Geht es noch tiefer?

Ulrich Kirstein mit der Presseschau am Freitag
Ulrich Kirstein / Bild: BBAG/Killius
Der DAX hat sich in dieser aufgrund des Feiertages kurzen Arbeits- aber normalen Handelswoche oberhalb der 14.000 Punkte behauptet und gegen Ende sogar angezogen. Nicht nur Anlegerinnen und Anleger sind dankbar für positive Nachrichten aller Art („Fed-Protokolle beruhigen Anleger“ - Börsen-Zeitung und „EZB-Chefin Lagarde: Im Moment sehen wir keine Rezession im Euro-Raum“ – Handelsblatt als zwei Beispiele). Während in der Bundesliga die Ab- und Aufstiegskandidaten feststehen, gibt es den Entscheid im DAX erst am 3. Juni. Beiersdorf, im Fußball würde der Nivea-Konzern als „Fahrstuhlmannschaft“ gelten, steht vor dem Wiederaufstieg, außerdem dürfte Rheinmetall in den Leitindex kommen. Eines der Themen der Woche war (und ist) Davos: „Westen und Europa sortieren in Davos ihre Werte neu“, heißt es in Die Welt, ohne klarzustellen, ob alphabetisch oder nach Größe.

Wie tief ist tief?

Die Frage der Fragen für alle Investoren wirft Focus Money diese Woche auf: „Jetzt kaufen?“ Denn, so die nächste Frage: „Wie tief können die Kurse noch fallen?“. Schlimmstenfalls auf null, würden wir sagen, das ist zumindest mathematisch die letzte Möglichkeit, an der Börse aber eher unwahrscheinlich. Außerdem verspricht das Magazin „Rendite ohne Kopfschmerzen“! Wir sind überrascht: Verursachte Rendite bisher Kopfschmerzen oder bekamen wir nicht eher Kopfschmerzen, wenn es mit der Rendite nicht klappte? „Gibt es eine Anlagestrategie ohne Risiko?“ fragt hingegen Börse Online und stellt das Thema „Sicherheit“ in den Vordergrund. Unter anderem fand die Redaktion „Aktien, die seit 10 Jahren immer steigen“. Die Vergangenheit vorauszusehen ist immer leichter als die Zukunft. In dieselbe Kerbe wie die beiden Magazine schlägt das Handelsblatt auf dem Titel der Wochenendausgabe: „Der Perfekte Sturm: Krieg, Inflation, Rezessionsangst – wie schlimm wird die Krise für die Weltwirtschaft?“ Was tun? „So geht das mit den ominösen Leerverkäufen“ schreibt Traders‘: „Geld verdienen mit fallenden Kursen“. Krisen, fallende Kurse und Sicherheit auf einen Streich?

Himmelfahrt

Die Süddeutsche Zeitung überschrieb ihre Ausgabe am Tag vor Christi Himmelfahrt mit „Feiertagsausgabe“. Und darunter durften wir lesen: „Chef sein? Nein Danke“ und „Kevin Kühnert. Vom SPD-Rebellen zum Diener der Partei“. Und nein, es waren zwei Artikel ohne Bezug aufeinander! Außerdem stand noch auf der Titelseite: „Wenn Pinkeln politisch wird“. Also wenn das keine Feiertagslektüre war… Beim Pinkeln ging es übrigens um die feierliche Eröffnung eines neuen Toilettenhauses in Berlin - man freut sich als Politikerin und Politiker immer, wenn man ein Band durchschneiden darf, egal was dahinter liegt. Das Problem ist dabei, dass Berlin zwar über fast 300 Bezahltoiletten verfügt, diese aber dauernd ausgeraubt werden. Das Bedürfnis kostenlos erfüllen zu dürfen, ginge auch nicht, weil die Toiletten sonst zum längeren und quasi unsachgemäßen Verweilen genutzt würden. Die Delinquenten werden aufgrund der paar Münzen kaum gefasst, denn, „Geld stinkt nicht“, wie es bekanntlich heißt. Der Spruch geht übrigens auf Kaiser Vespasian zurück – als er eine Steuer auf Urin einführte…

Zeitenwende

„Zeitenwende“ könnte es unter die Wörter des Jahres 2022 schaffen – 2021 lautete es, zur Erinnerung, „Wellenbrecher“. Vielleicht gewinnt aber auch „Schwere Waffen“? Helmut Kipp setzt seinen Kommentar „Zeitenwende“ in der Börsen-Zeitung über die neue Bewertung von Lieferdiensten. Wenn wir es richtig verstehen, setzen Investoren jetzt nicht mehr auf grenzenloses Wachstum bei jenen, die uns Lebensmittel oder Essen frei Haus liefern, sondern hätten auch ganz gerne ganz bodenständig eingeradelte oder eingefahrene Gewinne. Ob da mancher Gorilla zum Schimpansen schrumpft? Die Affenpocken sind zumindest nicht schuld daran.

König Fußball

Erstmals schaffte es ein dritter deutscher Fußballverein unter die ersten dreißig der wertvollsten Vereine Europas. Dank des Gewinns der Europe League landete Eintracht Frankfurt mit einem Wert von 428 Mio. Euro auf Platz 23. Ausgerechnet hat das der Datenanbieter Football Benchmark, aufgelistet die Börsen-Zeitung in „Eintracht in luftigen Höhen“ – wir hatten bei der Headline eher an eine Schlange von einträchtig wartenden Bergsteigern kurz vor dem Gipfel des Mount Everest gedacht. An erster Stelle (beim Fußball, nicht auf dem Gipfel) steht Real Madrid mit fast 3,2 Mrd. Euro, vor Manchester United (2,9 Mrd. Euro) und dem FC Barcelona (2,8 Mrd. Euro). Immerhin auf Rang 4 folgt schon Bayern München (2,8 Mrd. Euro) und auf Rang 13 (ausgerechnet) Borussia Dortmund mit einer Bewertung von 1,2 Mrd. Euro. Bei einigen Fußballvereinen fragt man sich allerdings, ob nicht ein Minuszeichen vor den Wert gehört? Anleger sehen die börsennotierte Vereine etwas skeptischer als Football Benchmark: Da bringt  es Manchester United, wie ein Blick auf unsere Website zeigt, auf 618 Mio. Euro und Dortmund auf 431 Mio. Euro Marktkapitalisierung!

Corona-Bilanz

Wie bekämpft der Deutsche das Corona-Virus am wirkungsvollsten? Impfen, Masken, Demonstrieren, Abstand halten, Hände waschen, Isolation, Homeoffice? Glaubt man der Bilanz eines Unternehmens, mittels Staubsaugen und Kochen. Denn Vorwerk konnte aufgrund der anhaltenden Nachfrage nach dem Thermomix und seinen Staubsaugern auch im zweiten Corona-Jahr kräftig wachsen, entnehmen wir Die Welt. „Thermomix läuft auf Hochtouren“ bekräftigt das Handelsblatt. Leider müssen wir jetzt Schluss machen, der Staubsauger ruft…