Prof. Dr. Bernd Meyer / Bild: Berenberg
Die erstmalig niedriger als erwartete US-Inflation löste eine Aktienrallye aus. Treiber waren fallenden Zinsen, ein schwächerer US-Dollar und die niedrige Aktienpositionierung vieler Anleger. Von einem Short-Covering haben besonders Tech-Aktien profitiert, die teilweise um mehr als 20 Prozent zulegten. China-Hoffnungen und der Aufbau von Aktien durch Trendfolgestrategien infolge des besseren Momentums und fallender Volatilität verstärkten den Kursanstieg. Ob die Jahresendrallye weitergeht, hängt vor allem von der nächsten Inflationszahl und der Reaktion der Fed darauf Mitte Dezember ab. Sollte die Volatilität bis dahin weiter fallen, dürften weitere systematische Strategien in den Markt gedrängt werden. Auf der anderen Seite sorgt aber die starke Outperformance von Aktien gegenüber Anleihen seit Quartalsbeginn für Rebalancierungsdruck zum Jahresende hin. Folglich dürfte das weitere Aufwärtspotenzial kurzfristig begrenzt sein. Entscheidend für die mittelfristige Richtung der Märkte dürfte aber die Entwicklung der Unternehmensgewinne sein.
Kurzfristiger Ausblick: Weniger Aufregungen
Die kommenden zwei Wochen dürften weniger aufregend werden. Die großen Zentralbanken kommen erst wieder Mitte Dezember zusammen und politisch wird es erst am 15./16. Dezember auf dem EU-Gipfeltreffen wieder spannend. Am 24. November sind die US-Börsen aufgrund von Thanksgiving teilweise geschlossen. Diese Woche stehen viele Stimmungsindikatoren an. Am Mittwoch werden die vorläufigen S&P-Einkaufsmanagerindizes (Nov.) für die Eurozone, Großbritannien und die USA sowie die US-Auftragseingänge (Okt.) für langlebige Güter und das US-Verbrauchervertrauen (Uni Michigan, Nov.) veröffentlicht. Das deutsche (ifo) und das französische (Insee) Geschäftsklima folgen am Donnerstag. In der Folgewoche stehen die vorläufigen Inflationszahlen (Nov.) für die Eurozone, die Einzelhandelsumsätze (Okt.) für Deutschland sowie die ISM-Einkaufsmanagerindizes (Nov.) und das Verbrauchervertrauen (Conf. Board, Nov.) für die USA an.
- Infolge der überraschend „niedrigen“ US-Inflationsdaten hat der Dollar kräftig abgewertet – auch ggü. dem Euro. Anleger rechnen nun mit weniger Zinsschritten der Fed. Entsprechend würde der Dollar an relativer Attraktivität verlieren.
- Auch wenn der Euro nach Kaufkraftparität deutlich ggü. dem Dollar unterbewertet ist, dürfte die weitere Aufwertungnur langsam voranschreiten. Denn zum einen halten spekulative Anleger bereits deutliche Long-Positionen und zum anderen kämpft der Euroraum mit seinen eigenen Problemen wie der Energiekrise.
Ausgewählte Asset-Klassen
- Zuletzt gab es eine größere Spreizung innerhalb der verschiedenen Anlageklassen.
- Innerhalb der Rohstoffe entwickelten sich zum Beispiel Edel- und Industriemetalle positiv, während Rohöl deutliche Verluste verbuchte.
- Am schwächsten entwickelte sich aber der Dollar, worunter USD-denominierte Anlagen merklich litten
- Alle hier dargestellten Aktienregionen gewannen über den letzten Monat hinzu. Zyklische Segmente wie Osteuropa oder der DAX entwickelten sich dabei am erfreulichsten. Nachdem die US-Inflationszahlen nach unten überrascht haben, halten Anleger ein „Soft-Landing“-Szenario wieder für möglich.
- US-Titel entwickelten sich mit Abstand am schwächsten, allerdings ist dies auch durch die negative Dollarentwicklung zu erklären
- Auch Anleihen legten über die letzten vier Wochen kräftig zu. Dabei sind nicht nur die Zinsen gefallen, sondern haben sich auch die Spreads eingeengt. Entsprechend liegen risikoreichere Segmente wie Euro-High-Yield, italienische Staatsanleihen und US-Unternehmensanleihen weit vorne.
Prof. Dr. Bernd Meyer ist Chefstratege Wealth and Asset Management bei
Berenberg.
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Datum: 21. November 2022