Interpretation von Jackson Hole

Carsten Mumm, Privatbank DONNER & REUSCHEL
Carsten Mumm / Bild: Privatbank DONNER & REUSCHEL
Da die Inflationsraten nach wie vor zu hoch sind, bleibt eine restriktive Geldpolitik vorerst notwendig, so das Fazit von Fed-Präsident Jerome Powell als auch EZB-Präsidentin Christine Lagarde auf dem Jackson Hole Economic Symposium vergangene Woche. Damit bleiben die Hoffnungen auf ein Ende des laufenden US-Zinserhöhungszyklus vorerst enttäuscht. Denn auch die Fed könnte die Leitzinsen noch weiter anheben, wenn die Daten zu Inflation, Arbeitsmarkt und Wachstum dieses nahelegen.

Notenbanken entscheiden datenabhängig

Das beste Beispiel sind die weiterhin sehr robusten Arbeitsmärkte mit hohen Beschäftigungsraten trotz einer immer offensichtlicheren globalen Konjunkturschwäche. Neben dem daraus resultierenden Lohnerhöhungsdruck sorgen aber auch zunehmender Protektionismus, der Umbau von Lieferketten sowie Strukturbrüche an den Energie- und Rohstoffmärkten, allen voran die Abkopplung vieler Industriestaaten von russischem Gas, für nur scher berechenbare Rückwirkungen auf die Inflation. Entsprechend werden Notenbanken ihre geldpolitische Ausrichtung weiterhin datenabhängig von Sitzung zu Sitzung festlegen und damit ein dauerhafter Unsicherheitsfaktor an den Börsen bleiben.
 
Vor diesem Hintergrund richtet sich der Blick auf die Veröffentlichung der Daten zum US-Arbeitsmarkt im August, die PCE-Preisentwicklung in den USA sowie die Verbraucherpreisdaten aus der Eurozone, die allesamtfür Kursbewegungen sorgen könnten. Dabei gilt generell: Anzeichen für eine wirtschaftliche Abschwächung dürften Inflationserwartungen dämpfen und damit die erhoffte Zinserhöhungspause näher rücken lassen – ganz wie Powell es sinngemäß formuliert hatte: es braucht eine längere Phase wirtschaftlicher Schwäche, um den noch vorhandenen Inflationsdruck zu brechen.

Carsten Mumm ist Chefvolkswirt der Privatbank DONNER & REUSCHEL. Er ist verantwortlich für die Erstellung der Konjunktur- und Kapitalmarktprognosen sowie der kapitalmarktrelevanten Publikationen. Zuvor verantwortete er die Vermögensverwaltung für private und institutionelle Kunden, das Management von Spezial- und Publikumsfonds sowie die hauseigenen Research-Tätigkeiten. Der gelernte Bankkaufmann und studierte Diplom-Volkswirt ist seit 1998 im Bereich Kapitalanlage beschäftigt. 2006 qualifizierte er sich zum Chartered Financial Analyst.