Quantitative Easing

Wenn Notenbanken so richtig shoppen gehen

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Seien wir ehrlich, wenn sich ein Begriff an „easy“ anlehnt, denken wir (älteren) an Easy Rider, ganz junge erinnern sich an einen Schulrucksack, auf jeden Fall halten wir das Ganze eher für etwas Einfaches, „Lockeres“, das wir wie den Rucksack auf die leichte Schulter nehmen. Ob das für das von einigen Zentralbanken inzwischen betriebene Quantitative Easing zutrifft, dürfte allerdings zumindest umstritten sein. Denn hinter dieser „Lockerung“ verbirgt sich die Tatsache, dass Notenbanken im großen Stil Wertpapiere aufkaufen als ein Instrument ihrer Geldpolitik und damit quasi Geld aus dem Nichts schöpfen.
Vielleicht wollte man mit der verharmlosenden Begrifflichkeit zum Ausdruck bringen, dass so ganz easy viel Geld in den Markt geschoben werden kann. Die Wertpapiere werden in der Regel auf dem Sekundärmarkt aufgekauft, also nicht direkt bei dem oder den einzelnen Emittenten, meist Staaten. Aber warum machen das Notenbanken überhaupt und was soll es bringen? Gute Frage, nächste Frage, würde man da gerne antworten. Ziel ist es tatsächlich, für ausreichend Liquidität zu sorgen, damit wieder investiert wird, Kredite ausgegeben werden und die Inflationsrate steigt. In erster Linie senkt eine Notenbank dann den Zins – ist dieser Pfeil allerdings bereits verschossen, muss sie einen neuen aus dem Köcher ziehen: Quantitative Easing oder kurz QE. Es dient also als ein Mittel der Notenbanken gegen eine aufkeimende Rezession und mögliche, als negativ für das Wirtschaftswachstum eingeschätzte, deflationäre Tendenzen.
 
Das Problem dabei ist allerdings, Unternehmen investieren nur, wenn sie auch Chancen sehen, dass ihre Produkte in Zukunft verstärkt gekauft werden. Da nützt das billigste Geld nichts, wenn hier Skepsis vorherrscht. Und, eine solche Überflutung des Marktes mit billigem Geld kann zu Blasenbildungen führen – und somit eher kontraproduktiv wirken. Außerdem gibt es historisch gesehen keinen Beleg dafür, dass diese Art der Geldpolitik auch funktioniert und nicht mehr Schaden anrichtet als Erfolge einheimst.

Die Fed tanzte Twist

Vorreiter war die US-Notenbank Fed, die in Folge der Finanzkrise von 2009 bis 2014 mehrere Programme durchführte, nachdem sie erst den Leitzins auf 0 Prozent gesenkt hatte. In einer ersten Tranche bis März 2010 kaufte die Fed durch Hypotheken gesicherte Wertpapiere in Höhe von 1.350 Milliarden US-Dollar und US-Staatsanleihen in Höhe von 300 Milliarden US-Dollar. Bis Juni 2011 folgten dann noch einmal für 600 Milliarden US-Dollar US-Staatspapiere. Zwischenzeitlich startete die Fed noch eine Operation mit dem hübschen Namen „Twist“, mit der sie Anleihen mit langer Laufzeit kaufte und mit kurzer verkaufte, um die langfristigen Zinsen zu kürzen. Und schließlich erfolgte ein letztes Quantitative Easing-Programm von September 2012 bis Oktober 2014, bei dem anfangs monatlich 85 Milliarden US-Dollar in den Markt gepumpt wurden. Ab Dezember 2013 wurde das QE aber auf bis zu 10 Milliarden US-Dollar pro Monat eingedampft und nach weiteren zehn Monaten schließlich ganz gedrosselt.

Die EZB zog nach

Im Januar 2015 verkündete die Europäische Zentralbank EZB ein stattliches Ankaufsprogramm. Monatlich sollten Anleihen im Wert von 60 Milliarden Euro aufgekauft werden – bis zu einer Summe von 1,14 Billionen Euro und bis spätestens Ende September 2016. Auslöser war ein Rückgang der europaweiten Inflation um 0,2 Prozent gewesen. Ähnlich wie der große Bruder aus den USA verlängerte auch die EZB kontinuierlich ihr Programm und erhöhte es auch auf zwischenzeitlich 80 Milliarden Euro pro Monat. Momentan läuft es noch mindestens bis Ende 2017 und der gewiefte Anleger fragt sich langsam, wo die EZB eigentlich all diese Papiere noch herbekommt. Jedenfalls griff die EZB nun schon nach in Euro ausgegebenen Unternehmensanleihen, weil sie allein mit Staatsanleihen nicht mehr weiter kam.
 
Ob das US-amerikanische und das europäische Programm mittel- und langfristig tatsächlich „geholfen“ hat, werden wohl erst künftige Ökonomen im Nachhinein feststellen können – das ist dann genau die Art von Prognose, die ihnen am meisten liegt - reziprok!