Will Low / Bild: Nikko AM

Drei Regeln zur Kapitalanlage

  1. Wir erleben einen Regimewechsel. Die Inflationstendenzen sind größer als in der Vergangenheit. Kurzfristig wird der Druck wahrscheinlich nachlassen, wenn die zinsbedingte Rezession einsetzt und der Druck auf die Lieferketten nachlässt. Alles in allem werden jedoch der Energiebereich, die Zwänge auf dem Arbeitsmarkt und die Militärausgaben dazu beitragen, dass die Inflation oberhalb der von den Zentralbanken angestrebten 2-3 Prozent bleibt. Die risikofreien Zinssätze werden daher auf einem höheren Niveau bleiben. Zudem dürfte die Weltpolitik problematisch bleiben. Der Kampf um die technologische Vorherrschaft zwischen China und den USA und der Krieg in der Ukraine dauern an. Man sollte nicht mehr von einem freien grenzüberschreitenden Kapitalfluss ausgehen. Die Kosten für die Kreditaufnahme in US-Dollar dürften hoch bleiben, und China wird sich in den kommenden Jahren zunehmend vom US-Dollar als Außenhandelswährung abwenden. Kurz gesagt: Das Wachstum in der Gesamtwirtschaft wird weniger sicher und eher zyklisch sein und daher werden die Finanzierungskosten nicht auf das niedrige Niveau von 2020-2021 zurückkehren.
  2. Gut, wenn auch schwierig für Anleger: Bei einem Regimewechsel ist es sehr wahrscheinlich, dass neue Titel die Führung übernehmen. Im letzten Zyklus lagen vor allem Werte aus der Informationstechnologie, zyklische Konsumgüter und Energietitel ganz vorne. Dieses Mal dürfte es anders kommen.  
  3. Teurere und knappere Arbeitskräfte, die Verlagerung auf lokalere und teurere Lieferketten sowie steigende Rohstoffpreise machen Unternehmen das Leben schwer. Wo Produkte und Geschäftsmodelle einzigartig sind, den Markt beherrschen oder Marktanteile gewinnen, ist der Spielraum für die Weitergabe der Kosten an die Kunden größer. Die Kosten für Fremdkapital steigen (vor allem in US-Dollar), und auch die Verfügbarkeit von Fremdkapital könnte unregelmäßiger werden. Selbstfinanzierendes Wachstum (mit hohem Cashflow) und Bilanzen mit angemessener und langfristiger Verschuldung dürften den anstehenden Abwärtszyklus besser überstehen. Geschäftsmodelle, die Cash „verbrennen“ und keine Gewinne erzielen, werden straucheln. Die Strafe für Investments zu überhöhten Preisen kann hoch sein.

Globale Alternativen

Wo also soll man in globalen Aktien anlegen? Unternehmen, die sich auf ihrem eigenen Weg der Verbesserung befinden und in der Lage sind, in den nächsten fünf oder mehr Jahren hohe Renditen zu erzielen, waren unserer Ansicht nach schon immer die beste Ausgangsbasis. Diese "Future Quality"-Ideen bilden seit über einem Jahrzehnt die Grundlage für unsere Outperformance.

Beispiel Energiewende: Wir sind nach wie vor optimistisch, dass die Investitionen in diesen Bereich dauerhaft steigen werden. Gesellschaften müssen sich der Herausforderung stellen, die weiterhin benötigte Produktion fossiler Brennstoffe aufrechtzuerhalten, das Angebot aus vertrauenswürdigeren Quellen zu erhöhen, die Energieeffizienz zu verbessern, die Emissionen zu reduzieren und alternative Energiequellen weiterzuentwickeln. Letzteres ist aus der Klimaperspektive von zentraler Bedeutung, aber auch selbst sehr energieintensiv, was einen Kreislaufbedarf für die anderen Faktoren schafft. In diesem Quartal haben wir z.B. Worley, einen Anbieter von technischen Beratungs- und Konstruktionsdienstleistungen, und Linde, einen führenden Anbieter von Industriegasen, aufgenommen. Beide dürften in ihren jeweiligen Märkten die Preise vorgeben.

Beispiel nachhaltiges Wachstum: Vor dem Hintergrund steigender Zinsen und des Drucks auf den privaten Konsum sind wir vorsichtig, was die Wachstumsaussichten für viele verbrauchernahe Unternehmen angeht. Wir sind der Ansicht, dass die sinkende Konsumneigung und der vorherige Corona-bedingte Nachfragerückgang schwer zu überwinden sind. Nachhaltiges Wachstum, das weniger von der Konsumzyklik beeinflusst wird, ist daher vorzuziehen. Im Gesundheitssektor sehen wir die Nachfrage nach besseren und kostengünstigeren Lösungen für die alternde Gesellschaft als sehr dauerhaft an. Auch in anderen Sektoren haben wir Titel mit ähnlichen Eigenschaften aufgenommen, wie z. B. O'Reilly Automotive und den Getränkehersteller Diageo. Der Bedarf an Autoreparaturen wird angesichts des stark alternden Fuhrparks in den USA weiterhin hoch bleiben, und Premium-Spirituosen bleiben ein erschwinglicher Luxus, der weniger vom derzeitigen Anstieg der Inputkosten betroffen ist. Weitere Neuzugänge stammen aus der Reisebranche (Amadeus IT), die durch Corona erheblich eingeschränkt war.

Digitale Werbung

Zunehmend Sorgen bereiten uns die Aussichten für die digitale Werbung. Zahlreiche neue Unternehmen und neuere Geschäftsmodelle drängten in den vergangenen zwei Jahren auf den Markt, viele davon Tech-Firmen mit begrenztem Kundenstamm und Cashflow, die sich auf die Suche nach neuen Kunden konzentrierten. Geschätzte Startup-Finanzierung in den USA im Jahr 2021: 650 Mrd. USD (Quelle: Crunchbase), etwa doppelt so viel wie in den Vorjahren. Wir gehen davon aus, dass etwa 40 Prozent davon in die Kundenakquise/das digitale Marketing fließen werden, wobei der Großteil an wichtige Akteure wie Meta und Google geht. Dieses Ausgabenniveau könnte sich nun auf ein nachhaltigeres Niveau normalisieren. Anleger könnten daher ihre Wachstumserwartungen für die führenden Anbieter digitaler Medien herabstufen
Will Low ist im Global Equity Team von Nikko Asset Management beschäftigt.

Im Artikel erwähnte Wertpapiere

Amadeus IT Grp Br-A 65,58 -0,79%
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Diageo Rg 28,23 -0,37%
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Alphabet Class A 157,30 -5,12%
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Meta Platforms (ex facebook) 532,20 0,13%
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O Reilly Auto Rg 1.131,00 -0,66%
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Worley Unsp ADR 8,80 -0,56%
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