Rätselhafte Aktien-Rally

Ulrich Kirstein mit der Presseschau am Freitag
Ulrich Kirstein / Bild: BBAG/Killius
Warum läuft die Börse so viel besser als die Wirtschaft und kommt jetzt der große Knall, das war so etwa das Thema, das die Finanzpresse vergangene Woche interessierte. „Rätselhafte Aktien-Rally“ schrieb zum Beispiel das Handelsblatt am Montag. (Sinn-)Bildlich konnte man das bei Focus Money erleben: Das Titelbild war quergeteilt in eine grüne und eine rote Hälfte und überschrieben mit „Bullenmarkt oder Bullenfalle?“. Dazu fünf Experten, die eine Einschätzung der Lage gaben In Form von Fundamental-, Liquiditäts-, Markt-, Stimmungs- und Chart-Analyse. Dagegen setzt Börse online auf dem aktuellen Titelbild gleich auf „Zeit für Gold“. Herausgeber Frank-B. Werner vermutet im Editorial sogar, dass an der Börse „Schlafwandler“ unterwegs seien, die die schlechten Nachrichten ignorieren, oder sich eben auf die unerschöpfliche Geldquelle der Notenbanken berufen. Apropos Gold: Focus Money ist der Überzeugung, dass Silber „das bessere Gold“ sei. Ob man sich darauf beim Schmuckkauf für die Partnerin berufen kann, sei einmal dahingestellt.

Streit im Wohnzimmer

Nicht nur die Experten denken über Bullenmarkt oder Bärenfalle oder umgekehrt nach, nein, auch Eheleute kommen sich deshalb in die Haare, das zumindest schreibt die Börsen-Zeitung vom 10./11. Juni unter der Überschrift „Börse sorgt in deutschen Wohnzimmern für Streit“. Basis ist eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts FORSA für Union Investment. Nur 13 Prozent der Privatanleger rechnen mit einer Seitwärtsbewegung, während ungefähr genauso viele mit steigenden oder fallenden Kursen rechnen. Damit der Streit im Wohnzimmer nicht eskaliert, sollte vielleicht ein Küchenkabinett eingerichtet werden! Dazu passt dann ja der Artikel von Marile Glöcklhofer auf unseren Südseiten, dass Frauen die besseren Anleger seien, wie eine Studie belegt, während Männer als "Meister der Selbstüberschätzung" gelten.

Wumms oder Murks?

Nachdem das von der Regierung geschnürte Konjunkturpaket zuerst auf viel Beifall stieß, meldeten sich nun immer mehr Kritiker zu Wort. Thomas Sigmund versuchte im heutigen Handelsblatt gegenzusteuern: „Zerredet nicht das Konjunkturpaket!“ überschrieb er seinen Kommentar. Darin erinnerte er an das Ludwig-Erhard-Wort, dass Wirtschaft zu 50 Prozent Psychologie sei – immerhin, an der Börse sollen es ja 90 Prozent sein. Sigmund attestierte der GroKo mit ihrem Programm „Gestaltungskraft“ und appellierte an die Politik – nicht an die Ökonomen – dass aus dem „Wumms“ nun kein „Murks“ werde. Noch am Montag hatte das Handelsblatt auf der Titelseite „Zweifel an der Wirksamkeit“ vermerkt und Ökonomen zu Wort kommen lassen. Wir werden sehen, ob es "Wumms" am Ende zum Wort oder Unwort des Jahres schafft - oder es doch Corona-Krise wird.

Dickes Auto – dicke Steuern

Viel Auto gab es in der heutigen Ausgabe der Welt. Denn schon die ersten vier Hochglanzseiten kamen von einer bekannten Stuttgarter Automarke mit dem seltsamen Spruch: „Gedacht für die Wildnis. Gemacht für Euch“. Da ausschließlich Frauen abgelichtet sind, bezieht sich das „Euch“ wohl auf das weibliche Geschlecht, während die Männer in der Wildnis bleiben müssen – ohne Auto. Und den Finanzenteil macht Die Welt mit einem Autoquartett auf, das uns mitteilt, wie stark die Kfz-Steuer je nach Typ 2021 steigen soll. „Die Karten werden neu gemischt“ titelt die Zeitung dazu – da wird die Abendzeitung München deutlicher: „Dickes Auto – dicke Steuern“! Wir lernen: Es wird kompliziert und meistens teurer - aber das bezieht sich ja nicht nur auf Autos...