Norbert Betz / Bild: BBAG/Killius
Nicht jeder, der sich für die Börse und Aktien einsetzt und Anleger vom Kauf eines bestimmten Wertpapieres überzeugen will, hat auch lautere oder seriöse Absichten. Oftmals steht reiner Eigennutz dahinter, Vorsicht ist hier geboten. Es gibt aber einige Warnzeichen vor solchen Angeboten, Norbert Betz zeigt einige auf in dieser 17. Episode seiner Börsenpsychologie.
Neben seriösen Formen der Informationsverbreitung von Finanzmagazinen, Wertpapierberatern oder jüngst auch zumindest einigen Bloggern und Finfluencern, gibt es die wesentlich gefährlicheren, die ihre Kunden ganz bewusst zum eigenen Vorteil täuschen wollen, und vor diesen sei hier eindringlich gewarnt. Selbst ernannte Börsen-Gurus oder Herausgeber von Börsenbriefen, die beispielsweise einen Titel über den grünen Klee loben, den sie selbst in großen Mengen halten. Gerne sind es sogenannte Penny-Stocks, die pro Aktie nur einen geringen Wert aufweisen, die so in die Höhe gejubelt werden. Denn aus solchen Kaufempfehlungen ergibt sich eine Art „self-fulfilling prophecy“: Je mehr Anhänger des Gurus oder Börsenbriefes den Rat befolgen, desto höher klettert die Aktie, und desto mehr Unentschlossene steigen dann noch auf den fahrenden Zug auf. Das führt dazu, dass das Renommee und die Sogwirkung des Gurus noch besser werden – schließlich hat er ein goldenes Näschen bewiesen. Es kann aber auch sein, dass er schlicht den hohen Kurs zum Verkauf seiner üppigen Positionen nutzt und die restlichen Anlieger auf den dann wieder gesunkenen Kursen sitzen bleiben. Er hat sich auf jeden Fall ein goldenes Näschen dabei verdient!
Boom ohne Substanz
In der Boom-Zeit an der Börse, um das Jahr 2000, gab es selbst im Fernsehen beliebte Börsenshows für Laien. Tipps, die dort unterbreitet wurden, lösten einen regelrechten Run an der Börse aus. Damals steigerte sich innerhalb von Minuten ein solcher Titel um 100 Prozent – ohne jegliche Substanz bei den Unternehmenszahlen. Heute ist es nicht mehr das Fernsehen, heute sind es gerne die sozialen Netzwerke, in denen sich die Gurus herumtreiben und Titel nach oben schreiben und ihrer Community schmackhaft machen. Plötzlich schaffen es dann Aktien unter die meistgehandelten, deren Geschäftsmodell wie -erfolg eher zweifelhaft erscheint. Ein Blick ins Zahlenwerk lohnt immer!
Warnzeichen vor unseriöser Geldanlage
- Wenn konkrete Angebote mit Superlativen wie „absolute Kursrakete“ und „Kursgarantien“ von gerne mehreren Hundert Prozent gemacht werden, sollten Sie überprüfen, ob seriöse Medien eine ähnliche Meinung hegen, oder mit Ihrem Bankberater darüber sprechen.
- Skeptisch sollte es Sie machen, wenn Sie unaufgefordert Material zugesandt bekommen. Diese sogenannte Kalt-Akquise ist bei uns eigentlich verboten.
- Sehr befremdlich sind auch Faxe, die Sie aus Ihrem Gerät ziehen (soweit noch vorhanden – und es gibt mehr davon, als viele glauben), und die gar nicht an Sie adressiert sind, sondern sich als Irrläufer tarnen. Da wird dann einem Freund zu einer Aktie geraten, die 100-prozentige Gewinnchancen verspricht, aber pst! Nicht weiterverraten!
- Wenn der Kurs eines empfohlenen Unternehmens extrem niedrig ist, ein Pennystock, dann sollte mit besonderer Vorsicht vorgegangen werden. Erstens hat eine solch niedrige Bewertung oftmals einen Grund, und der ist bestimmt nicht schön. Zweitens könnte es sich überhaupt um eine Vortäuschung eines gar nicht operativ tätigen Unternehmens handeln, gerade auch, wenn es an einem wenig regulierten Börsenplatz gelistet ist.
- Lassen Sie sich auch nicht täuschen von Hochglanzbroschüren und tollen Internetauftritten, auch die können gefakt sein. Zumindest sagen sie wenig über die Substanz eines Unternehmens aus. Viele Anleger am grauen Markt mussten ihre Investitionen in scheinbar attraktive Ostimmobilien, Containerflotten oder US-Filme abschreiben.
Norbert Betz, Leiter der
Handelsüberwachung an der Börse München, setzt sich seit Jahren mit den
Psychofallen an der Börse auseinander: als leidenschaftlicher Trader wie
als distanzierter Marktbeobachter, als Referent (online und offline)
und Autor.
Gemeinsam mit Ulrich Kirstein hat er
Börsenpsychologie simplified, 2. Auflage 2015,
erschienen im FinanzBuchVerlag, geschrieben. Für die Börse München
außderdem das Booklet Psychofallen an der Börse. Wie wir sie erkennen
und vermeiden. (2. Auflage 2021)