen.

Not im ländlichen Raum, Arbeitsplätze fehlen in großem Umfang

Indien Wählerschaft ist offenbar mit der Arbeitslosigkeit und Inflation unzufrieden. Das Wachstum ist nach wie vor stabil, aber es scheint eine Diskrepanz zwischen dem Haushaltskonsum und dem realen BIP-Wachstum zu geben. Nach der Pandemie erholte sich vor allem die Nachfrage im Wohlstands- oder Premiumsegment, während die nach Gütern des Einstiegs- und Massenmarktes gedämpft blieb.
 
Menschen in den unteren Einkommensklassen hatten es nach der Pandemie schwer, und die begrenzte steuerliche Unterstützung hat die Situation noch verschärft. Um die Vorteile des Wirtschaftswachstums auszuweiten und die Einkommensunterschiede zu verringern, braucht Indien eine breite Erholung des Investitionszyklus, da das Baugewerbe neben der Landwirtschaft der größte Jobmotor ist. Die Regierung wird sich stärker auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und den Ausbau des verarbeitenden Gewerbes konzentrieren müssen, sollte aber ihren Fokus auf die Entwicklung der Infrastruktur und Digitalisierung beibehalten.

Staatsausgaben könnten sich ändern

Das Wirtschaftswachstum wurde von Investitionen angeführt, die teilweise durch Regierungsinitiativen gefördert wurden, während der Konsum zurückblieb. Das Wahlergebnis könnte zu einer teilweisen Neuausrichtung der Staatsausgaben führen, hin zu Subventionen auf Kosten einiger Investitionen kommen. Kurzfristig aber sehen wir keine nennenswerten Auswirkungen und auch keine Abweichung von dem Haushaltsdefizitziel. Sollte die Regierung reflationäre Maßnahmen ergreifen, könnte dies zu einer langsameren Haushaltskonsolidierung führen. Die Reformen auf der Angebotsseite werden wahrscheinlich fortgesetzt, während sich die der Faktormärkte als schwierig erweisen könnten.

Fundamentaldaten bleiben stark

Die wirtschaftlichen Fundamentaldaten sind nach wie vor robust. Das Tempo der Regierungs- und Verwaltungsreformen dürfte beibehalten werden. Die komplexeren Reformen in den Bereichen Land und Arbeit bedürfen jedoch einer größeren Konsensbildung.
 
Die kurzfristige Unsicherheit ist groß und der politische Hintergrund hat sich geändert. Die allgemeine Richtung der Reformen und makroökonomischen Faktoren ist jedoch unverändert. Das längerfristige Potenzial der indischen Aktienmärkte schätzen wir weiterhin sehr positiv ein.
 
Die weitere politische Richtung wird sich anhand des endgültigen Haushalts beurteilen lassen, der Anfang Juli aufgestellt werden dürfte. Die erste 125-Tage-Agenda der neuen Regierung wird ein Schlüsselereignis sein, das die kommenden Wirtschaftsreformen vorgeben wird. Wir gehen davon aus, dass der Schwerpunkt auf Digitalisierung, Infrastruktur, Industrialisierung und Governance-bezogenen Reformen liegen wird.

Fokus auf Unternehmen mit nachhaltigen Renditen und positivem Wandel

Kurzfristig dürften Indiens Aktienkurse schwanken. Mittelfristig erwarten wir jedoch einen starken Investitions- und Kreditzyklus der Unternehmen und dass die angehäuften inländischen Ersparnisse in Aktien fließen und den Konsum weiter ankurbeln. Längerfristig gesehen, könnte dies ein günstiger Zeitpunkt sein, um qualitativ hochwertige Unternehmen in Indien zu bewerten. Wir konzentrieren uns weiterhin auf Unternehmen mit hohem freien Cashflow, geringer Verschuldung und hohen Renditen. Derzeit sehen wir günstige Gelegenheiten bei den großen Banken des Privatsektors, im Automobilsektor und bei Kommunikationsdienstleistern.
Anuja Munde ist Asian Equity Senior Portfolio Manager bei Nikko Asset Management