Inflation

Gefühlt oder real: welche Inflationsrate ist "die richtige"?

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In Deutschland ist die Inflationsangst besonders ausgeprägt, noch immer, muss man sagen, weil den Anlass dafür, die Hyperinflation der 1920er Jahre, längst niemand mehr wirklich erlebt hat. In anderen Ländern koppelt sich an eine höhere Inflation oftmals die Hoffnung, die Schuldenlast leichter (ab)tragen zu können. Denn tatsächlich müssen Schuldner dann – und der größte Schuldner ist in der Regel der Staat – am Ende weniger zurückzahlen. Ausgetragen wird das allerdings auf dem Rücken der Sparer, denn die bekommen am Ende weniger reale Kaufkraft zurück, als sie auf die Bank getragen haben.
Aber Achtung: Die offiziell gemeldete „Teuerungsrate“ – derzeit ja zwischen 1 und 2 Prozent – entspricht nicht der tatsächlichen Inflation! Denn die Teuerungsrate geht von wichtigen Prinzipien aus: Sie legt einen Warenkorb zugrunde, der in seiner Zusammensetzung nicht immer den reellen Notwendigkeiten des täglichen Lebens entspricht. Wir kaufen in der Regel nicht jedes Jahr ein neues Auto oder einen neuen Computer oder Fernseher.
 
Außerdem werden die Produkte, gerade technische Produkte, einer „hedonischen“ Betrachtung unterzogen. Das bedeutet, wenn ein Computer eine höhere Leistung aufweist, und im Preis gestiegen ist, wird dies nicht als Preiserhöhung gerechnet, schließlich bekommt der Kunde ja mehr für sein Geld. Problem ist nur, dass es meist keine günstigeren Computer mit weniger Leistung gibt und sich nicht für jeden Kunden erschließt, dass er die Zusatzleistungen wirklich benötigt. Bei Autos ist das ja ganz ähnlich.

Schweinefleisch statt Kalb

Außerdem gehen die Bestücker des Warenkorbs davon aus, dass teurer gewordene Produkte durch billigere substituiert, ersetzt werden. Will heißen, wird Kalbfleisch teurer, greifen die Bürger eben verstärkt zu Schweinefleisch. Trotzdem bleibt Fakt, dass Kalbfleisch teurer geworden ist und das merken wir an der Fleischtheke – insofern spricht man von „gefühlter Inflation“, müsste es aber eigentlich „tatsächliche Preissteigerung“ nennen! So kam eine Gemeinschaftsstudie der Universität Hohenheim und der ING-DiBa zu dem Ergebnis, dass trotz der aktuell niedrigen, kommunizierten Inflationsrate 85 Prozent der Bürger das Gefühl haben, dass die Preise steigen und knapp die Hälfte gibt an, dass sie davon ganz persönlich betroffen seien.
 
Als inflationsresistent gelten im Übrigen Aktien, denn hier beteiligt sich der Anleger ja ganz direkt an Sachwerten, ob nun materiell oder immateriell. Es gibt aber auch eigene Finanzprodukte mit Inflationsschutz, zum Beispiel Inflationsbonds, oder, genauer, inflationsindexierte Anleihen. Mehrere Fondsgesellschaften haben neue Produkte aufgelegt, die in solche Papiere – die gerne kurz „Linker“ genannt werden, von Inflation-linked Bonds – investieren. Die Anleihen sind meistens an einen Index gekoppelt, zum Beispiel an den Europäischen Verbraucherpreisindex. Steigt dieser, gleichen die Anleihen dies aus. Auch der Bund gibt inflationsindexierte Anleihen heraus. Als Referenzindex für den Inflationsausgleich gilt der „HVPI – ohne Tabak“, der harmonisierte Verbraucherpreisindex.
 
Doch kostenlos ist diese Versicherung nicht: In der Regel fällt der Kupon niedriger aus als bei herkömmlichen Anleihen. Und: Der Kauf der Papiere ist nur dann ein gutes Geschäft, wenn die Inflation höher ausfällt als erwartet