Bayerische Sparkassen blicken auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2017 zurück

Ulrich Kirstein
Bild: Sparkassenverband Bayern
„Wir messen unseren Erfolg an den Kunden – wie kommen wir bei den Kunden an“, das war eine der zentralen Aussagen von Dr. Ulrich Netzer, Präsident des Bayerischen Sparkassenverbandes, bei Vorlage der Zahlen für 2017. Diese konnten sich durchaus sehen lassen, trotz Niedrigst-, ja Negativzinspolitik, hohem Regulierungsaufwand und fortschreitender Digitalisierung. Gestimmt haben dafür die konjunkturellen Rahmenbedingungen, denn die bayerische Wirtschaft ist stärker als erwartet gewachsen. 130,6 Milliarden Euro erreichte so das Kreditwachstum, 3,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Besonders stark, nämlich um 5,6 Prozent auf 68,2 Mrd. Euro, stiegen dabei die Kredite an Unternehmen. Ein weiteres Wachstumsfeld stellte das Wertpapiergeschäft dar, es kletterte auf exakt 20 Milliarden Euro – ein Zuwachs von 21 Prozent! Der Provisionsüberschuss erhöhte sich so um fast 10 Prozent auf 116 Mio. Euro. Deutlich weniger jedoch sprudelte die Haupteinnahmequelle der Sparkassen – das Zinsergebnis. Es ging um 160 Mio. Euro auf 3,5 Mrd. Euro zurück. Insgesamt konnten die Sparkassen ein Ergebnis vor Steuern von 801 Mio. Euro und damit 1 Prozent höher als im Vorjahr verbuchen. Dafür zahlten die Sparkassen auch 458 Mio. Euro Steuern, vergaß Ulrich Netzer nicht zu erwähnen. Doch in Zukunft sei es schwierig, dieses Ergebnis zu halten. „Der Zinsüberschuss wird strukturell bedingt weiter sinken. Auf Dauer wird es extrem schwierig, den Rückgang über andere Ertragsquellen und Kostensenkungen vollständig aufzufangen“, so Netzer.

Immobilien werden (fast) unerschwinglich

Eine rückläufige Wachstumstendenz zeigten die Kredite für den Wohnungsbau, auch wenn sich der Bestand noch einmal um 5 Prozent auf 70,2 Mrd. Euro erhöhte. Fast 70 Prozent entfallen dabei auf Immobilienkredite an Privatpersonen. Aber, so Netzer, gerade in Ballungsräumen werde es für Normalverdiener aufgrund des hohen Preisniveaus immer schwieriger, sich ein Eigenheim zu finanzieren. Und er wies darauf hin, dass die Politik etwa bei der Gewerbesteuer durchaus die Schraube ansetzen könnte, da oftmals das ersparte Eigenkapital gerade zur Abdeckung dieser Ausgaben reiche.  Das Baukindergeld sei eine gute Sache, reiche allein aber kaum aus.

Wertpapiersparen muss auch für kleine Einkommen möglich bleiben

Im Wertpapiergeschäft überstiegen die Käufe deutlich die Verkäufe, der Nettoabsatz stieg um 10 Prozent auf 1,73 Mrd. Euro – im Vorjahr waren es sogar 40 Prozent gewesen. Die Sparkassenkunden suchen also vermehrt den Weg aus dem Niedrigzinstal. Einen wahren Boom erlebten dabei Fondssparpläne – selbst mit einem geringen monatlichen Betrag sind die Kunden hier dabei. Deshalb warnte Netzer eindrücklich vor einem Wechsel des Provisionsmodells hin zur Honorarberatung. „Damit würden wir Kleinsparer vom Wertpapiergeschäft ausschließen! Das kann nicht sein, so Netzer, schließlich sei es für die Altersvorsorge enorm wichtig, hier aktiv zu sein.

Sparkassen und Digitalisierung im Dienste der Kunden

Wie aber sehen sich die Sparkassen in der Zukunft aufgestellt? Roland Schmautz, Vizepräsident des Sparkassenverbandes Bayerns, zählte wesentliche Entwicklungen auf: Über Voice-Banking kann künftig über einen Sprach-Assistenten auf das Konto zugegriffen werden – selbstverständlich sicher und anonym. Vorerst für Google Assistant und als Pilotanwendung durchgeführt, wird eine breitere Verfügbarkeit bald folgen. Sich vor dem nächsten Großeinkauf noch einmal schnell über seinen Google Home Lautsprecher vergewissern, ob noch genügend Geld auf dem Konto ist, wird künftig kein Problem mehr sein.

Überweisung in Echtzeit

Einen weiteren Schritt zum bargeldlosen Zahlungsverkehr unternehmen die Sparkassen mit der mobilen Zahlung per Smartphone. Bereits heute sind über die Hälfte der Sparkassencards mit einem NFC-Chip (Near Field Communication) ausgestattet und damit bereits für das mobile Zahlen an Scanner-Kassen ausgerüstet. Der Kunde braucht seine Karte gar nicht mehr einzustecken. Ab Mitte 2018 wandert dieser Chip quasi in das Smartphone der Kunden und macht das Handy zur digitalen Geldbörse. „Beträge unter 25 Euro können die Kunden sogar ohne PIN bezahlen“, fügte Schmautz hinzu.
 
Ausreden, man habe bereits überwiesen, das Geld ist aber noch „unterwegs“ gelten künftig auch nicht mehr – zumindest in Europa. Denn mit Hilfe von Instant Payment ist eine Echtzeit-Überweisung möglich, da auf Daten-Zwischenhändlern verzichtet wird. Ab Mitte 2018 soll diese Echtzeit-Überweisungen, die für Händler und Kunden auch noch günstiger sind, von den Sparkassen als erste Institutsgruppe in Deutschland eingeführt werden. Via „Kwitt“ funktioniert dies bereits heute über das Handy, erinnerte Schmautz, immerhin 800.000 Nutzer machten davon inzwischen Gebrauch.

Mit einem Bein in der digitalen Zukunft 

Wie wird es konkret für die Sparkassen weitergehen? „Wir dürfen uns auch von der augenblicklich guten Konjunktur nicht den Blick auf den weiterhin bestehenden strukturellen Handlungsbedarf verstellen lassen“, führte Netzer aus. „Im Moment fahren wir ein „Hybrid-Geschäftsmodell“ – mit einem Bein in der digitalen Zukunft, während wir mit dem anderen in der Gegenwart Flächenpräsenz pflegen. Das digitale Standbein wird allerdings, gerade angesichts neuer Wettbewerber, noch viel stärker werden müssen.“ Die Strategie müsse sich an der realen Entwicklung ausrichten, „kein grundloser Technikhype, aber mindestens ‚state of the art‘.“ Der entscheidende Vorteil der Sparkassen sei ihre ganzheitliche Nähe zu ihren Kunden, den gelte es gegenüber den meist spezialisierten Newcomern auch im digitalen Markt auszubauen.