Jens Franck / Bild: nordIX
Ein anspruchsvolles Jahr mit viel Leid und unvorhergesehenen Ereignissen und mit daraus resultierend verunsicherten Märkten liegt hinter uns. Der Start des Russland-Ukraine-Krieges und die daraus folgende Energiekrise haben zu einer rekordhohen Inflation geführt. So wurden beispielsweise in Deutschland die höchsten Inflationswerte seit 1951 gemessen. Vor allem die hohen Energiepreise wirkten sich belastend auf die Produktionskosten und die Margen von Unternehmen, insbesondere aus energieintensiven Branchen, aus.
Die Notenbanken haben bei ihrer seit über einem Jahrzehnt verfolgten Niedrigzinspolitik innerhalb weniger Monate eine 180 Grad-Wendung vollzogen und die Leitzinsen mehrmals angehoben. Allen voran die US-Amerikanische Notenbank Federal Reserve, die die Zinsen bis jetzt um stolze 450 Basispunkte erhöhte. Die Inflationsbekämpfung wurde zum primären Ziel erhoben, wobei es selbst den Notenbanken schwerfiel, genaue Prognosen über die zukünftige Geldentwertung abzugeben. An den Kapitalmärkten wurde zunehmend eine Rezession eingepreist. Insbesondere zyklische und Technologie-Werte haben spürbare Bewertungsverluste gesehen und auf der Zinsseite haben die gestiegenen Zinsen zu erheblichen, in Teilen kaum noch begründbaren, Kursverlusten geführt.
Blick voraus: Risiken bleiben bestehen, sind aber besser kalkulierbar
Für das Jahr 2023 erwarten wir eine höhere Stabilität mit wiederkehrender Prognosegüte an den Kapitalmärkten. Zwar bleiben die makrofinanziellen Risiken bestehen. Vor allem für die beiden ersten Quartale gehen wir von einer technischen Rezession und einem anhaltend hohen Zinsniveau aus. Diese Rezession wird aber nur von überschaubarer Dauer sein und auch nicht die typischen Begleiterscheinungen einer tiefergehenden Rezession, wie z.B. hohen Insolvenzraten bei Unternehmen zeigen. Wir nehmen an, dass sich die Entspannung am Energiemarkt fortsetzen wird. Schon im Jahr 2022 haben die sinkenden Verbraucherpreise in den USA, die zuletzt im November bei 7,1 Prozent lagen, ein insbesondere aus sinkenden Energiepreisen resultierend transitorisches Inflationsmuster angedeutet. Diese Erholung, die eine Abschwächung der Inflation zur Folge hätte, ist in den USA stärker ausgeprägt als in Europa. Denn hier sind wir in einem höheren Maße von Energielieferungen und dem beschleunigten Übergang zu alternativen Energiequellen abhängig. Auch bei den Lieferketten dürfte sich die Lage weiter normalisieren. Die chinesische Regierung hat ihre strikte Haltung bei der Null-Covid-Politik aufgeweicht und dürfte diese c.p. weiter lockern.
Ein wenig mehr Zins zu erwarten
Die Notenbanken, insbesondere die EZB, schlagen unverändert hawkishe Töne an, geben aber dennoch den Kapitalmärkten eine greifbarere und transparentere Richtung über den zukünftigen Pfad vor. Somit erhellt sich das monetäre Bild und gibt Anlass zur berechtigten Hoffnung, dass der aktuelle Zinserhöhungszyklus ist in eine finale Phase getreten ist. Vor allem die Federal Reserve wird ihr Momentum der Zinserhöhungen deutlich reduzieren. Wir gehen davon aus, dass die Fed im Februar 2023 erstmal einen kleineren Zinsschritt von maximal 25 Basispunkten vornehmen wird. Unter der Annahme eines dann im Verlauf des ersten Halbjahres 2023 finalen Schritts sollte die Traget Rate dann bei 5,0 Prozent liegen. Bei der EZB erwarten wir ein- bis zwei große Zinsschritte um 50 Basispunkte bis Mitte nächsten Jahres. Dabei befindet sich die EZB zunehmend in einer Position „zwischen den Stühlen“: einerseits wird erwartet, dass sie weitere Zinsschritte vollzieht; andererseits soll mit Augenmaß agiert werden, um nicht zu sehr der makroökonomischen Entwicklung zu schaden.
Anleihen sind nicht mehr im Abseits
Nach einem Annus horribilis für Anleihen schauen wir zuversichtlicher in die Zukunft. Anleihen rücken durch das gestiegene Zinsniveau nach einem über ein Jahrzehnt andauernden Niedrigzinsumfeldes wieder in den Fokus von Investoren. In einem Marktumfeld mit zum Teil positiven Realrenditen ergeben sich gute Renditechancen im Jahr 2023. Dabei legen wir neben weiteren Zinsstrategien ein Augenmerk auf Anleihen von Banken und Versicherungen. Die Renditechancen, die sich jetzt vor allem bei Nachranganleihen von namhaften Banken- und Versicherungsinstituten ergeben, werden im
nordIX Renten plus gebündelt. Die jüngste Studie von McKinsey zur internationalen Bankenbranche von Dezember 2022 („McKinsey’s Global Banking Annual Review“) offenbart, dass die Profitabilität von Banken aufgrund steigender Margen auf den höchsten Wert seit der Finanzkrise gestiegen ist. Dem gegenüber steht ein relativ geringes und greifbares Risiko, denn die Finanzbranche ist hoch reguliert. Vor allem systemrelevante Bank- und Versicherungshäuser müssen aufgrund der hohen Regulierung des Sektors hohe Risikopuffer in Form von Eigenkapital vorhalten. Das führt zu mehr Sicherheit. Gepaart mit dem dynamischen Zinsumfeld ergeben sich interessanten Renditechancen im Umfeld von Bankenanleihen, die in einem ausgewogenen Portfolio nicht fehlen sollten.
Jens Franck ist Head of Portfoliomanagement bei
nordIX AG in Hamburg