Porsche-Börsengang verhindert schlechtestes IPO-Jahr seit 2009

Nadja Picard und Stephan Wyrobischmit der IPO-Analyse von PwC
Porsche-Museum in Zuffenhausen / Bild: UK
Mit nur vier IPOs war 2022 ein schwaches Jahr für Börsengänge in Deutschland. Auch in Sachen Kapitalerhöhungen sieht die Bilanz für 2022 mager aus. Wir rechnen nicht mit einer kurzfristigen Erholung: Auch im ersten Halbjahr 2023 werden wir keinen IPO-Boom erleben.
In einem Jahr, in dem eine rekordhohe Inflation, steigende Zinsen und Rezessionsängste die Märkte beherrschten, wagte sich kaum ein Unternehmen an die Frankfurter Börse: Nur vier Firmen gelang 2022 der Sprung auf das Frankfurter Parkett (2021: 18). Sie spielten dabei 9,4 Milliarden Euro ein (2021: 9,5 Milliarden Euro).

Einzig dem Porsche-Börsengang im dritten Quartal ist es zu verdanken, dass das Emissionsvolumen 2022 auf dem gleichen Niveau wie im Vorjahr lag. Ohne diesen Mega-IPO, der allein 9,1 Milliarden Euro in die Kassen spülte und damit die zweitgrößte Erstnotiz in der deutschen Geschichte darstellt, wäre 2022 als schwächstes IPO-Jahr seit 2009 in die Geschichte eingegangen.
 
Zu diesen Ergebnissen kommt die Analyse "Emissionsmarkt Deutschland", für die das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen PwC vierteljährlich die Aktienneuemissionen sowie die Kapitalerhöhungen an der Börse Frankfurt erfasst.

Magere Bilanz des Schlussquartals: 0 IPOs, 2 Kapitalerhöhungen

Steigende Zinsen, eine anhaltend hohe Inflation und die wachsenden Sorgen vor einer Rezession setzten den Kapitalmärkten im Jahr 2022 zu. Deutliche Korrekturen an den Märkten und die damit einhergehende hohe Volatilität sorgten für ein schwieriges Klima, das Börsengänge in Deutschland fast vollständig ausbremste.

Auch wenn es an den Kapitalmärkten zum Jahresende leicht bergauf ging, fand im Schlussquartal kein einziger Börsengang mehr statt. Von den vier IPOs im Gesamtjahr waren zwei so genannte Special Purpose Acquisition Companies (kurz: SPACs), also Mantelgesellschaften ohne operatives Geschäft, die über den Börsengang Geld einsammeln, um damit in der Folge ein oder mehrere Unternehmen zu übernehmen.

Und auch in Sachen Kapitalerhöhungen endet das Krisenjahr 2022 enttäuschend: Lediglich zwei Unternehmen aus der Konsumgüter- bzw. Finanzbranche besorgten sich im vierten Quartal via Kapitalerhöhung frisches Geld am Aktienmarkt: tonies SE besorgte sich über eine Kapitalerhöhung 60 Millionen Euro für weiteres Wachstum und die internationale Expansion. Der Vermögensverwalter Lloyd Fonds konnte über eine Kapitalerhöhung fünf Millionen Euro einspielen, um den Grundstein für die Finanzierung weiterer Akquisitionen zu legen.

Sowohl die Anzahl der Kapitalerhöhungen (23) als auch das Volumen (1,3 Milliarden Euro) liegt für 2022 jedoch deutlich unter dem Vorjahresniveau. 2021 kam es immerhin zu 60 Kapitalerhöhungen bei einem Volumen von 16,7 Milliarden Euro.

Lichtblick bei den Fremdkapitalemissionen

Einzig bei den Fremdkapitalemissionen gibt es positive Signale: Im Schlussquartal 2022 erreichten die Neuemissionen von Bonds im Investment Grade ein Volumen von rund 10,9 Milliarden Euro. Das Gesamtvolumen fällt für 2022 zwar schwächer aus als in den Vorjahren, aber die Botschaft ist klar: Die Investment Grade-Märkte sind weiterhin offen für Fremdkapitalaufnahmen und funktionsfähig - und trotzen damit dem unsicheren wirtschaftlichen Umfeld, in dem Investoren nach vermeintlich sicheren Investitionsmöglichkeiten mit soliden Renditeversprechen suchen.

High Yield Grade: Märkte faktisch geschlossen

Anders sieht es im High Yield Grade aus: Nachdem der Markt für High Yield Bonds im zweiten Quartal 2022 vollständig zum Erliegen kam, blieb eine schnelle Erholung auch im zweiten Halbjahr aus. Nur vereinzelt standen High Yield Bonds zur Aufnahme von Fremdkapital zur Verfügung. Im Schlussquartal blieben mit nur einer Emission sowohl Anzahl als auch Volumen der High Yield Bond-Emissionen weiterhin deutlich unter den Vorjahresquartalen.

Wirtschaftliche Umfeld bleibt schwierig

Mit Blick auf das neue Jahr sind wir zurückhaltend. Selbst wenn der Höhepunkt der Inflation hinter uns liegen sollte und weitere Zinsschritte dadurch gegebenenfalls kleiner ausfallen als zuletzt, ist das wirtschaftliche Umfeld im Moment äußerst schwierig und daher die Unsicherheit am Kapitalmarkt sehr groß.

Wir gehen nicht davon aus, dass es in der ersten Jahreshälfte 2023 einen IPO-Boom an der Frankfurter Börse geben wird: Es ist zwar möglich, dass sich im ersten oder zweiten Quartal ein Zeitfenster öffnet, in dem sich ein Börsengang gut realisieren lässt. Schließlich ist die Pipeline an Börsenaspiranten seit zwei Jahren gut gefüllt, wird aber aufgrund der widrigen Bedingungen nicht abgearbeitet. Aber weder bei den IPOs noch bei den Kapitalerhöhungen erwarten wir im aktuellen Umfeld eine Erholung des Marktes.
Die gesamte Analyse können Sie hier herunterladen:
Nadja Picard istCapital Markets Leader für PwC Deutschland und Stephan Wyrobisch ist PwC-Experte für IPOs

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