Stabwechsel beim Sparkassenverband Bayern

Ulrich Kirstein
Der Sparkassenverband Bayern am Karolinenplatz/ Bild: SVB
In normalen Zeiten hätte es im Nachbarhaus der Bayerischen Börse einen formidablen Festakt gegeben: Nach sieben Jahren an der Spitze des Sparkassenverbandes Bayern übergibt Dr. Ulrich Netzer den Stab an seinen Nachfolger, Prof. Dr. Ulrich Reuter aus Aschaffenburg, und geht in den Ruhestand. Doch die Zeiten sind nicht so, und deshalb gab es zwar aufmerksame Worte von Ministerpräsident Dr. Markus Söder und dem Präsidenten des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes Helmut Schleweis, aber keine musikalischen Einlagen oder appetitliche Häppchen und kein persönliches Abschiednehmen oder Begrüßen. Immerhin zählt der Sparkassenverband Bayern 64 Sparkassen mit einer addierten Bilanzsumme  von 223 Milliarden Euro und mehr als 36.000 Angestellten.
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Der neue Präsident Prof. Dr. Ulrich Reuter (links) und der scheidende Dr. Ulrich Netzer (rechts) mit typischem "Corona-Gruß".

Stützpfeiler der bayerischen Wirtschaft

"Stabil und sozial: Die Sparkassen sind ein Stützpfeiler unserer Finanzarchitektur und zeigen dazu großes soziales Engagement", so Ministerpräsident Söder und er wies auf ihre Wichtigkeit gerade auch in der Pandemie hin: "Während Corona wird ihre Bedeutung als regionaler Partner für den Mittelstand wieder besonders deutlich. Jetzt gilt: Durchhalten und dann gemeinsam Durchstarten. Der Sparkassenverband ist modern, digital und effizient aufgestellt". Und Söder bedankte sich herzlich bei  Ulrich Netzer "für die jahrelange, verlässliche Arbeit" und wünschte seinem Nachfolger Ulrich Reuter "einen guten Start und viel Energie in dieser herausfordernden Zeit“. Präsident Schleweis betonte den unermüdlichen Einsatz von Netzer für starke Sparkassen in Bayern. Dabei habe er auch den "guten Zusammenhalt der Sparkassen bundesweit im Blick" gehabt.

Digitalisierung und Niedrigzins

Ulrich Netzer (65) trat sein Amt als Präsident des Sparkassenverbandes Bayern 2014 an. Die Herausforderungen seiner Amtszeit lagen in der Digitalisierung und dem schwierigen Marktumfeld von Niedrig- bis Negativzinsen. In seiner Amtszeit ging es Netzer insbesondere um eine effizientere Organisations- und Entscheidungsstruktur der dezentral aufgestellten Gruppe, um die Sparkassenorganisation insgesamt schlagkräftiger und zukunftsfest zu machen. Die Regionalverbände sollten sich zum einen ihre Arbeit mehr aufteilen, zum anderen aber sollte das Sparkassen-Zentralinstitut vermehrt Tätigkeiten übernehmen. Netzer selbst betonte, "die Sparkassen werden ihre Aufgabe als Marktführer auch in Zukunft hervorragend leisten. Entscheidend ist dabei das effiziente Zusammenspiel innerhalb unserer Finanzgruppe und der Blick der Sparkassen vor Ort auf ihre Kunden, auf die Menschen in ihrer Region".

Keine Zeit für Pausen

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Prof. Dr. Ulrich Reuter, der neue Präsident des Sparkassenverbandes Bayern
Prof. Dr. Ulrich Reuter (58) war bereits im März 2020 vom Verbandsverwaltungsrat zum neuen Präsidenten für fünf Jahre gewählt worden. Der Jurist und Professor für öffentliches Recht und Europäisches Wirtschaftsrecht an der Hochschule Aschaffenburg war von 2002 bis 2020 Landrat im Kreis Aschaffenburg. Davor arbeitete er zehn Jahre als leitender Angestellter für die Deutsche Bank sowie als Rechtsanwalt in Frankfurt. Reuter blickt auf eine lange Karriere beim Sparkassenverband zurück: Er war bereits langjährig 1. Verbandsvorsitzender und damit Vorsitzender des Verbandsverwaltungsrates des Sparkassenverbandes Bayern, Mitglied in mehreren Beiräten und Stiftungsräten des Sparkassenverbandes, langjähriges Mitglied bzw. Vorsitzender des Verwaltungsrates der Sparkasse Aschaffenburg-Alzenau und des Sparkassen-Bezirksverbandes Unterfranken. Viel Zeit zum Einarbeiten bleibt Reuter nicht und so betonte er, dass der Stabwechsel keine Pause zulasse und die Schrittfrequenz hoch bleibe.

Sparkassen sind und bleiben unverzichtbar

"2020 hat die Corona-Pandemie die Herausforderungen für die regionale Kreditwirtschaft etwas in den Hintergrund der öffentlichen Wahrnehmung gerückt", so Reuter. "Das Jahr 2021 wird für die gesamte Finanzwirtschaft und insbesondere für die Sparkassen ein Jahr von enormer Bedeutung, wohin man auch blickt: Die Bewältigung der Corona-Pandemie ist noch nicht absehbar, so sehr die Politik auch vieles dafür tut, die negativen Folgen abzumildern. Die Negativzinslandschaft wird aller Voraussicht nach noch stürmischer. Die Digitalisierung gewinnt weiter an Fahrt - im Kundenverhalten, in der Nutzung der Dienste und in den internen Prozessen. Die Aufsicht und die Regulierung haben nach unserer Überzeugung nach wie vor kein rechtes Maß für die regionalen Strukturen des 3-Säulen-Modells. Der Zusammenhalt aller Verbundpartner in Bayern, aber auch darüber hinaus in der Sparkassen-Finanzgruppe, wird unverzichtbar sein, wollen wir eine Chance für ein erfolgreiches Jahr 2021 und darüber hinaus wahren", betont Reuter.
 
Er erinnert aber auch an die besonderen Verpflichtung seiner Gruppe: "Als Marktführer in nahezu allen Segmenten haben wir die Verpflichtung, unserem öffentlichen Auftrag gemäß zur Entwicklung der regionalen Wirtschaft aktiv beizutragen und für die Bedürfnisse, insbesondere für die Alterssicherung, der Bevölkerung Beratungsangebote, Produkte und Dienstleistungen bereit zu stellen. Ich habe die feste Überzeugung, dass die Sparkassen aktuell und künftig unverzichtbar sind - das haben die Kolleginnen und Kollegen in den Sparkassen in den letzten Wochen und Monaten eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Zugleich habe ich persönlich ein hohes Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der Sparkassenorganisation. Der Sparkassenverband Bayern wird seinen Beitrag dazu weiter verstärken".