Indien emanzipiert sich von anderen Schwellenländern

Beate Meyer, Manish Modi und Projit Chatterjee, UBS Asset Management
Beate Meyer und Projit Chatterjee / Bild: UBS Asset Management
Die Mammutwahlen in Indien, die sich über mehr als sechs Wochen erstrecken, haben die Halbzeit erreicht. Mehr als 900 Millionen Menschen sind berechtigt, in über einer Million Wahllokalen ihre Stimme abzugeben. Zu der Wahl der Superlative gesellt sich das Bestreben Indiens, ein globales wirtschaftliches Kraftzentrum zu werden. Wir werfen unseren Investoren-Blick in das bevölkerungsreichste Land der Erde und erklären, warum Anleger an Indiens wirtschaftlichem Aufstieg partizipieren sollten.

Premierminister Narendra Modi bewirbt sich um eine dritte Amtszeit in Folge und verspricht, das zu Ende zu bringen, was er und die regierende Bharatiya Janata Party (BJP) begonnen haben: die schnell wachsende Wirtschaft in den nächsten fünf Jahren zur drittgrößten nach den USA und China zu machen und „Viksit Bharat 2047“ zu schaffen – Indien ein Jahrhundert nach seiner Unabhängigkeit zu einem entwickelten Land zu machen. Laut einer kürzlich durchgeführten Morning Consult-Umfrage ist Modi mit einer Zustimmungsrate von 76 Prozent im eigenen Land die beliebteste Führungspersönlichkeit der Welt.

Indien profitiert von vielen Faktoren

Viele Faktoren tragen zum Aufstieg Indiens bei, und genau diese Faktoren machen Indien auch zu einem attraktiven langfristigen Investment, das über aktuelle Schlagzeilen hinausgeht. Indiens Wirtschaft wuchs im letzten Geschäftsjahr (zum 31. März) um 7,6 Prozent und wird nach Angaben der indischen Zentralbank (Reserve Bank of India, RBI) im laufenden Geschäftsjahr voraussichtlich um 7 Prozent wachsen. Die Stärkung der Nachfrage im ländlichen Raum, die Verbesserung der Beschäftigungslage, der nachlassende Inflationsdruck und die anhaltende Belebung des verarbeitenden Gewerbes und des Dienstleistungssektors dürften die Verbrauchernachfrage ankurbeln, die nach der Pandemie schwach gewesen war. Längerfristig dürfte eine wachsende Mittelschicht, die sich von 400 Millionen im Jahr 2022 auf fast 1,2 Milliarden im Jahr 2030 fast verdreifachen wird, den Konsum und das Wirtschaftswachstum unterstützen. Diese Verbraucher werden wahrscheinlich auch mehr für Premium- und Luxusprodukte ausgeben.

Ein weiteres Thema, das dem Wachstum Indiens zugrunde liegt, ist die globale Neuordnung der Produktions- und Lieferketten. Während Apple beispielsweise einen Teil seiner Lieferkette verlagert und Einzelhandelsgeschäfte in Indien eröffnet, wird gemunkelt, dass Tesla Pläne hat, eine Fabrik zu eröffnen und in den drittgrößten Automarkt der Welt einzutreten. Elektroautos machten 2023 nur einen kleinen Teil der gesamten indischen Autoverkäufe aus, was eine große Chance für Autohersteller wie Tesla darstellt. Das amerikanische Friendshoring wird sich wahrscheinlich fortsetzen, da die USA immer mehr Produktionsgüter aus Ländern wie Indien importieren.

Anleger kommen an Indien nicht vorbei

Europäische Anleger, die in Schwellenländer investieren wollen, kommen an Indien nicht mehr vorbei. Bisher liegt vielen globalen Aktienportfolios der MSCI World als Benchmark zugrunde. Doch dieser Index investiert ausschließlich in große Industrienationen, zu denen Indien laut den Maßgaben des MSCI World noch nicht gehört. Daher lassen viele globale Aktienfonds Indien als Investmentregion außen vor, was verlorene Renditechancen bedeutet. Selbst im MSCI Emerging Markets ist Indien nur mit 18,5 Prozent vertreten. Das Schwergewicht bildet immer noch China.
 
Unserer Meinung nach hat Indien nun die wirtschaftliche Größe und vor allem das Wachstumspotenzial, um als Stand-Alone-Lösung im Aktienportfolio zur Beimischung zu dienen. Europäische Anleger sollten daher in Betracht ziehen, auch über Direktinvestments vom Wachstum des bevölkerungsreichsten Land der Erde zu profitieren.
Beate Meyer ist Head of Wholesale Germany, Projit Chatterjee, Senior Equity Specialist, Emerging Markets and Asia Pacific Equities und Manish Modi, Portfolio Manager Emerging Markets and Asia Pacific Equities bei UBS-AM.

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