Pfingstochsen aus Schokolade gibt es leider nicht, also müssen Osterhasen herhalten / Bild: UK
Nachdem bis zum letzten Tag spannenden und im Ergebnis dann doch wieder sehr langweiligen Ausgang der Bundesligasaison 2022/23 erlauben wir uns einige Anmerkungen dazu. Immerhin fühlt sich die Börse München dem Fußball nicht nur durch die durchaus unterschiedlichen Fans und Interessen vieler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbunden, sondern auch als Heimatbörse von einem der zwei einzigen überhaupt in Deutschland börsennotierten Fußballvereine – dazu später mehr. Da einer der beiden Anwärter um die Meisterschale an der Börse gelistet ist und dessen Aktie im ansonsten eher ruhigen Feiertagshandel an Pfingstmontag zu den meistgehandelten Titeln zählte, scheint uns ein kleiner Rückblick durchaus angemessen. Man könnte die Situation auch so zusammenfassen: Dem einen Verein laufen während eines wichtigen Spiels die Fans aus dem Stadion, dem anderen nach dem Ergebnis eines wichtigen Spiels die Aktionäre davon…

Rückschau als Vorschau

Bekanntermaßen können an der Börse aus der Rückschau Aussagen in die Zukunft getätigt werden – so zumindest die Idee der Charttechnik. Sie liegt damit oft richtig, es kann, muss aber nicht stimmen. Auf den FC Bayern München angewandt würde dies bedeuten, dass er auch in den nächsten Jahren regelmäßig deutscher Meister werden dürfte. Der Chart der vergangenen elf Jahre weist eindeutig darauf hin. Wäre der FC Bayern München börsennotiert, könnten Analysten dies auf den Kurs der Aktie übertragen - allerdings müsste der Rekordmeister dann auch seine Personalien adhoc-pflichtig rechtzeitig melden. Auf den BVB angewandt fiele eine solche Rück- und Vorausschau wohl anders aus. Aber wie gesagt, eine solche Rückschau kann, muss aber nicht stimmen - wir wollen ja nicht alle Spannung aus der Bundesliga nehmen.

Es gab einen Meister vor Bayern

Aber apropos Rückschau, wie sah die Welt eigentlich aus, als der Deutsche Meister nicht Bayern München hieß? Wer sich kaum noch erinnern kann: Es reicht zurück bis in die Saison 2011/12 und Dortmund war gerade zum zweiten Mal hintereinander Meister geworden. Sie hatten schon am 32. Spieltag die Meisterschaft klar gemacht durch einen Sieg gegen Gladbach. Am 5. Mai war dann die Saison zu Ende, nicht weniger als 81 Punkte standen da zu Buche. Und noch etwas für Nostalgiker: Der FC Schalke hatte sich als Drittplatzierter für die Champions-League qualifiziert – auch ein Zeichen, wie fern diese Zeiten sind. Und doch wieder nicht, denn neben Köln und Kaiserslautern zählte Hertha BSC zu den Absteigern (verlor die Relegation gegen Düsseldorf). Der FC Bayern hatte es nach der „Herbstmeisterschaft“ nur auf den zweiten Platz geschafft. Der FC Augsburg spielte in dieser Saison erstmals in der Bundesliga und beendete die Spielzeit auf Platz 14. Und noch etwas: Im Sommer fand die Fußball-Europameisterschaft in Polen und der Ukraine (!) statt, Europameister wurde (wieder) Spanien, Deutschland scheiterte (immerhin) im Halbfinale (gegen Italien, genauer gegen Balotelli).

Die Börse 2012

Soviel zur Bundesliga, doch wie sah es damals an der Börse aus? Zu Jahresanfang 2012 startete der Dax bei 5.900 Punkten und am Jahresende hatte er sich auf 7.655 Punkte hochgearbeitet. Das entsprach einer seitdem nicht mehr erreichten Rendite von 29,80 Prozent. Und das trotz weiterhin schwellender Eurokrise und den hohen Schulden in Griechenland, Spanien und Italien. Im Gegensatz zum Vorjahr, dem Beginn der Saison, denn 2011 hatte der Dax ein kräftiges Minus von 14,69 Prozent verzeichnet. Zu Erinnerung: 2011 hatte der Tsunami in Japan und die Sorge vor einer Atomkatastrophe die Märkte verunsichert und im August standen die USA kurz vor der Zahlungsunfähigkeit, was uns heute wieder sehr bekannt vorkommt. Der 8. August des Jahres gilt als „Schwarzer Montag“, an dem weltweit der Börsenwert um fast eine Billion Euro schrumpfte.

Gegen Transaktionssteuer und für den Mittelstand

Und an der Börse München, soviel Selbstbespiegelung sei (kurz) erlaubt? Wie stand es da vor elf Jahren? 2012 gab es die Börse gettex noch nicht, sie ging 2015 an den Start, damals noch ohne Zertifikatehandel und mit der comdirect als erstem angeschlossenem Partner. Das Mittelstandssegment m:access wuchs mit sechs neuen Unternehmen stark, nicht zuletzt, weil das Bundesverfassungsgericht 2012 bestätigte, dass das „Downgrading“ vom regulierten Markt in das Freiverkehrs-Segment m:access weder Auswirkungen auf die Handelbarkeit noch auf die Kurse habe und deshalb problemlos vollzogen werden könne. Die Börse München setzte sich zudem gegen die damals vehement geforderte Finanztransaktionssteuer ein.

Liebe oder Hiebe: Fußballaktien

Zurück zu den Kursen der beiden börsennotierten deutschen Fußballclubs. Die Aktien von Borussia Dortmund erlebten einen deutlichen Einbruch von über 30 Prozent, die Kursgewinne der Vorwoche lösten sich in Schall und Rauch auf. Aktien von Fußballmannschaften setzen starke Nerven oder wahre Fantreue voraus, echte Liebe quasi. Sie hängen von sehr vielen Faktoren ab, wichtiger als eine nationale Meisterschaft ist das internationale Fortkommen. Es geht aber auch anders, denn in einer ganz anderen Liga in jedem Wortsinn spielt der zweite börsennotierte deutsche Fußballverein: Erst 2019 ist die Spielvereinigung Unterhaching an die Börse gegangen, damals in der 3. Liga spielend und mit Aufstiegsphantasie gewappnet. Der erste Kurs beim IPO belief sich auf 8,30 Euro – inzwischen bewegt er sich bei 3,90 Euro, obwohl der zwischenzeitlich viertklassig spielende Club die Saison in der Regionalliga als Meister abgeschlossen hat. Das Problem: Der Meister der Regionalliga Bayern steigt nicht automatisch auf, sondern muss sich gegen den Meister der Regionalliga Nordost behaupten, insofern gibt es am 7. Juni ein Relegationsspiel gegen FC Energie Cottbus – für Fans und Aktionäre ein mit Spannung erwartetes Datum. Außerdem verlässt Erfolgstrainer Sandro Wagner die Spielvereinigung am Ende der Saison.
 
Bleibt uns als Schlusswort nur die Einsicht, dass die einen hoffen, am Ende der kommenden Saison möge die Meisterschaft in andere Hände (oder Beine) übergehen, die anderen eher nicht. Und enden mit einen Zitat von Lukas Podolski: „Die Liebe zum Fußball ist wie zu Familie und Frau. Die ist immer da“!

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