Krieg und Zero-Covid-Politik – wie sich Anlegerportfolios rüsten

Christian Nemeth, Zürcher Kantonalbank Österreich AG
Christian Nemeth /Bild: Zürcher Kantonalbank Österreich AG
Ein Themen-Dreieck beschäftigt derzeit die Wirtschafts- und Finanzexperten: Inflation, damit verbundene Leitzinsanhebungen sowie zunehmende Risiken für das Wirtschaftswachstum sorgen für eine undurchsichtige Gemengelage. Diese wird durch den Ukraine-Russland-Konflikt und die strikte Zero-Covid-Politik Chinas weiter angeheizt.
Inflation ist der Dauerbrenner unter Volkswirten, Strategen und Asset Managern. Leider gibt es nach wie vor keine Entwarnung. Wir hoffen zwar, dass wir bald den Gipfel erreicht haben, in manchen Teilaspekten war das vielleicht auch schon der Fall. In der Eurozone betrug die Verbraucherpreisinflation im April 7,5 Prozent, das ist auch im Jahresvergleich eine extrem hohe Zahl und man muss Jahrzehnte zurückgehen, um ähnliche Werte zu sehen. Sicherlich auch unangenehm ist, dass die Inflation zudem in der Breite zugenommen hat. Auch die Kerninflation mit den weniger volatilen Elementen im Warenkorb, also ohne Rohstoffpreise und Lebensmittelpreise, ist auf Jahressicht um 3,5 Prozent gestiegen.

Die Fed reagiert schon, die EZB ist unter Druck

Angesichts der hohen Inflationsraten müssen die Notenbanken reagieren. An vorderster Front steht die amerikanische Fed. Soeben hat diese einen großen Zinsschritt von 0,5 Prozent beschlossen. Die Erwartung geht eindeutig in die Richtung, dass auch bei der nächsten Sitzung um 0,5 Prozent angehoben wird und bei allen anderen Erhöhungen im heurigen Jahresverlauf um jeweils 0,25 Prozent, sodass wir auf ein Niveau von etwa 2,5 Prozent gegen Jahresende kommen. Von der unterstützenden Zinspolitik wäre dann gar nichts mehr übrig. Auch in der Eurozone, wo der Ukraine-Krieg natürlich mehr Auswirkungen auf die Wirtschaft hat, steht die in der Vergangenheit zögerlichere EZB unter Zugzwang. Auch hier wird man nicht darum herumkommen, einen ersten Zinsschritt zu setzen. Wir gehen davon aus, dass das im Herbst, spätestens im Winter passieren wird. Die Märkte preisen aktuell auch hier drei Zinsanhebungen um jeweils 0,25 Prozent ein. Man sieht global, dass dieser Anpassungsprozess nun anläuft.
 
In der Konjunktur sind schon jetzt dämpfende Effekte spürbar. Wenn man sich das erste Quartal in Amerika ansieht, ist die US-Wirtschaft in dieser annualisierten Sichtweise von Januar bis März um 1,4 Prozent geschrumpft, nachdem sie im Vorquartal noch um 6,9 Prozent gewachsen war. Das ist schon eine massive Zäsur. Ein vertiefender Blick auf die Zahlen zeigt, dass die Nachfrage, die dahinter liegt, gar nicht so schlecht war. Hauptverantwortlich für den BIP-Rückgang waren vor allem die volatilen Komponenten wie Außenhandel und Lagerinvestitionen – beide zusammen haben das Wirtschaftswachstum um fast vier Prozentpunkte geschmälert. Dieser Rückgang wird nicht nachhaltig sein. Der private Konsum ist um solide 3,7 Prozent gewachsen und das macht mit Abstand den größten Beitrag aus. Trotzdem beunruhigen die negativen Informationen den Markt. Das hat man im April gesehen, der ein sehr schwacher Monat war.

Chinas Zero-Covid-Politik beeinträchtigt Güterverkehr

Dazu kommt, dass uns neben dem Ukraine-Krieg mit der Zero-Covid-Politik in China ein weiteres Thema beschäftigt. Dort gehen im Moment die Fallzahlen nach oben, wenn auch für europäische Verhältnisse in einem extrem niedrigen Ausmaß. Dennoch reagiert die chinesische Regierung sehr strikt. Ganze Stadtviertel werden isoliert und Menschen daran gehindert, ihre Wohnungen zu verlassen. Das sind massive Einschränkungen, die große Auswirkungen beispielsweise auf den globalen Güterverkehr haben. Shanghai (über 26 Millionen Einwohner) ist der größte Containerhafen weltweit. Wenn man derzeit Waren oder Güter aus China nach Amerika und Europa über den Schiffsweg transportieren will, dauert es aktuell im Schnitt 110 Tage, bis diese im Lagerhaus vor Ort eintreffen. 2019 waren es nur 50 Tage. Die gesamte Lieferzeit hat sich gut verdoppelt. Aktuell dauert es in Shanghai zwölf Tage, bis ein Container vom Schiff am Hafen auf den Lkw geladen wird – in der Vergangenheit waren es nur fünf Tage. Nun besteht die Gefahr, dass auch in Peking stärkere, restriktive Maßnahmen gesetzt werden. In diesem Fall handelt es sich auch um eine Stadt in einer Größenordnung von mehr als 21 Millionen Einwohnern. Das sind alles Auswirkungen, die sich nicht nur in höheren Lieferfristen, sondern auch in höheren Preisen niederschlagen. Dies verschärft die aktuelle Problematik in Europa, wo die Energiepreise extrem hoch sind. Das sind keine günstigen Vorzeichen für das weitere konjunkturelle Klima und die Wachstumsperspektiven.

Defensive Anlagepolitik

Was die Anlagepolitik im Mai betrifft, sind wir insofern defensiver eingestellt, als wir die stark wachstums-orientierten Elemente in unseren Portfolios reduziert und in passive, stilneutrale Investments umgeschichtet haben. Die Bewertungsmethoden schlagen bei den wachstumsorientierten Titeln viel stärker durch. Wenn man einen höheren Diskontierungszinssatz verwendet, weil das Zinsniveau höher ist, dann kommen die Bewertungen von den Tech-Unternehmen – man muss sich ansehen, was an der Nasdaq passiert – sehr schnell unter Druck. Wir haben uns dazu entschlossen, die Aktienquote insgesamt beizubehalten. Der Markt hat im April schon einiges eingepreist und ist nach unten gegangen. Wir wollen nicht in tiefe Kurse hineinverkaufen und das Ruder zu stark herumreißen. Vielmehr warten wir noch zu und sehen uns an, ob wir vom Timing etwas optimieren und unsere Positionen günstiger anpassen können.
Christian Nemeth ist Chief Investment Officer und Vorstandsmitglied der Zürcher Kantonalbank Österreich AG. Vor seinem Engagement bei der Zürcher Kantonalbank Österreich AG war Christian Nemeth unter anderem als Chief Investment Officer bei der Deutsche Bank Österreich und der Bank Sal. Oppenheim (Österreich) tätig. Weitere Stationen der Karriere des studierten Betriebswirts waren die Creditanstalt, Capital Invest und Oppenheim Asset Management.
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