Überall wo es Regeln gibt auf der Welt, muss es auch jemand geben, der die Einhaltung dieser Regeln überwacht. Der Mensch neigt offensichtlich dazu, zu schummeln und ein wichtiges Gesetz auch mal schlicht zu übersehen, das musste schon Moses erfahren, als er die Zehn Gebote weitergab – und die waren nun wirklich leichter zu merken als in der Hand zu halten. Fußballspieler brauchen einen Schiedsrichter, damit sie sich nicht gegenseitig umhauen und die Akteure an der Börse brauchen eine Art Börsenpolizei, damit sie keinen Unsinn auf Kosten anderer treiben.
Denn an der Börse werden die Kurse von den Börsenmaklern – die heute
Skontroführer oder Spezialisten heißen – aus Nachfrage und Angebot ermittelt, und da soll alles mit rechten Dingen zugehen. Die Überwachung der Preisfeststellung – schließlich die Hauptfunktion der Börse, die jeweils aktuellsten Preise von Wertpapieren aller Art zu bestimmen – ist die wichtigste Aufgabe der Handelsüberwachung. Nach dem deutschen Börsengesetz muss jede Börse über eine eigene Handelsüberwachung verfügen, kurz HÜSt genannt. Die HÜSt agiert aber von der eigentlichen Börse völlig unabhängig als eigenständiges Börsenorgan im öffentlichen Interesse. Die HÜSt erfasst den gesamten Börsenhandel lückenlos und wertet ihn systematisch aus. Wie die „richtige“ Polizei kann die HÜSt eigenständig Ermittlungen führen und etwa auch Hausdurchsuchungen durchführen.
Die Handelsüberwachung der Börse München zum Beispiel arbeitet eng mit der Börsenaufsichtsbehörde des Freistaates Bayern, die im Wirtschaftsministerium angesiedelt ist, und mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zusammen.
Die Alarmglocken bei der Börsenpolizei läuten zum Beispiel heftig, wenn es um das Thema Marktpreismanipulation geht: Werden durch unrichtige Informationen über das Unternehmen oder durch abgesprochene Geschäfte Einfluss auf den Börsenpreis genommen, um andere Anleger zum eigenen Nutzen auf die falsche Fährte zu führen, spricht man von Marktpreismanipulation? Hier wird die HüSt gemeinsam mit den zuständigen Behörden aktiv – immerhin kann dies mit Gefängnis bestraft werden. Wie Streifenpolizisten darf man sich die HüStler aber nicht vorstellen, vielmehr sitzen auch sie – wie die Skontroführer – überwiegend vor dem Computer und bedienen sich spezieller Programme zur Überwachung von Unregelmäßigkeiten. Die einzelnen Handelsüberwachungsstellen der deutschen Börsen tauschen ihre Daten im Übrigen auch aus, damit eine lückenlose Überwachung auch über die Ländergrenzen hinweg erfolgen kann.