Die BHB Brauholding in Ingolstadt / Bild: UK
Die Zeit der Pandemie war für viele Branchen (und Menschen) sehr herausfordernd, aber die Brauereibranche dürfte es besonders hart getroffen haben. Keine Gastronomie, keine Feste, keine Fußballspiele, keine Events – die öffentlichen Plätze des gehobenen Bierkonsums quasi ausgetrocknet. So hatte auch die BHB Brauholding Bayern Mitte AG aus Ingolstadt ein schwieriges Jahr hinter sich und fuhr 2020 erstmals seit Jahrzehnten einen Verlust ein, wie die beiden Vorstände Gerhard Bonschab und Franz Katzenbogen bei einer von der Augsburger GBC organisierten Investorenkonferenz berichteten. Von den vier Umsatzträgern – Gastronomie, Feste, Export und Handel – seien drei weggebrochen gewesen. Obwohl der Handel deutlich zulegte, konnte er dies nicht kompensieren.
Dabei ist es schon jenseits von Corona und Lockdowns schwer, mit dem Brauen von Bier Umsatzzuwächse zu generieren und Gewinne einzufahren, denn die Trinkgewohnheiten in Deutschland ändern sich kontinuierlich. Während die Zahl der Brauereien in den vergangenen Jahren sogar noch zugenommen hat – geschuldet ist dies allerdings vor allem Kleinstbrauereien – nimmt der Bierabsatz insgesamt und der Pro-Kopf-Verbrauch langsam aber stetig ab: 85,3 Millionen Hektoliter konnten 2021 abgesetzt werden – 2,2 Prozent weniger als im Vorjahr! Noch vor zehn Jahren betrug der Jahresabsatz 98,2 Millionen Hektoliter. Pro-Kopf bedeutet dies einen Verbrauch von 91,6 Litern – 1990 waren es noch 147,7 Liter gewesen!
Die Menschen trinken weniger Bier
Da hilft auch das Brauen des besten Bieres nicht viel: 2021 ging der Getränkeabsatz bei der BHB um 3,5 Prozent auf 167.000 Hektoliter zurück. Doch während 2020 bei einem Umsatz von 13,1 Mio. Euro ein negatives EBIT von 0,7 Mio. Euro erwirtschaftet wurde, erzielte BHB 2021 mit einem Umsatz von 14,1 Mio. Euro wieder ein positives EBIT von 0,55 Mio. Euro. Bei einer Eigenkapitalquote von 76,8 Prozent ist die BHB gut aufgestellt und die beiden Vorstände sehen damit die zwei Jahre Pandemie als einigermaßen glücklich überstanden an. Am wichtigsten: Es habe es keine massiven gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegeben, außerdem konnten alle Betriebe weitergeführt werden und die finanzielle Absicherung sei erfolgt. Eigenkapital und Liquidität ist im ausreichenden Maße vorhanden, so dass nun auch wieder verstärkt investiert werden kann.
Die Geschichte nicht nur einer Marke
Die BHB Brauholding blickt auf eine lange Geschichte zurück. Die bekannteste Marke Herrnbräu wurde erstmals 1527 urkundlich als „Prewhaus“ erwähnt, reicht aber sicher noch weiter zurück. Die Anfänge liegen im Dunklen heißt es dann gerne in Geschichtsbüchern. Schließlich wurde 1516 in Ingolstadt das berühmte bayerische Reinheitsgebot erlassen – bis heute der Standard für Qualität und Braukunst. 1873 entstand durch die Fusion von Herrnbräu und Danielbräu die „Actienbrauerei“ und 1899 erfolgte der Zusammenschluss mit dem Bürgerlichen Brauhaus. Schon Ende des 19. Jahrhunderts waren 14 Brauereien im Bürgerlichen Brauhaus aufgegangen, darunter beispielsweise Höllbräu, Maltheserbräu, Schmalzingerbräu und Schwabenbräu. Im Mittelpunkt stand dabei die Erzeugung des obergärigen Weißbiers – lange Zeit nur dem Hof vorbehalten, weil der kostbare Weizen dem Backen von Brot vorbehalten sein sollte und der bayerische Herzog am Verkauf der Weißbierprivilegien gut verdiente.
Für jeden Geschmack das passende Bier
Heute gehören zum Sortiment der Marke Herrenbräu acht Weißbiermarken von alkoholfreiem und leichtem Hefe-Weißbier bis zu hellem und dunklem Weißbier, sowie zwölf verschiedene untergärige Biere. Das Hefeweißbier erhielt beim World Beer Award 2021 eine Gold-Medaille. Daneben betreibt die Brauholding auch die Marken Schloss Brauerei Herrngiersdorf, Leitner Bräu aus Schwabach, Gritschenbräu aus Schrobenhausen sowie Ingobräu. Seit 2019 gibt es auch unter der Marke Bürgerliches Brauhaus ein leichtesr gehopftes Helles unter der Bezeichnung Altbairisch Hell – weil weniger gehopfte Biere sich derzeit einer größeren Beliebtheit erfreuen und die alte Marke nicht verändert werden sollte. Für den Brauprozess verwendet BHB ausschließlich Produkte aus der Region, wie etwa den Hopfen aus der Hallerdau und Gerste aus dem Umland von Ingolstadt. Auch wenn die Preise inzwischen deutlich gestiegen seien, insbesondere beim Malz eine Verdopplung eingetreten sei, sehen die Vorstände ihre Produkte weiterhin als konkurrenzfähig an, nicht zuletzt, weil die Energieseite durch längerfristige Verträge abgesichert sei.
Unter dem Markennamen Bernadett Brunnen führt BHB verschiedene Mineralwässer und alkoholfreie Erfrischungsgetränke an. In den beiden eigenen Tiefbrunnen wird 10.000 Jahre altes und deshalb sauberes Wasser geschöpft.
Neben Ingolstadt umfasst das Kerngebiet, das BHB beliefert, alle bayerischen Großstädte von München im Süden über Augsburg im Westen, Nürnberg im Norden sowie Regensburg und Landshut im Nord- und Südosten. Darüber hinaus exportiert BHB erfolgreich in den Norden Deutschlands (Berlin, Bremen, Hamburg), aber auch nach Italien, Polen, Rumänien und jüngst sogar nach Schweden. So konnte der Export 2021 um 32 Prozent auf inzwischen über 16.000 Hektoliter gesteigert werden.
Gut gerüstet in die Zukunft
Nach den Zahlen des ersten Halbjahres 2022 befindet sich die BHB Brauholding wieder auf gewohntem Kurs: Der Gesamtabsatz und der Umsatz liegen noch unter dem Vor-Corona-Jahr 2019, aber deutlich über 2020 und 2021. Eine deutliche Steigerung ist vor allem im Export zu sehen. Mit der soliden Finanzstruktur, einer Eigenkapital-Quote von fast 77 Prozent, einem intakten Kundenstamm, der während der Pandemie vollzogenen Kostenreduktion sieht sich der Vorstand bestens gerüstet für das kommende Jahr und die weitere Zukunft. Nicht zuletzt sei der Raum Ingolstadt einer der wachstumsstärksten Regionen in Deutschland, außerdem will die BHB in neue Märkte expandieren.
Nicht zufrieden sind die beiden Vorstände mit dem aktuellen Kurs der
BHB Brauholding – aber welcher Vorstand ist das in diesen Zeiten schon? Nach dem jüngsten GBC Research ist ein Kurs zwischen 3,46 und 3,90 Euro zu erwarten, derzeit liegt er bei etwa 2,50 Euro, die Marktkapitalisierung damit auf etwas über 7 Mio. Euro – bei einem Eigenkapital von fast 11 Mio. Euro!
Das 2005 von der Börse München initiierte Segment m:access vereint inzwischen knapp 70 Unternehmen aus vielerlei Branchen und Regionen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. Es gibt damit einen Einblick in den vielseitigen deutschsprachigen Mittelstand. Ein Grund für uns, in lockerer Folge diese Unternehmen näher vorzustellen und den Blick auf diese spannenden "Nebenwerte" zu richten.